79. Kapitel

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Daniel wusste nicht, wieso er plötzlich aufwachte. Es war vollkommen ruhig im Haus und auch von außen drang kein Geräusch herein. Trotzdem setzte er sich auf und warf einen Blick auf Henrys Bett.

Und sah, dass es leer war.

„Oh Mann", stöhnte er, rappelte sich mühsam auf und ging zunächst in den Flur.

Im Bad brannte Licht, also ging er dorthin – und tatsächlich: Mitten im Bad stand Henry, den Blick starr auf seine Hand geheftet... in der mehrere Codein-Tabletten lagen und die langsam, wie in Zeitlupe, in Richtung seines Mundes wanderte.

„Henry!"

Henry hob den Kopf und sah ihn seltsam leer an, als würde er ihn erst nicht erkennen. Doch mit dem Erkennen trat auch Erleichterung in seine Augen.

Keine Wut?

„Daniel! Gut dass du da bist. Ich..." Er deutete beinahe hilflos auf die Tabletten in seiner Hand.

Wo bitte hatte er die gefunden?

„Henry, gib das her!" Daniel blickte seinem Freund fest in die Augen. „Sofort!"

Erstaunlicherweise wirkte Henry selbst erleichtert, als er ihm die Tabletten reichte. Er rieb sich die Handfläche an seiner Hose ab.

Verständlich, denn die Tabletten waren warm und leicht feucht, vermutlich von Henrys Handflächen.

„Die Packung auch", mahnte Daniel und tatsächlich gab sein Freund sie ihm, ohne zu widersprechen. „Geh in die Küche, da müsste noch etwas von dem Zitronenwasser sein. Ich entsorge das hier und dann sollten wir reden."

„Ich hab mir was Neues gemacht, den Rest hatte ich vorhin schon getrunken. Ich hab die letzte Zitrone verwendet." Henry blickte nicht auf, als Daniel sich zu ihm an den Küchentisch setzte.

„Ich geh morgen sowieso einkaufen, dann kann ich welche vom Markt mitbringen."

„Sehr gut, danke."

Eine Weile saßen sie schweigend da. Henry war die Situation spürbar unangenehm, also brach Daniel schließlich die Stille. „Hast du was genommen?"

Dass er von dem Codein sprach, brauchte er nicht zu erwähnen, das würde Henry auch so wissen.

Sein Freund schüttelte den Kopf. „Nein. Aber wärst du nicht gekommen..." Er stockte kurz. „Ich wollte das nicht, aber der Drang war so stark, ich hätte nicht..." Er brach ab und verbarg das Gesicht in den Händen.

„Ist okay. Ich hätte alles entsorgen müssen", nahm Daniel die Schuld auf sich. Zumindest zum Teil. Es war ihm ein Rätsel, wie er die Codein-Packung hatte übersehen können, aber das war jetzt auch nicht mehr wichtig.

Wieder schwiegen sie eine Weile, bis Henry wieder das Wort ergriff. „Ich will wirklich davon loskommen, weißt du, Daniel? Ich will mein Leben zurück. Ich will Kate zurück."

Daniel erwiderte Henrys ernsten Blick mit einem flüchtigen Lächeln. „Das wird echt nicht einfach, Mann. Du hast sie sehr verletzt."

„Ich weiß." Henry zögerte. „Ich hoffe einfach, dass sie mir vergeben kann, wenn sie erfährt, warum ich manches getan habe. Auch wenn einiges... wie die Sucht oder... anderes... nicht zu entschuldigen ist, das weiß ich."

„Wie beispielsweise die Sache mit Amber?" Daniels Stimme klang schärfer, als er beabsichtigt hatte.

Henrys Augen flackerten. „Woher weißt du davon?"

„Amber hat mit Lynn geredet, weil sie nicht wusste, zu wem sie sonst gehen sollte."

„Weiß Kate auch davon?"

Whatever It TakesWhere stories live. Discover now