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TEIL 1

Jamie-Cormac MacKinley

Dr Harvey sah von der Akte zu mir. "Ist alles so wie immer? Kann ich gehen?", fragte ich und wollte schon aufstehen, doch er hielt mich zurück.

"Wir sollten deine Eltern anrufen, Jamie. Es hat sich etwas verändert." "W-was denn verändert?", fragte ich vorsichtig. "Sei bitte ehrlich zu mir..., was sind deine Freizeitaktivitäten?"

"Singen..., in der Auffangstation arbeiten... wieso? Was ist los?" "Deine Lungen weisen Veränderungen auf."

Vor diesem Moment hatte ich jahrelang Angst. Und nun war er da.

"Was für Veränderungen?", fragte ich leise. "Das müssen wir genauer untersuchen, doch dazu brauche ich die Einverständniserklärung deiner Eltern, schließlich bist du minderjährig. Auf jeden Fall hat sich die Struktur verändert." Leicht nickte ich, wusste nicht, was ich sagen sollte.

***

Eine Stunde später war meine Mutter gekommen. Sie war aufgebracht, nervös und voller Sorge.

"Mir geht es gut", seufzte ich, als sie sich neben mich auf die Liege gesetzt hatte. "Du singst zu viel. Das wird es sein!" Genervt verdrehte ich meine Augen. "So viel singe ich im Moment nicht."

"Aber viel machst du ja nicht. Reiten tust du nicht so oft, Sex mit Sophia hast du auch nur alle 12 Wochen-" "MUM!", rief ich empört. "Jetzt geh! Das ist ja peinlich!"

Dr Harvey lachte. "Nichts verlässt hier den Raum, das weißt du." "Trotzdem. Sie hat unterschrieben und das war's. Können wir anfangen? Ich will nicht den ganzen Tag hier verbringen." Mein Arzt nickte und so begannen die ersten Untersuchungen...

"Alle 12 Wochen Sex also?", fragte er, als wir fertig waren. "Ziemlich ungewöhnlich für Teenager." Ich verdrehte meine Augen. "Es geht ja nicht nur um Sex." "Hast du Probleme?", fragte Dr Harvey und setzte sich auf den Stuhl vor mir. "Was für Probleme?"

"Vereinfacht: hast du Probleme einen hoch zu bekommen? Wir haben hier gute Fachärzte. Das muss dir nicht peinlich sein." "Wie kommen Sie darauf?", fragte ich verwirrt. Ich hatte zwar Probleme, bei Sophia einen hoch zu bekommen, aber das lag einfach an ihrem Geschlecht.

"Sei ruhig ehrlich, Jamie. Ich habe Schweigepflicht. Nicht mal deine Eltern werden es erfahren." Seufzend sah ich ihn an. "Versprochen?" "Versprochen."

"Ich bin schwul." Zum ersten Mal hatte ich diesen Satz ausgesprochen. Und es fühlte sich toll an. Dr Harvey blinzelte ein paar mal. "Ach soooo! Ja, dann verstehe ich dein Problem mit dem Sex."

Seufzend sah ich meinen Arzt an. "Es ist so schrecklich aber Sophia kann ich es irgendwie nicht sagen... ich kann es niemandem sagen. Es fühlt sich so falsch an." Dr Harvey nickte. "Du Erinnerst mich an meinen Sohn."

Verwirrt sah ich ihn an. "Wie meinen Sie das?" "Er ist Schwul. Sowas von Schwul. Mittlerweile ist er 26 und verlobt. Ich habe erst vor zwei Jahren erfahren, dass er Schwul ist. Und das nur durch Zufall. Einen Freund hat er, seit er 20 ist. Kaum zu fassen, oder?"

Mit großen Augen sah ich meinen Arzt an. "Wie sind Sie damit umgegangen?" "Am Anfang war es ein Schock für mich. Nicht, dass er Schwul ist, sondern die Tatsache, dass er mir es all die Jahre verheimlicht hatte. Luke, mein Sohn, hatte mir vorgespielt, mit seiner besten Freundin zusammen zu sein. Sie ist lesbisch. Glaub mir, Jamie. Du solltest reinen Tisch machen. Auch wenn es dir schwer fällt."

Bedrückt schüttelte ich meinen Kopf. "Das kann ich nicht." "Ich gebe dir mal die Adresse von meinem Sohn und sage ihm Bescheid. Vielleicht kann er dir helfen. Und du kannst ihm Fragen stellen."

