Kapitel 8

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Ich war keine zehn Schritte weit gekommen, als ich einen wütenden Will und eine keifende Lexi hinter mir hörte. Ich kannte keinen anderen Jungen, der es schaffte, eine Frau so schnell wütend zu machen wie Will es konnte. Es grenzte nahezu an eine Begabung. Selbstgefällig lächelnd ging ich einfach weiter in Richtung Trainingslager und sah mich aufgeregt im Dorf um. Es war wirklich wunderschön hier. Die Vögel zwitscherten, die Sonne strahlte auf den See und das Wasser spaltete das Licht. Die wenigen Menschen die ich sehen konnte blickten neugierig in meine Richtung, kamen jedoch nicht auf mich zu. Ich fragte mich, wie viele davon Begabte waren und wieso sie hier mit normalen Menschen lebten, wenn sie so misstrauisch waren. Ob Stella mir diese Frage beantworten würde? Vielleicht sollte ich eine Liste machen?

Am See angekommen blieb ich stehen und blickte auf das Wasser. Von hier aus konnte ich die Kinder auf der anderen Seite sehen und staunte nicht schlecht, als ein Junge, der nicht viel älter zehn sein konnte, einen Feuerball formte und ihn auf eine Zielscheibe schoss. Ähnlich wie die, mit der Will und ich trainierten. Gleich darauf schoss er weitere Kugeln auf das Ziel und riss in einer siegessicheren Geste die Hände in die Höhe. Die Kinder hinter ihm jubelten ihm zu und scharrten sich um ihn herum.

Sagte Lexi nicht, dass die Kinder ihre Fähigkeiten erst seit einigen Wochen haben? Ein bitterer Geschmack bildete sich in meinem Mund und ein Knoten zog mir den Magen zusammen. Kann es tatsächlich sein, dass diese Kinder ihre Kräfte bereits nach so kurzer Zeit beherrschten? Und ich plagte mich seit fünf Jahren damit, wenigstens die Kontrolle zu behalten. Ich konnte mich dort nicht blicken lassen. Es war demütigend und diese Blöße würde ich mir nicht geben. Den Entschluss gefasst, sofort wie ein Feigling nach Hause zu gehen, drehte ich mich um und stieß gegen eine harte Brust. Haltsuchend griff ich nach dem Erstbesten, das ich fassen konnte und versuchte mein Gleichgewicht zu halten. Zwei starke Arme stützten mich an der Hüfte und ich hörte ein tiefes Lachen, ganz nah an meinem Ohr.

„Du gehst aber ran, Süße", raunte mir eine belustigte männliche Stimme ins Ohr. „Dabei wollte ich mich gerade höflich vorstellen, aber deine Methode hat natürlich ihre Vorzüge." Er verstärkte den Griff um meine Hüfte, sodass ich noch etwas enger an ihn gedrückt wurde. Jetzt erst erkannte ich, dass ich mich an seinem Shirt festklammerte und ihn somit regelrecht an mich presste. Prompt ließ ich ihn los und versuchte, etwas Abstand zwischen uns schaffen. Da er mich aber immer noch festhielt, konnte ich mich nicht allzu weit von ihm entfernen und blickte an ihm hoch. Sein AC/DC Shirt war von meinem festen Griff zerknittert und ich konnte deutlich ausgeprägte Bauchmuskeln darunter fühlen. Mein Blick wanderte zu seinem Gesicht und dort blickten mir amüsiert glitzernde, grüne Augen entgegen.

Heilige Mutter Gottes.

Sein Gesicht wurde von kurzen dunkelblonden Haaren umrahmt, die ihm vorne in die Augen fielen und seine feinen Gesichtszüge umschmeichelten. Er hatte dichte, lange Wimpern und eine schmale gerade Nase. Sein kräftiges Kinn verlieh ihm einen harten Eindruck, der jedoch vom amüsierten Funkeln seiner Augen abgemildert wurde.

Ein leichter Bartschatten rundete seine Erscheinung ab und ich musste mich zwingen den Mund zu schließen, bevor ich anfing zu sabbern. Als sich die Hände um meine Hüfte etwas weiter hinunter bewegten, kam wieder Leben in mich und ich trat einen Schritt zurück.

„Hey", warnte ich den Jungen. Ich erkannte, dass er nicht viel älter als ich selbst war. Er grinste spitzbübisch.

„Ich wollte dir nur diese Vorzüge demonstrieren", sagte er nonchalant und brachte mich unwillkürlich zum Lächeln.

„Klar", erwiderte ich amüsiert. „Viel besser als eine normale Begrüßung. Wer schüttelt heutzutage auch noch Hände?"

„Du hast damit angefangen, Schatz", meinte er gelassen. „Ich wollte mich gerade vorstellen, als du über mich hergefallen bist. Ich passe mich nur den Gegebenheiten an." Sein Blick strich über mein Gesicht, meinen Körper hinab und wanderte wieder zu meinen Augen. „Also ..." Er trat wieder einen Schritt zu mir heran und eine Gänsehaut breitete sich auf meinem ganzen Körper aus. „Wie heißt du, Schätzchen?"

Heart of FireWhere stories live. Discover now