26. Kapitel

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Es brach Kates Herz, Henry so hilflos zu sehen. Aber vor allem schmerzte sie, dass er seine Hilflosigkeit als Schwäche zu sehen schien, die er niemandem zeigen wollte.

Sie beobachtete ihn, wie er mit den Gästen redete, die sie für seine kleine Willkommensfeier eingeladen hatte.

Gerade unterhielt er sich mit Amber und Daniel und lachte über etwas, das die Studentin gesagt hatte. Ein Lachen von ihm war in den letzten zwei Wochen selten geworden.

Kate wusste, dass Henry sich große Sorgen um seine Eltern, aber auch um seinen Bruder machte, von dem er seit der Nacht des Unfalls nichts mehr gehört hatte.

Kate hatte sich in den letzten fünfzehn Tagen oft gefragt, ob der Unfall der O'Ryans mit Marks Arbeit und dem Gefallen, um den er Henry gebeten hatte, zu tun hatte.

Wenn ja, dann würde ihr Schwager bei ihrem nächsten Treffen einiges von ihnen zu hören bekommen.

Sie hatte Mark nie für so verantwortungslos gehalten, dass er Unbeteiligte mit seinen Einsätzen in Gefahr brachte, aber anscheinend hatte sie sich in diesem Punkt in ihm geirrt.

Kate spürte Cookies Schnauze an ihrem Bein und beugte sich zu ihm nach unten, um sein Fell zu kraulen.

Sie war erschöpft von ihrer Schicht und würde am liebsten sofort ins Bett gehen, aber sie konnte Henry unmöglich mit all den Gästen alleine lassen.

Er brauchte ihre Unterstützung und das Wissen, dass sie für ihn da war.

Kate griff nach einer Schüssel, die die Gäste –Kollegen, Familie und Nachbarn von ihnen, da sich ihr Freundeskreis auf diese beschränkte – und ging in die Küche, um sie erneut mit kleinen Knabbereien aufzufüllen.

Als es an der Tür klingelte, lag Kate im ersten Moment ein „Schatz, gehst du?", auf der Zunge, aber im letzten Moment hielt sie inne.

Henry wollte bestimmt nicht im Rollstuhl die Tür für jemanden öffnen, ganz zu schweigen davon, dass er damit noch immer nicht richtig umgehen konnte und Schwierigkeiten hatte, um Kurven zu fahren und Kate so um einiges schneller wäre – auch wenn sie gerade mit dem Essen beschäftigt war.

Seufzend legte sie das Messer zur Seite, mit dem sie begonnen hatte, noch zusätzlich einige Äpfel aufzuschneiden, trocknete ihre Hände an einem Handtuch ab, ging in den Flur und öffnete die Tür.

Überrascht, Henrys jüngste Schwester zu sehen, hielt Kate die Tür weit auf und bedeutete ihr einzutreten.

„Kendra." Sie lächelte ihre Schwägerin an, freute sie sich doch jedes Mal, die temperamentvolle, fröhliche junge Frau zu sehen, auch wenn sie heute nicht mit ihr gerechnet hatte. Hatte sie nicht eigentlich Dienst?

„Hi, Kate." Kendra umarmte sie kurz und lief dann, ohne sich auszuziehen, den Flur entlang und spähte ins Wohnzimmer „Ist Henry da?"

„Willst du nicht reinkommen?"

Kendra schüttelte den Kopf. „Ich muss gleich wieder weg."

„Musst du nochmal ins Krankenhaus?" Kate runzelte die Stirn. Nico, Kendras Ausbilder, war doch auch hier.

„Nein, ich habe mir drei Tage frei genommen. Das wird mich zwar im Stoff ziemlich weit zurückwerfen, aber was soll's." Kendra zuckte die Achseln und begann freudig zu winken, als Henry sie endlich entdeckte

Kate bemerkte, dass er mit seinem Rollstuhl zu kämpfen hatte, bevor er endlich in ihre Richtung lenkte. Kendra fiel ihrem Bruder sofort um den Hals.

Kate wartete die Begrüßung der beiden Geschwister ab, bis sie die Frage stellte, die ihr auf der Zunge brannte. „Wohin gehst du, Kenny?"

Henrys Blick verdunkelte sich kaum merklich. „Du bleibst nicht?"

Whatever It TakesWhere stories live. Discover now