Dr Harvey schrieb auf einen Zettel, welchen er mir gab. "Er hat heute frei."

Ohne ein weiteres Wort verließ ich das Zimmer. "Alles okay?", fragte sie mich. "Ja klar. Du kannst wieder zur Arbeit. Ich muss noch wohin. Kannst du mich heute Nachmittag abholen?", fragte ich. "Hm klar. Wo denn?" "Das schreib ich dir später."

Draußen verabschiedete ich mich von meiner Mutter und gab in mein Handy die Adresse ein, lief laut Google Maps auch nur 18 Minuten.

Vor dem Haus blieb ich unschlüssig stehen, sah auf die Klingel.

Harvey & Díaz

Ich atmete tief ein und aus, drückte dann auf die Klingel und wartete. Vielleicht sollte ich lieber abhauen...

Schluckend trat ich einen Schritt rückwärts. "Willst du zu uns?" Kreischend drehte ich mich um und fasste mir an mein Herz.

Belustigt sah mich ein Mann an. Er trug einen Anzug in grau. Dann öffnete sich die Tür hinter mir. "Ähm..." "Ja Dad, hier ist gerade ein Junge. Genau wie du beschrieben hast." Der Mann, mit Make Up und engen Klamotten, sah mich an.

Das hatte Dr Harvey mit sowas von schwul gemeint.

"Komm rein, Kleiner." Unschlüssig sah ich den Kerl an. "Wir beißen nicht. Zumindest keine anderen." Ich musterte Luke Harvey:

Blonde Haare mit pinken Spitzen, hochgegelt. Ein strahlendes Lächeln, eine enge weiße Hose, dazu ein graues Shirt. Nicht zu verachten waren die rosa Lipglos Lippen, der Rosane Lidschatten und der Kajal.

"Bring ihn mit rein, Schatz." Der Mann hinter mir schubste mich leicht nach vorne. "Ich bin Nathan", meinte er mit einer tiefen Stimme.

Zögernd lief ich in das Innere des Hauses.  Dort hingen viele Bilder von den beiden und anderen.

"Ich zieh mir was anderes an." Nathan verschwand hinter irgendeiner Tür. "Jamie, richtig?" Leicht nickte ich und sah zu Luke Harvey.

Irgendwie hatte ich Angst vor dem, was jetzt kommen würde.

"Setz' dich doch. Möchtest du etwas trinken?" "Wasser. Danke", murmelte ich. Luke Harvey nickte und verschwand mit wackelndem Hintern in der Küche- und ich konnte nicht anders, als zu starren.

"Starrst du noch mal so lange meinen Partner auf den Arsch, garantiere ich für einen Knochenbruch."

Ich schluckte und sah zu Boden. Es war eindeutig eine schlechte Idee hier her zu kommen.

"Nathan Díaz, noch einmal so unfreundlich und du kannst was erleben! Der Junge hat sowieso schon Angst!"

Luke setzte sich neben mich und reichte mir das Glas, welches ich mit schwitzigen Händen annahm. "Tut mir leid. Aber bei Fremden muss er immer sein Revier markieren." Luke hörte sich genervt an.

Als mein Handy plötzlich laut klingelte, zuckte ich heftig zusammen. "Man hast du Angst." Nathan klang belustigt. "Vor dir hat jeder am Anfang Angst. Du solltest mal überlegen wieso, Nathan!"

Ich sah auf mein Display. Es war niemand anderes als Sophia. Zögernd nahm ich ab und hielt es mir ans Ohr.

"Hey Schatz! Was hat der Arzt gesagt? Bei dir ist doch alles wie immer, oder?", plapperte sie drauf los. Ich räusperte mich und musste an das Gespräch zurück denken.

Ich räusperte mich. "Hey.., Dr Harvey meint, die Struktur meiner Lunge hat sich verändert... Die Ergebnisse kommen in zwei Tagen aber Er meint, es sieht nicht so gut aus", gab ich dann von mir.

"Und ehrlich gesagt, möchte ich gerade darüber nicht reden." Die aufkommenden Tränen blinzelte ich weg. "Das... verstehe ich. Ich ruf dich nachher noch mal an. Erhol dich erst mal", sagte Sophia und klang besorgt.

heavy past | boyxman ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt