Kapitel 29, Part 2

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Magnus war über mir und drückte mich mit seinem Gewicht zu Boden. Sein fieses Lachen kroch mir unter die Haut und ich spürte seinen feuchten Atem an meinem Hals. Je heftiger ich mich wehrte, desto schwerer wurde ich von seinem Körper erdrückt, also beschloss ich, meine Gegenwehr einzustellen und dafür wieder Luft zu bekommen. Misstrauisch blickte der Otomi zu mir herab und erwartete offensichtlich einen Angriff von mir. Den bekam er aber nicht. Mein Wille zu atmen übertraf das Bedürfnis diesem Mistkerl die Augen auszustechen. Als er einsah, dass von mir kein Angriff kommen würde, griff er nach seiner Hose und mein Körper verkrampfte sich panisch. Er zog sein Lieblingsmesser, mit dem er mich bereits mehrfach gefoltert hatte, hervor und drückte es mir an die Kehle. Ich spürte, wie die Klinge die empfindliche Haut ankratze und versuchte ganz still zu halten. Ich wollte nicht, dass er mich schon wieder zum Bluten brachte. Denn ich hatte wahrlich genug Blut hier drin gelassen. Magnus bemerkte meine starre Haltung und lachte mich aus. Beinahe sanft strich er mit der Messerklinge über meine Halsschlagader, um mir damit zu zeigen, dass er mein Leben in der Hand hatte. Er konnte es jederzeit beenden. Magnus nahm die Klinge von meinem Hals und hob sie über meinen Kopf. Er tat so, als würde er damit auf mich einstechen, hielt aber immer ein paar Zentimeter vor meinem Gesicht an. Ich zuckte dabei nicht einmal mehr zusammen. Er würde mich ohnehin nicht töten. So viel Glück hatte ich nicht. Der Otomi lachte gackernd und sein Gesicht bekam wieder diesen wahnsinnigen Ausdruck, der mich mehr ängstigte als sein Messer. Das irre Lachen wurde durch das Zuschlagen einer Tür unterbrochen. Darauf hatte er gewartet. Dafür hatte er mich vorbereitet. Für ihn. Mein Herzschlag nahm an Tempo zu und als Magnus aufstand und dann tatsächlich anbot, mir aufzuhelfen, bekam ich beinahe eine Panikattacke. Ich machte keine Anstalten, aufzustehen und Magnus entschied, mich einfach liegen zu lassen. Die nächste Tür wurde zugeschlagen und dieses Mal zuckte ich zusammen. Der Otomi grinste und zwinkerte mir zu: „Michael ist da." Dann öffnete sich die Tür und er kam herein.

Ich erwachte keuchend und schweißgebadet in meinem Bett. Das Zimmer war dunkel und still, lediglich mein heftiges Atmen war zu hören. Ich drehte mich zu meinem Nachtschrank und knipste die kleine Lampe an, um die Dunkelheit zu vertreiben. Nur langsam gewöhnten sich meine Augen an das Licht und ich blinzelte, um besser sehen zu können. Die andere Seite des Bettes war leer, Will war nicht mehr da.

Als ich nach der Dusche wieder ins Zimmer kam, lag er breit ausgestreckt auf dem Bett und machte mir schöne Augen. Natürlich konnte ich da nicht widerstehen und war neben ihn gekrochen, um mich ganz nah an seinen warmen Körper zu schmiegen. So war ich auch eingeschlafen. Mit seinem Geruch in der Nase und seinen sanften Fingerspitzen auf meinem Rücken, die unermüdlich meine Wirbelsäule entlang strichen. Jetzt war ich jedoch erleichtert, dass er nicht hier war. Mein Alptraum hing wie ein dunkler Vorhang über mir und brachte meine Glieder zum Zittern. Noch immer sah ich Magnus' fieses Grinsen vor mir und spürte die Panik meines Traum-Ich's, kurz bevor die Tür geöffnet wurde.

„Es ist alles gut. Niemand ist hier. Du bist in Sicherheit." Immer wieder sprach ich mir die Worte leise vor. So lange, bis sich mein Herzschlag beruhigt hatte und mein Atem wieder normal über meine Lippen kam. Ich war anscheinend nicht so erfolgreich mit der Verarbeitung meiner Probleme wie ich gedacht hatte. Vor dem Einschlafen ging es mir gut. Will hatte mich nicht mehr dazu gedrängt, von meiner Gefangenschaft zu erzählen, doch ich wusste, dass er neugierig war. Er machte sich Sorgen um mich und da ich ihm nicht in die bittenden violetten Augen sehen konnte, ohne ihm wenigstens das Nötigste zu erzählen, tat ich das. Ich erzählte von der kleinen Zelle und wie die Otomi Kyle dafür benutzt hatten, mich gefügig zu machen. Ich erzählte ihm, wie sie mich immer wieder fragten, wie ich es geschafft hatte, sie zu verletzen. Und sogar von Magnus Spielzeugen erzählte ich.

Was ich jedoch ausließ - und was ich ihm gegenüber niemals laut aussprechen werde - ist mein verlorener Kampfgeist. Diesen Moment der Schwäche würde ich mit ins Grab nehmen. Will hatte nach meiner Erzählung auch gar nicht weiter nach Details gefragt. Er war wütend aufgesprungen und hatte auf die Wand eingeschlagen. Dabei knurrte er immer wieder: „Ich bringe diese Scheißkerle um!"

Heart of FireWhere stories live. Discover now