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Wir hatten uns wirklich viel unterhalten. Ich hätte nie gedacht, dass Gefühle so kompliziert sein können. Und ich hätte auch nie gedacht, dass wir so offen und ehrlich mit einander reden konnten. Es gab nichts, was er mir nicht beantwortet hatte.

Als wir endlich bei ihm waren, sah ich eine schöne gepflegte Gegend. Bäume und viele hübsche Häuser. Ein schönes Städtchen. Es war auch sehr ruhig.

"So! Willkommen bei mir daheim. Darf ich dir helfen Madam." Er hielt mir die Tür auf, nachdem er schnell ums Auto lief. Er nahm mich an die Hand und führte mich zur Haustür, die er auch so gleich aufsperrte.

"Claire? Bist du da?" Er rief wohl seine Schwester. Ich traute mich erst nicht rein. Aber wieder nahm er mich an die Hand und zog mich ins Haus.

"Keine Sorge Kleines, kannst ruhig rein kommen." Ich blieb dann im Flur wie angewurzelt stehen.

Dann hörte ich ein stumpfes Geräusch.

"Sis?" Er ging dem Geräusch nach und dann hörte ich Stimmen. Ich stand bestimmt fünf Minuten alleine im Gang und rührte mich kein Stück. Nur mein Blick schweifte durch das Haus.

"Hey kleine Prinzessin. Komm her."

Ich wollte gerade ein paar Schritte, auf ihn zu machen, da hörte ich aber dann eine neue Stimme.

"Prinzessin? Ist ja süß." Seine Schwester kam um die Ecke. Eine große Frau. Sehr schmal und gut gekleidet. Sie hatte schönes langes Haar. Rot Gefärbtes. Und extrem braune Rehaugen.

"Sie ist schüchtern, nicht wahr. Hol sie her. Sei ein Gentleman." Er kam dann zu mir, nahm abermals meine Hand und führte mich mit einem Lächeln zu ihr.

"Tut mir leid Kleine. Ich kann nicht gut sehen. Kannst du noch ein Stück näher kommen?" Ich sah, wie sie die Augen zusammenkniff, um was zu erkennen. Ich schaute Cody an, da ich seine Erlaubnis wollte.

"Ja, geh ruhig." stimmte er zu.

"Sie ist leider extrem kurzsichtig. Die Ärzte können aber kaum was machen. Im Alter wird es vielleicht sogar noch schlimmer." Fügte er hinzu, um mir eine Erklärung zu geben.

"Aber, sie ist alleine." Flüsterte ich.

"Hören kann ich noch gut kleines." Lachte sie. Was mir dann unangenehm war.

"Ach. Guck nicht so. Ich bin da ganz locker. Ja. Ich bin alleine, wenn er wieder nach New York muss, aber ich bin das gewohnt."

"Ich sagte dir. Mit vierzig kann ich aufhören. Ich kann mich aber auch versetzen lassen."

"Nur, wenn es nötig ist. Vielleicht ist es das ja bald." Zwinkerte sie mir zu. Cody musste grinsen. Er verstand wohl, was sie meinte.

"Nein. Na ja, für sie würde ich es auch machen. Aber nur weil sie eine besondere und wichtige Freundin ist."

"Nur Freundin? Bist du sicher?"

"Ja! Jetzt hör auf." Ihm war es wohl etwas unangenehm.

"Wie heißt du? Bist du vielleicht sogar die kleine Sophie?" Ich nickte. Sie schaute dann ungläubig Cody an.

"Ja ja ..."

"Claire bitte!" Irgendwie verstand ich nicht, was los war. Was hat er erzählt, dass sie so reagierte?

"Wir wollen meine Sachen holen. Ist doch ok, wenn ich dich ein Tag früher alleine lasse." Ich fühlte mich schlecht, als er das fragte. Jetzt wo ich sehe, dass er hier besser aufgehoben wäre.

"Natürlich ist das ok. Bleib bei deiner kleinen." Sagte sie breit strahlend. Er flitzte dann hoch und ich hörte Türen von Schränken.

