Kapitel 34, Part 2

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Wann war mein Leben so kompliziert geworden? Wann war ich an dem Punkt angelangt, an dem ich mich zwischen einem psychopathischen Energiesauer und emotionslosen Kriegern entscheiden musste? Und wieso ließ ich mir das alles gefallen? Verdammt, ich war kein kleines Mädchen mehr. Ich traf meine eigenen Entscheidungen - nicht immer besonders weise, aber immerhin - und ich sorgte für mich selbst. Seit Jahren. Bei meiner Mom hatte ich gar keine andere Wahl gehabt. Und jetzt stand ich hier. Umgeben von Menschen, die Entscheidungen für mich trafen. Nicht mit mir. Für mich. Für meine Sicherheit.

Bullshit.

Sie taten das, weil sie nur an sich selbst dachten. Die Geschorenen wollten mich loswerden, weil ich Probleme machte. Will hatte mich sozusagen verkauft. Und Kyle. Na gut, Kyle dachte vielleicht wirklich an mich. Aber auch er wird eines Tages damit aufhören. Jeder tat das.

Es war besser, sich alleine durchzuschlagen. Ich musste zurück zum Anfang. Vor ein paar Monaten war noch alles in Ordnung gewesen. Da war ich alleine und kämpfte meine eigenen Schlachten. Niemand hinterging mich. Niemand verkaufte mich. Niemand verletzte mich. So musste es wieder sein.

Vielleicht hatte Michael recht damit, sich gegen alle zu wenden. Er scherte sich nicht darum, was andere von ihm hielten. Er folgte seinem eigenen Weg. Er war -

Ein Psychopath.

Abrupt stoppte ich meinen Gedankengang. Was war nur los mit mir? Michael war wahnsinnig. Er wollte mich als persönliche Batterie missbrauchen, um seine irren Pläne durchzusetzen. Wie kam ich auf den Gedanken, dass er mit irgendetwas recht haben könnte?

Der Druck in meiner Brust nahm weiter zu und ich musste mich anstrengen, um ordentlich Luft zu bekommen. Ein Ziehen setzte ein und ich fühlte, wie sich in mir etwas ausdehnte. Diese ölige Dunkelheit, die mich seit dem Abend am See quälte, rumorte in meinen Adern und schien etwas zu suchen. Oder jemanden.

Ich rieb abwesend über mein Brustbein, um das drückende Gefühl zu vertreiben und konzentrierte mich auf meine Atmung. Irgendetwas lief hier nicht richtig. Dabei meinte ich nicht die Tatsache, dass Will, Kyle und Cassian immer noch darüber stritten, ob man mich mitnehmen würde. Und auch nicht die Tatsache, dass Will offensichtlich die Frechheit besaß, in meinem Namen Deals abzuschließen. Ich sprach auch nicht davon, dass einer der Geschorenen, ein junger Typ, vielleicht neunzehn Jahre alt, mich fixierte, als wäre ich ein Steak und er kurz vor dem Verhungern.

Was ich meinte war die Tatsache, dass ich wusste - ich wusste einfach - dass Michael in der Nähe war. Jede Faser meines Körpers schrie: Er ist hier! Er ist hier! Geh zu ihm! Worauf wartest du noch?

Ja, dachte ich plötzlich und spürte etwas tief in mir drin einschnappen. Worauf wartete ich eigentlich noch? Ich verstand mein Problem nicht. Michael war hier. Also musste ich zu ihm.

Meine Beine setzten sich in Bewegung, ohne dass ich es steuern konnte. Sie führten mich weiter in die Gasse hinein und wollten mich um die Ecke leiten. Das gefiel mir. Wenn ich diesen Weg beibehielt, würde ich auf Michael treffen. Ich lächelte.

Jemand packte mich grob am Arm und zerrte mich zurück. Automatisch wehrte ich mich gegen den Griff und zappelte wie ein Fisch am Haken. Doch die Person ließ mich nicht los. Ich schrie und tobte. Kratzte sogar. Im nächsten Moment wurde ich mit dem Rücken gegen eine Mauer gedrückt und bewegungsunfähig gemacht.

„Das wirst du schön bleiben lassen", sagte eine tiefe Stimme mit spanischem Akzent. Ich sah hoch und blickte in das Gesicht des jungen Geschorenen, der mich vorhin so intensiv beobachtet hatte. Als ich auf seinen direkten Blick trat, weiteten sich seine braunen Augen schockiert und er knurrte über seine Schulter: „Cas! Es ist schon passiert."

Heart of FireWhere stories live. Discover now