10.

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Zu Hause schmiss ich alles auf die Couch. Ich hatte mir doch dazu entschlossen noch was vom Bäcker zu holen, nachdem sie weg waren.

Immer noch völlig perplex von dieser Situation schmiss ich die Xbox an. Ich ließ mich auf die Couch fallen und starrte Löcher in die Decke. Kaum in der Lage, auch nur noch ein Finger zu rühren. Aber mein Handy vibrierte nach circa zehn Minuten, die ich da saß.

Coby hat mir geschrieben. Er hat mich eingeladen. Hab es wohl nicht mit bekommen. Dabei ist der Benachrichtigungston echt penetrant.

Nicht mal eine Minute nachdem ich die Nachricht sah, kam noch eine Einladung.

Ich komm ja! Dachte ich und betätigte die den Controller, um die Anfrage anzunehmen.

"Normal hat die Frau gleich zu spuren, wenn der Mann ruft!" Das er sich das Lachen bei den Sätzen verkneifen musste, war nicht zu überhören. Aber wenn er wüsste.

"Vielleicht braucht das Fräulein noch etwas Erziehung? Mir hat keiner beigebracht, wie man sich gegenüber eines Mannes verhält."

Ich sagte dies so verführerisch, dass ihm der Atem stockte. Er verstand genau, worauf ich hinaus wollte.

"Ein paar Schläge auf den Po hat noch keiner geschadet. Aber leider kann ich dir ... deinen Wunsch, nach Erziehung so nicht gewähren." Er sprach es sehr zögerlich aus aber betonte es in einer neckischen Art.

"Sag mal ..." Eine Pause folgte. Sie kam mir sehr lang vor.

"Sub?"

"Richtig. Du kennst dich aus?"

"Ja. Und ... wenn ich ehrlich sein darf. Es gibt einige in unsern Clan, die in dieser Szene sind. Vier davon als dominante Persönlichkeiten. Daddy, Savior, auch wenn man es bei ihm nicht glauben mag und auch Dope."

"Und Nummer vier bist du?" Sprudelte es aus Neugier aus mir raus.

"Hättest du das denn gern?" Ich merkte förmlich, wie er grinste.

"Was, wen ja?"

Erst erklang nur ein schweres Atmen durchs Mikrofon. Dann gab er ein kurzes Gelächter von sich.

"Ich weiß nicht, ob ich der Richtige für dich wäre. Wir vier sind extrem unterschiedlich in der Dominanz. Willst du nicht erst mal schauen, wer dir noch gefallen würde? Suchst du denn?"

"Na ja ... Nein. Ich suche nicht. Wenn suche ich die Liebe. Vertrauen. Geborgenheit. Etwas, was für immer ist. Nicht nur einen Spielpartner."

"Hört sich schön an. Und so sollte es auch sein. Ich mag diese sogenannten Spielbeziehungen auch nicht. Für jeden gibt es das passende Gegenstück. Alles andere ist nur eine Ausrede, um alles zu vögeln, was bei drei nicht auf den Bäumen ist."

Er hatte den gleichen Gedankengang wie ich. Eine Beziehung in der Szene ist ja schon besonders. Anders. Besser! Aber, wenn man sein Seelenpartner findet, ist es unbezahlbar und mich nichts auf dieser Welt zu vergleichen. Und durch diese Sätze wurde er immer interessanter. Er musste sich jetzt Platz eins mit Mason teilen. Daddy rutschte durch seine penetrante Art auf Platz zwei und von Dope brauche ich gar nicht erst anfangen. Den würde ich nicht Mal in hundert Jahren in Erwägung ziehen.

Sag mal, wo kommst du eigentlich her? Du hast einen leichten Akzent. Du bist keine reine Amerikanerin, oder?"

Er hatte ein gutes Ohr. Tatsächlich bin ich hier nicht geboren, sondern in Europa. Die Ukraine genau genommen. Meine Mutter ist gebürtige Ukrainerin und mein Vater ist Amerikaner.

"Du wirst nie erraten, was noch für Blut in mir fließt."

"Nach dem Akzent, ehr aus Übersee. Europa?" Er war gut.

"Frag mich aber nicht wo da. Es gibt so viele Akzente in Europa."

"z krayu naykrasyvishykh zhinok" antwortete ich ihn, mit meinem gebrochenen Ukrainisch. Ich spreche die Sprache so gut wie nie, bin aber mit ihr aufgewachsen.

"Russisch? Oder Ukrainisch? Polnisch könnte man auch sagen. Die Länder in der Region klingen ziemlich gleich." Ich musste dann lachen. Da ich gar nicht seiner Meinung war, es aber süß fand, wie er reagierte.

"Da war die richtige Antwort bei. Nomer dva." Er schien noch mal zu überlegen. Es kam aber keine weitere Antwort.

"Ukraine. Meine Mutter kommt daher. Dad ist reiner Amerikaner. So weit ich weiß, stammt seine Familie sogar von den Urahnen dieses Landes ab."

"Ein Rothaupt? Wisst ihr auch welcher Stamm? Ich finde die Indianer sehr interessant." Noch ein Pluspunkt. Da ich die Ureinwohner von Amerika auch extrem interessant finde. Ich wollte auch schon lange mehr drüber erfahren. Es soll noch ein paar Völker geben. Und viele Nachfahren, die nach den alten Bräuchen leben. Leider sind sie sehr rar gesät.

"Nein. Das wissen wir nicht. Ich kannte meinen Opa, väterlicherseits nicht gut. Er verstarb schon früh. Als ich noch ganz klein war. Ich erinnere mich aber, dass er wunderschönes Haar hatte. Und immer einen stolzen Blick. Nachforschen will ich aber auch nicht, da ich mit meinen Eltern nichts zu tun haben möchte." Meine Stimme klang immer betrübter. Und dies schien ihn nicht zu entgehen.

"Das musst du auch nicht. Genau so wenig musst du mit mir darüber reden." Er war sehr verständnisvoll und echt lieb. In dem Augenblick hätte ich ihn drücken können.

"Nein ..." Fing ich an.

"Ist ok. Irgendwie stört mich das nicht, wenn du das weißt. Wenn ich mit dir über so was rede." Und das tat es tatsächlich nicht. Es fühlte sich sehr vertraut an. Er gab mir ein gutes Gefühl.

"Ich habe eigentlich nie mit jemanden über so was geredet. Noch nicht mal mit Travis." Es war eigentlich nur ein Gedanke, den ich aber laut aussprach.

"Wer ist Travis?"

"Mein Chef und guter Freund. Mein einziger."

"Einziger Chef, stimmt. Aber Freund nein. Wenn ... auch wenn wir und nicht lange kennen, bin ich gern für dich da kleines."

Er schaffte es fast, dass sich Tränen in meinen Augen sammelten. Ich wischte über diese und musste kurz kichern.

"Ach, hör auf so lieb zu sein! Das ist ja beängstigend."

"Nein. Ich weiß wie man mit Damen umzugehen hat. Und vor allem, mit so Besonderen wie dir."

"Schleimer!" Als ich dann lachen musste, stieg er mit ein und tat dies auch.

"Das nennt man charmant!" Erwiderte er lachend. Ja, das ist er. Kaum vorstellbar, dass er dominant sein soll. Wenn ist er ein Daddy-Dom. Aber Daddy ist eher ein etwas Arroganter Gentledom. Ich bezweifle, dass er mit mir klar kommen würde.

Different Faces Where stories live. Discover now