"Ich hoffe, er wird dich nicht zu sehr ärgern. Er kann manchmal recht aufdringlich sein."

"Ich mag das." Gab ich kleinlaut zu.

"Ach wie süß du bist. Dann hoffe ich, dass ihr viel Spaß habt. Grüßt Mason von mir. Ich hoffe, ihn geht es gut. Habe ihn lange nicht mehr gesehen."

"Ihm geht es gut Sis. Er ist der Freund von diesem jungen Fräulein hier." Das schien sie zu verwundern.

"Ach. Echt? Aber ..."

"Wir gehen wieder. Ich versuch, alle zwei Wochen mal vorbei zu schauen. Wenn was ist, ruf mich an." Er unterbrach sie, ziemlich energisch.

"Ich weiß. Pass auf dich auf. Und Cody. Versuch es zumindest. Es muss doch Mal klappen." Er schien dann genervt. Ich überlegte nicht mehr. Da ich es eh nicht verstand.

"So war ein kurzer Besuch. Aber ich möchte die Zeit mit dir nicht verschwenden." Lächelte er. Aber dieses Lächeln war gespielt. Er sah meinen fragenden Blick und wollte wohl ablenken.

"Frag ja nicht, was sie meinte! Das ist unwichtig." Gab er dann auch Preis.

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Die Autofahrt zurück war er ziemlich ruhig. Ich fragte mich warum? Ich wusste ja nicht ob ihn, was verärgert hatte, dann wollte ich ihn nicht unnötig reizen.

"Sie ist nett. Kommt sie echt alleine klar? Und wärst du nicht lieber bei ihr geblieben?"

"Nein. Auch wenn du es nicht glauben magst, aber unser Verhältnis ist nicht so gut, wie es den Anschein hat. Ich kümmere mich so gut um sie wie möglich, dass wars. Sie ist meine Schwester und ich will ihr nur Gutes. Aber so eng wie als Kinder ist unser Verhältnis schon lange nicht mehr."

"Aber du wohnst doch hier auch wegen ihr. Es hörte sich an, als ob du gern bei ihr bist. Du sagtest ja, du bist hier wegen deiner Schwester, dem Clan und jetzt ... jetzt auch wegen mir."

"Ja, das sagte ich." Mehr kam nicht. Das Thema schien ihm nicht zu gefallen, deswegen hörte ich auf zu fragen.

"Tut mir leid Süße. Ich bin nur hier, in dem Haus, weil ich sie nicht sich selbst überlassen will. Und weil ich sonst nicht wüsste wohin im Urlaub. Würde sie gut sehen können, wäre ich bestimmt nicht so oft da, sondern nur zum Urlaub, damit ich kein Hotel zahlen muss." Ich antwortete darauf nicht mehr. Ich wusste eh nichts mehr zu sagen. Mir ging dann nur durch den Kopf, dann ist er ja ganz alleine. Und mehr als Mason hat er nicht. Dann sind sich Mason und Cody verdammt ähnlich. Ich wollte ja noch fragen, was mit Codys Eltern ist, aber das habe ich gelassen.

"Sei nicht so bedrückt. Wenn was ist, sag ruhig. Ich bin auch nicht böse, wenn du neugierig bist. Auch wenn ich manche Themen ungern anschneide, aber ich beantworte dir gern alles. So lernst du mich auch etwas kennen."

"Ich habe nur noch daran gedacht, ob du noch deine Eltern hast, oder ..."

"Nein. Beziehungsweise meine Mutter kannte ich nicht. Mein Vater lebt im Ausland. Die Geschichte erzähl ich dir aber gern ein anderes Mal."

"Nur wenn du willst." Dabei legte ich meine Hand auf seine, die auf der Schaltung lag. Er nahm diese und legte sie auf seinen Schoß. Er lächelte.

"Ja, irgendwann erzähle ich dir alles." Und ich konnte warten. Denn wir hatten noch viel Zeit.

Different Faces Where stories live. Discover now