10.

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Es wird gleich so tragisch.


"Ich habe solchen Hunger!", sprach Zayn den Gedanken, der uns allen im Kopf herumschwirrte, aus.

Wir saßen nun schon 5 Tage hier fest, denn der Salat und die Radieschen wuchsen und gediehen nicht nach unseren Vorstellungen. Ich konnte noch nicht einmal nachsehen, um wie viel sie schon größer geworden sind, denn die Salatblätter konnte ich nicht von dem Gras der Wiese unterscheiden.

"Warum schlachten wir dann nicht endlich diese beschissene Henne?" Pattons, der am Lagerfeuer saß, und ehrlich gesagt derjenige war, der am meisten Fettreserven, an denen er zehren konnte, hatte, raufte sich das Haar und schlug auf seine Knie, während er starren Blickes in das Lagerfeuer schrie.

"Diese Henne... ist definitiv nicht beschissen!", verteidigte Liam Helga und erneut sammelten sich Tränen der Wut in seinen Augen.

Allgemein fiel mir in der Zeit, die ich mit den V-Rittern bisher verbracht hatte, auf, dass alle hier sehr nahe am Wasser gebaut waren. Ein falsches Wort und alle Dämme brachen sowohl bei Liam, als auch bei Harry und allen voran Pattons.

Walt, der in Amerika als Fischhändler hauptberuflich tätig war, hatte dort sein Einkommen noch nebenher mit  Fuß-Reflexzonen-Massage veredelt und musste Pattons jeden Abend behandeln, da er anders nicht einschlafen konnte.

Wir alle genossen diese Zeit ohne Walt, den ich oft nach seiner eingedeutschten Version seines Namens, also 'Walter', rief. Er war ein Mensch der besonderen Sorte. Manchmal hörte ich ihn nachts laut stöhnen und wenn ich in sein Zelt sah, schien es, als würde er sich wie verrückt an seinem Gemächt kratzen. Am nächsten Tag sprach ich ihn darauf an, aber er sagte, er hätte keinen Hautausschlag. Selbstverständlich war ich zu fürsorglich, um ihm seine Lüge durchgehen zu lassen, also informierte ich Liam über Walters Leiden, der mich nur auslachte.

"Diese Henne ist das einzige, was wir hier essen können! Seit fünf Tagen sind unsere Mägen leer und du blöde Gurke willst diese Henne als Haustier? Du bist genauso beschissen wie diese beschissene Henne, die du da auf dem Arm hältst! Du... du Beschissener!", Pattons war in Rage und schrie Liam an, dem nun die pure Trauer ins Gesicht geschrieben war. Und es war verständlich , denn immerhin wurde er soeben als blöde Gurke bezeichnet.

"Die Helga hat ein Recht, zu Leben! Sehen Sie doch her, sie ist voller Tatendrang, die Lebensfreude quillt beinahe aus ihr heraus!", mit diesen Worten hob er Helga in die Höhe und warf sie in die Luft.

Helga jedoch fing panisch an zu gackern, denn sie sah das Böse scheinbar früher als Liam! Kaum war Helga am Boden gelandet, stürmte ein Fuchs an uns vorbei auf Helga zu, welche nur noch einen einzigen Todesschrei von sich geben konnte, ehe das Raubtier durch einen Genickbiss dir arme Helga über den Jordan schickte und mit ihr davon lief.

"H..Helga!", schrie Liam ihr verzweifelt entgegen. Doch es nützte nichts mehr, denn Helgas Leichnam war längst über alle Berge.

Ich schnappte nach Luft und ging auf Liam zu, der mich sofort schluchzend in eine feste Umarmung zog. "Das wollte ich alles nicht!", er klärte er schniefend.

"Das weiß ich, mein Schatz. Das weiß ich", redete ich ihm gut zu. "Helga war schon relativ alt, aber trotzdem war sie unsere fleißigste und beste Legehenne. Die Eier schossen nur so aus ihr heraus... Wir werden sie immer in Ehren halten", flüsterte ich ihm zu und huldigte gleichzeitig unserer Helga.

"Immer...", antwortete mir Liam ebenfalls im Flüsterton.

„Immer.."

"Habt ihr's jetzt wieder?", unterbrach Harry unsere Zeit zu zweit.

Etwas geschockt von seiner fehlenden Sensibilität Helgas Ableben gegenüber drehte ich mich um, stämmte meine Fäuste in die Hüfte und blickte ihn tadeln an. "Harry, hab ein wenig Respekt!"

"Anne. Diese Henne ist jetzt nebensächlich! Wir haben nichts zu essen, wie sollen wir die nächsten Tage überleben? Von eurer ach so tollen Zweisamkeit und Zuneigung, die du und Liam ja offensichtlich füreinander habt, könnt ihr euch nämlich nicht ernähren!", schimpfte er uns.

Mit einem abfälligen Laut Harry gegenüber stampfte ich an ihm vorbei und rempelte absichtlich gegen seine Schulter, was mir jedoch einiges an Schmerzen bereitete, weswegen ich scharf die Luft einzog und mir an die verletzte Schulter griff.

"Anne!", rief Liam aus und kam mit den Händen wedeln auf mich zugehüpft. "Alles okay? Hast du dich schwer verletzt? Harry, was bist du eigentlich für ein Rüpel? Hast du schon vergessen, was im V-Ritter Kodex stand? Die Schulter einer Gefangenen ist in keinem Falle zu verletzen! Das ist gleich der erste Paragraph und du? Trittst ihn mit Füßen, schäm dich!", Liam rügte Harry, der wieder sich einmal die Tränen aus dem Gesicht wischte, weil er geschimpft wurde.

Hinkend ging ich mit Liam in unser Notaufnahme-Zelt und ließ mich behandeln, wobei ich mir fest vornahm, mit Harry heute noch zu reden, denn wenn er dachte, er müsste an mir seinen Ärger in Form von schwerer Körperverletzung auslassen, hatte er sich geschnitten.

MY OWN VIBRATOR (überarbeitet) Where stories live. Discover now