Kapitel 10

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Kyle führte mich durch das Dorf und bot eine wirklich gute Vorstellung eines Fremdenführers. Mit einer Begeisterung, die ich sonst nur für frischen Kaffee oder meine Fotos aufbrachte, deutete er auf die Häuser und erzählte dabei wilde Geschichten über die Bewohner.

„Hier wohnen die Youngs", sagte er gerade als wir an einem winzigen Häuschen vorbeikamen, das aussah als wäre es dem Disneyfilm Oben entsprungen. Es war zweifärbig gestrichen und hatte hellblaue Dachziegel. „Ihr jüngster Sohn ist ein begeisterter Disney-Fan." Er zuckte erklärend die Schultern.

„Verstehe."

Je mehr Häuser ich sah, desto sicherer war ich mir, dass die Leute hier entweder völlig durchgeknallt oder Genies waren. Ich tendierte eher zu durchgeknallt als ich ein Hausboot am Dorfrand entdeckte.

„Sollte das nicht am See stehen?", fragte ich und zeigte auf das Boot.

Kyle lachte. „Das gehört Lillys Großvater. Er liebt dieses Ding, wird aber immer seekrank, deshalb stellt er es so weit weg vom See wie möglich. Aber er wollte immer ein Hausboot haben."

Eindeutig durchgeknallt.

Trotzdem musste ich lächeln. Auf den ersten Blick wirkten die Häuser hier sehr einfach, aber wenn man genauer hinsah, glich kein Haus dem anderen und man konnte in jedem die Persönlichkeit der Bewohner erkennen. Ich liebte dieses Dorf.

Kyle führte mich zum Waldrand, wo ich erst vor ein paar Stunden mit Will stand und setzte sich dort auf einen umgefallenen Baumstamm.

„Also ...", begann er noch bevor ich mich neben ihn setzen konnte. „Was willst du von Stella?"

„Sie hilft mir", antworte ich ausweichend und setzte mich neben ihn. Dabei hielt ich meinen Blick auf den See gerichtet, den man von hier aus gut sehen konnte.

„Wenn du Hilfe von Stella brauchst, hast du Probleme mit deinen Kräften", schlussfolgerte er und musterte mich eingehend. Bei seinem Blick kam ich mir vor wie unter einem Mikroskop.

„Wieso sollte ich dir das erzählen?" Ich betrachtete ihn mit einem übertrieben fragenden Blick.

„Weil du meinem Charme nicht widerstehen kannst", erwiderte er lächelnd.

Augenverdrehend schnaubte ich und sah wieder zum See. Die Sonne spiegelte sich auf der Wasseroberfläche und brachte mich zum Blinzeln. Kyle stieß mir mit dem Ellenbogen in die Seite und lenkte damit meine Aufmerksamkeit wieder auf sich.

„Komm schon, ich weiß, dass du es willst."

„Da gibt es nichts zu erzählen. Will meinte, es wäre eine gute Idee, wenn wir zu Stella gehen."

„Und du tust immer, was Will sagt?" Er klang zweifelnd.

„Sicher nicht", schnaubte ich und lachte laut.

„Dachte ich mir", sagte er ebenfalls lachend.

Ich betrachtete Kyle unauffällig von der Seite. Er hatte etwas Faszinierendes an sich. Schalk blitzte aus seinen Augen und er wirkte völlig gelassen. Es war, als ob ihm nichts in der Welt Sorgen bereiten würde. Dass er fantastisch aussah, war natürlich auch ein Grund, wieso mein Blick immer wieder über ihn glitt. Sein T-Shirt spannte um seine kräftigen Oberarme und meine nächsten Gedanken trieben mir die Schamesröte ins Gesicht. Ich musste aufhören, ihn anzusehen.

„Was ist mit dir?", fragte ich deshalb schnell. „Was ist das für eine Geschichte mit dir und Will?" So wie sie aufeinander reagiert hatten, gab es da sicher eine Vorgeschichte.

Heart of FireWhere stories live. Discover now