35. Kapitel

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Es war wohl einer der letzten Tage dieses Jahres, an dem die Sonne die Temperaturen bis 25°C hoch trieb.

Kate trug nur eine dünne Sommerjacke, als sie Henry über den kleinen Hügel schob, auf dem sie zu ihrem Geburtstag gepicknickt hatten.

Die in den letzten Wochen ungewohnte Wärme weckte eine Sehnsucht nach dem Frühling in ihr.

Es war ihre Lieblingsjahreszeit, weil es den Beginn von etwas Neuem auf eine ganz besondere Art und Weise verdeutlichte. So tat es auch dieser Tag.

„Wir haben zwei Wochen Ferien im Sommer. Worauf hast du Lust?", schnitt Henry ein neues Thema an.

Kate überlegte. „Ich würde gerne mal nach Asien fliegen."

„Asien?" Überrasch blickte er sie an.

Kate nickte und ließ ihren Blick über die Bäume mit den leuchtend gelben und roten Blättern schweifen, die ihren Weg säumten. „Ja. Am liebsten Indien."

„Wieso das?"

„Es ist so ganz anders da. Stell dir mal vor, alleine die Bäume sehen bestimmt anders aus, die Blumen, die Städte, die Menschen."

„Und asiatisches Essen ist auch lecker", ergänzte Henry.

Kate lachte. „Das wäre für mich eher ein Minuspunkt."

„Wie kannst du nur?"

„Oh, entschuldige", neckte Kate ihn zurück.

„Es wird wirklich Zeit, dass wir mal wieder essen gehen. Asiatisch", bestimmte Henry.

Sie lachte. „Na gut, meinetwegen."

Es wäre zwar nicht ihre erste Wahl gewesen, aber Henry und sie waren schon länger nicht mehr ausgegangen und dass er sie jetzt von sich aus einlud war für sie ein klares Zeichen, dass es wieder bergauf mit ihm ging.

Henry übernahm die Kontrolle über seinen Rollstuhl, den sie geschoben hatte, hielt an und wandte sich zu ihr um. „Mrs O'Ryan, erweisen Sie mir die Ehre, morgen Abend mit mir essen zu gehen?"

Auf Kates Gesicht breitete sich ein Lächeln aus.

„Ich würde ja niederknien, aber das geht schlecht." Henry grinste schief und klopfte auf die Armlehne seines Rollstuhls. „Aber es ist ja kein Antrag, also hoffe ich, dass du mir vergeben kannst."

Sie musste lachen. „Ja und ja!"

„Warte, wozu jetzt?" Irritiert runzelte er die Stirn.

„Ja, ich verzeihe dir. Und ja, ich will morgen Abend mit dir essen gehen!" Sie gab ihm einen sanften Kuss auf den Mund.

Henry legte den Kopf schief. „Das war aber ein bisschen kurz, meinst du nicht?"

Sie lachte. „Nicht so frech, Mr. O'Ryan."

„Zu meiner Frau darf ich das sein." Er lächelte sie unschuldig an. „Daran müsste sie sich langsam gewöhnen."

„Sie wird sich bestimmt Mühe geben, das so schnell wie möglich zu tun."

„Das wäre allerdings von Vorteil für ein geordnetes Zusammenleben."

„Du klingst wie aus dem Mittelalter!", lachte sie.

Ein Grinsen zog über sein Gesicht. „Es ist mir ein inneres Blumenpflücken, mit Euch diesen entzückenden Pfad entlang zu wandeln, Mylady."

„Wundervoll!" Grinsend schüttelte sie den Kopf.

Sie genoss die Zeit mit ihm, wenn er wieder so war wie früher. Mittlerweile war sie zuversichtlich, dass er wieder ganz der alte Henry werden könnte, selbst wenn er womöglich sein ganzes Leben lang im Rollstuhl sitzen müsste.

Whatever It TakesWhere stories live. Discover now