Richtig oder Falsch 6

4.6K 103 1
                                    

Amelies Sicht

Seine Finger berührten sanft meine Wange, strichen weiter über meine Lippen und ich sah fasziniert zu ihm rauf. Mein Herz klopfte wie wild in meiner Brust als er sich mir immer näher schob und schließlich lagen seine Lippen auf meinen. Sie waren weich, vorsichtig und er schmeckte einfach himmlisch. Sein Duft, der sich hier im Fahrstuhl bündelte, hüllte mich ein und ich verlor buchstäblich meinen Verstand. Diese neuen Gefühle berauschten mich und ich ließ mich auf diesen Kuss ein. Die Türen des Fahrstuhles öffneten sich fast geräuschlos und ich hätte es auch nicht mitbekommen, wenn Marco sich nicht in diesem Moment von meinen Lippen gelöst hätte. Ein leichtes, angenehmes Lächeln lag auf seinem Gesicht und er nahm meine Hand, führte mich leicht humpelnd in seine Wohnung und schloss schließlich hinter uns die Tür. Aufgeregt blieb ich an Ort und Stelle stehen, wusste nicht genau was ich jetzt tun sollte, außer ihm mit neugierigem Blick zu beobachten. Ganz entspannt zog er sich die Jacke aus und legte den Schlüssel in eine Schale. „Willst du nicht auch deine Jacke ausziehen?", fragte er mich mit einem gewinnerischem Grinsen im Gesicht. Ich ließ mich davon blenden, nickte nur schnell und öffnete mit leicht zittrigen Fingern den Reißverschluss meiner Jacke. Marco war bereits mit seinen Krücken weiter in die Wohnung gehumpelt und in einem Raum verschwunden. Länger als Nötig tat ich daran meine Jacke aufzuhängen, auch um einmal tief Luft holen zu können und die aufkeimende Nervosität irgendwie zu verdrängen.

„Amelie. Komm....", rief er mich und seine sanfte aber bestimmende Stimme versetze meinen Körper gehörig unter Strom. Ich machte den ersten Schritt in eine Nacht, die verheißungsvoller nicht sein könnte.

