Kapitel 31, Part 2

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Ich würde mich übergeben. Gleich hier. In Stella's Spülbecken.

Sofort als ich in die Küche kam, beugte ich mich über die Spüle und keuchte wie ein sterbendes Tier. Meine Kehle war so trocken, dass ich nicht einmal würgen konnte und noch nie war ich so froh, nichts gegessen zu haben. Ich war mir nämlich sicher, dass wenn ich etwas im Magen hätte, ich nicht nur trockenwürgend vor dem Spülbecken stehen würde.

Sein Auftrag war seit Wochen beendet.

Warum zum Teufel wusste ich nichts davon? Wir hatten jeden Tag trainiert und er hatte immer von seinem Auftrag gesprochen.

Nein, schoss es mir plötzlich durch den Kopf. Er hatte schon ewig nicht mehr von mir als Auftrag gesprochen. Damals im Krankenhaus, als ich vergeblich versuchte, Mr. Milano zu besuchen, hatte er mir gesagt, dass ich mehr war, als nur ein Auftrag. Ich hatte geglaubt, er meinte damit, dass er mich nicht nur als Aufgabe betrachtete, sondern mehr in mir sah. Dabei war ich tatsächlich gar nicht mehr seine Aufgabe gewesen! Damals war ich bereits Stella's Auftrag. Und er hatte es mir nicht gesagt. Niemand hatte es mir gesagt.

Wütend bohrte ich meine Finger in den Rand des Spülbeckens und atmete tief durch. Er hatte mich angelogen. Wochenlang hatte er mich belogen.

Dieser verdammte Mistkerl.

Und Stella hatte es gewusst. Sie wusste die ganze Zeit schon, dass Will nicht mehr für mich verantwortlich war und hatte nichts gesagt.

Du wirst in Kalifornien erwartet.

Ihre Aussage schoss mir plötzlich durch den Kopf und ich zog scharf die Luft ein. Ich wurde in Kalifornien erwartet? Wann zur Hölle war das bitte beschlossen worden? Seit dem ersten Angriff der Otomi hatten wir nicht mehr über die Kalifornien-Sache gesprochen. Ich dachte eigentlich, das Thema wäre damit erledigt.

Wie von einer Horde Zombies verfolgt, stürzte ich aus der Küche und stieß an der Tür gegen eine harte Brust. Der Aufprall brachte mein Gleichgewicht durcheinander und ich wäre nach hinten gekippt, wenn mich nicht zwei starke Arme gepackt und aufrecht gehalten hätten. Meine Augen folgten den Gliedmaßen, die mich behutsam hielten und trafen auf ein Paar violetter Augen, die mich besorgt musterten.

Ich erwiderte Will's Blick und versuchte, meine Gefühle zu verbergen. Er musste ja nicht merken, dass ich seinetwegen völlig aufgewühlt war. Vielleicht tat er mir ja den Gefallen und ging einfach wortlos an mir vorbei.

Tat er nicht.

Er sah mich einfach mit diesen unglaublichen Augen an und dann passierte es. Dasselbe, das immer passierte, wenn wir zusammen waren.

Meine Haut begann aufgeregt zu kribbeln und mein Herz pochte in einem wilden Rhythmus. Mein Atem beschleunigte sich.

Das gefiel mir gar nicht.

Es gefällt mir sehr.

Es sollte mir nicht gefallen.

Will schien es auch zu bemerken, denn sein Griff um mich wurde fester und ich konnte sehen, dass auch sein Atem schneller ging. Sein Kinn war angespannt und es sah aus, als würde er die Zähne zusammenbeißen.

„Alles in Ordnung?", fragte er und seine Stimme klang belegt. Ich wusste nicht, ob er nur von meinem Gleichgewicht sprach und wollte nicht zu viel in seine Körpersprache hineininterpretieren. Doch diese verdammten Augen schienen sich regelrecht in mich hineinzubohren und Antworten zu suchen, auf die ich nicht einmal eine Frage formuliert hatte.

Bevor ich mich womöglich noch mehr zum Affen machte, riss ich mich von ihm los und brachte etwas Abstand zwischen uns. Ich konnte nicht denken, wenn er mich berührte.

Heart of FireWhere stories live. Discover now