Die Bettdecke hatte ich mir halb über meinen nackten, erhitzten Körper gelegt während ich auf den Rücken lag. In meinem Kopf war eine angenehme Leere während ich an die Decke sah. Hatte ich gerade wirklich Sex mit Marco gehabt? Wow, es war gut. Sehr gut sogar! Seine Hingabe die er mir gegenüber gezeigt hatte und wie er mich berührte, bescherte mir alleine nur durch die Erinnerung, ein erneutes Kribbeln. Mit einem Grinsen auf den Lippen, schüttelte ich für mich selber leicht mit dem Kopf, weil es einfach so unwirklich wirkte was hier passiert war. Ich drehte meinen Kopf zu ihm, sah wie seine Augen geschlossen waren und sein gleichmäßiges Atmen verriet mir, dass er wohl tief und fest schlief. Nein, an Schlaf war für mich jetzt so gar nicht zu denken. Dafür war ich viel zu aufgewühlt und aufgedreht. Erneut blickte ich an die Decke und genoss den Moment mit einem wohligen Lächeln auf dem Gesicht, was man nach so einer Nacht definitive nicht so schnell loswerden würde. Auch brauchte ich den Moment für mich, um tief durch zu atmen und um mich abzukühlen zu können. Es verstrichen so einige Minuten und plötzlich kam mir der Gedanke, in dem ich drüber nachdachte, was jetzt als nächstes kam. Tat man überhaupt irgendwas nach so einer Nacht? Ich richtete mich auf einen Arm auf, kaute unsicher auf meiner Unterlippe rum und überlegte fieberhaft was jetzt folgen könnte. Blieb man hier einfach so liegen, um dann gemeinsam am nächsten Tag aufzuwachen und sich, peinlich berückt, am Frühstückstisch gegenüber zu sitzen? Unter keinen Umständen wollte ich einen Fehler machen oder noch besser, von ihm komisch angeschaut werden. Doch ich wusste sogar nicht, wie man sich richtig verhielt. Was war wenn er davon ausging das ich über Nacht blieb? Wollte er das vielleicht sogar? Sonst wäre er doch wach geblieben und hätte was gesagt, oder? Mist, ich war so unbeholfen was das anging. Während ich Marco weiter beim Schlafen zusah, wägte ich ab, was ich jetzt am besten tun konnte und kam zu dem Entschluss, dass ich einfach nur noch von hier verschwinden wollte. Ich würde hier wahrscheinlich eh kein Auge zu bekommen. Leise schob ich die Bettdecke von mir und stand vorsichtig auf, immer darauf bedacht das er davon ja nicht wach wurde. Zum Glück schlief er seelenruhig weiter und so sammelte ich meine Sachen zusammen, mit denen ich aus dem Schlafzimmer verschwand und ging in den Flur wo meine Jacke hing. Das Licht getraute ich mich nicht anzumachen und somit zog ich mich im Dunklen an. Eine Eile überkam mich. Plötzlich wollte ich nur noch weg von hier. Wollte unter gar keinen Umständen, dass er wach wurde und mich hier erwischte. Nachdem ich endlich angezogen war, angelte ich mit hektischen Fingern meine Jacke vom Harken und da war es passiert. Ich stieß ein Bild um, was auf der Kommode stand! Der Knall ließ mich zusammen zucken und ich blieb sofort regungslos stehen. Mit aufgeregten Herzen horchte ich ob ein Geräusch aus dem Schlafzimmer kam. Etwas was mir verriet das er wach geworden war und ich womöglich, die größte Peinlichkeit erfuhr, die ich je erlebt hatte. Doch nichts als Stille war zu vernehmen und ich atmete erleichtert durch. Was machst du nur hier Amelie fragte ich mich leise und stellte das Bild wieder ordentlich hin. Ich drehte mich nun endlich Richtung Tür, wobei mein Blick an dem Spiegel hängen blieb, der an der Wand hing. Mehr als nur eine Haarsträhne lag zerzaust auf meinen Kopf und ich fing an, sie mit meinen Fingern halbwegs glatt zu bekommen. Ich wollte so niemanden begegnen, der direkt Schlüsse daraus ziehen konnte, was ich eben noch erlebt hatte. Als ich mein Spiegelbild betrachtete, kam ich mir so dämlich vor. Vielleicht war es doch keine so gute Idee zu gehen? Vielleicht tat ich hier das vollkommen Falsche?! Aber wie peinlich wäre das denn bitte, wenn ich mich jetzt wieder auszog, zurück ins Bett ging und er dann wach werden würde?! Nein, es war jetzt einfach zu spät um umkehren zu können. Vielleicht sollte ich ihm aber meine Handynummer da lassen? Ja das war es! Ich hinterließ ihm meine Nummer und wenn er sich melden würde, dann kam das von ihm und ich würde mich keiner Blamage aussetzen. Zufrieden mit meiner Idee, sah ich mich nach einem Stift und einem Zettel um, doch die Dunkelheit im Flur, machte es mir schwer etwas ausfindig zu machen. Ich würde also doch einfach gehen ohne ihm die Chance gelassen zu haben sich zu melden. Ach das war alles hier nicht mein Ding, wenn ich bereits an solchen Kleinigkeiten scheiterte. Ich schob eine Hand in meine Jackentasche, bereit zu gehen, bis ich darin etwas fühlte was mich auf eine neue Idee brachte. Langsam zog ich den Lippenstift, den ich von Clara einstecken hatte, heraus und sah auf den Spiegel. Das war sowas von übertrieben! Dennoch tat ich es. Ich schrieb meine Handynummer auf den Spiegel und darunter meinen Namen. Ich griff nach meiner Tasche, die noch auf den Boden stand und verließ nun endgültig seine Wohnung, mit der Hoffnung, dass er sich melden würde.

Bed-Time-StoryTempat cerita menjadi hidup. Temukan sekarang