Brechmittel 53

1.7K 63 1
                                    

Marcos Sicht

Meine Zunge klebte am Gaumen fest und ich hatte einen widerlichen Geschmack im Mund. Die Blase drückte und meine Augen schmerzten, als ich versuchte sie zu öffnen. Was hatte ich nur getan? Ich rieb schwerfällig durch mein Gesicht und versuchte so irgendwie an Klarheit zu kommen, was absolut ohne Erfolg blieb. Blinzelnd schaute ich auf den Wecker neben meinem Bett und ließ mich wieder stöhnend zurück fallen in die Kissen. Was hatte ich mir nur dabei gedacht die Flasche leer zu machen? „Fuck" ging es leise über meine Lippen und ich rieb weiter meine Schläfen. Wäre der Druck nicht so groß gewesen aufs Klo zu müssen, wäre ich einfach liegen geblieben aber was muss das musste. Ich schob langsam und vorsichtig meine Beine über die Kante meines Bettes bis meine Füße den Boden berührten. Wie kam ich überhaupt in mein Bett? Lag ich zum Saufen nicht auf dem Sofa? Mir fiel Marcel wieder ein und kombinierte. Schwer ging das Grinsen über mein Gesicht und ich bedankte mich stumm bei meinem besten Freund. Schwankend stand ich auf und fühlte mich wie ein Kalb oder ein Fohlen, was nach der Geburt seine ersten Schritte machte. „Fuck, fuck" zischte ich erneut und versuchte endlich zum Badezimmer zu kommen.

Die pure Erleichterung ging durch mich durch, als ich endlich beim Klo ankam und mein Geschäft erledigen konnte. Ich lehnte meine Stirn an die Wand und schloss die Augen dabei. Nie wieder Alkohol! Brüllten mich meine Gedanken an und ich biss mir auf die Unterlippe. Mein Magen fing an zu rebellieren und ich konnte gerade noch spülen, bevor ich mich in die Kloschüssel übergab. Ich war nur noch Galle am Spucken als hinter mir jemand anfing zu reden. „Alles klar Bro?"-„ging mir nie besser" keuchte ich und übergab mich ein weiteres Mal. „Ich hatte dir extra Kaffee gemacht aber du musstest ja wie ein kleines Kind die Flasche leer machen"-„Fornell?"-„Ja?"-„Halt die Klappe" sein Lachen dröhnte in meinem Schädel und ich hatte das Gefühl, gleich würde er platzen. „Fuck, die Flasche war noch nicht mal voll"-„du bist es nicht gewohnt und das ist auch gut so. Es passt überhaupt nicht in deinen Ernährungsplan und ich bin gespannt wie lang du brauchst bis das alles wieder aus dir draußen ist"-„wenn ich weiter kotz? Schätze ich noch 5 Minuten" wieder lachte er kehlig auf und verzog sich dann mit den Worten, die etwas mit Kaffee zu tun hatten. Ich rappelte mich vom Boden auf und schleppte mich mit immer noch offener Hose zum Waschbecken. Ich verschloss den Ablauf und stellte das kalte Wasser voll an. Als genug im Becken war, schöpfte ich mit vollen Händen das Eiswasser raus und verteilte es über Gesicht, Nacken und spülte den Mund. Da der pelzige Geschmack immer noch auf der Zunge klebte, putzte ich meine Zähne und merkte, wie sich mein Magen wieder meldete, was ich aber gekonnt unterdrückte.

Mit geschlossenen Augen hing ich mehr als das ich saß in meinem Gartenstuhl auf der Terrasse und ließ die vormittags Sonne auf mich wirken. Marcel hatte was zum Essen besorgt, was ich direkt weit von mir weg schob und mich einfach nur an dem schwarzen Gold in meiner Tasse festhielt. „Du musst fit werden"-„warum?" ich blinzelte nur halb, mit einem Auge, zu ihm rüber. „Party heute Abend"-„ich hatte genug Party gestern" grummelte ich und lehnte mich wieder zurück. „Umso schneller du in die Gänge kommst umso besser für deinen Körper"-„sag mal, bist du jetzt mein neuer Personal Trainer oder was?"-„Nee, aber ich hab kein Bock dich wieder aus nem Loch raus zu kratzen. Darum Party und keine Widerrede. Hilft eh nicht"

Marcel hatte es wirklich geschafft mich auf diese Party zu schleppen und ich bereute es direkt. Es war der Schuppen in dem ich Amelie das erste Mal getroffen hatte und bis jetzt hatte der Laden nichts Gutes für mich gebracht. Es sollte sich auch schneller als gedacht bestätigen. Nämlich genau in dem Moment, in dem ich Amelie wieder gesehen hatte. Sie war am anderen Ende des Raums und doch fühlte es sich an, als würde ich direkt neben ihr stehen. Ihre Nähe war so präsent, das es mir schier die Luft zum Atmen nahm. „Bro das war eine scheiß Idee" beschwerte ich mich auch umgehend bei meinem Freund. „Sie es an wie einen Autounfall"-„was?" ich zog meine Augenbrauen bis fast zur Stirn so ungläubig schaute ich ihn an. „Was ist das jetzt bitte für ein Vergleich?" fragte ich und tippte mir dabei gegen die Stirn. „Das ist doch ganz einfach. Wenn man einen schweren Unfall hatte, sollte man sich auch so schnell wie möglich wieder hinters Steuer setzten um darüber hinweg zu kommen"-„dein Vergleich ist scheiße"-„nein wirklich. Sieh es doch positiv. Ok sie ist hier, na und? Du hier, sie dort. Du gehst ihr aus dem Weg und überlebst den Abend"-„Fornell, irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, das dein Hirn mal dringend gelüftet werden muss. Du laberst heute nur Mist an mich ran" freundschaftlich legte ich meinen Arm über seine Schulter und trank einen großen Schluck aus meiner Wasserflasche. „Nee mal echt, das klappt"-„ach? Personal Trainer und Experte in Traumabewältigung oder was? Wann hast du das denn alles studiert?"-„Gestern"-„auf dem Klo, in der Apotheken Rundschau?"-„Du bist ein Arsch" wir fingen beide an herzlich zu lachen und dann schob sich Amelie in mein Sichtfeld. Mein Herz schlug schneller und ich drückte mich unbewusst weiter in die dunkle Ecke, die ich mir schon vorher aus Sicherheitsgründen ausgesucht hatte. Ich wollte auf keinen Fall von ihr gesehen werden und bis jetzt hatte es ganz gut geklappt. Dennoch zog mich irgendwas zu ihr hin. Nein, ich wusste ja genau was es war, nur wollte ich mich dagegen wehren. Ob ich wirklich den Abend überleben werde wie Marcel es mir prophezeite, wusste ich wirklich nicht. Ich brauchte auf jeden Fall meine ganze Energie um nicht direkt zu ihr rüber zu sprinten, sie in meine Arme zu ziehen und hemmungslos abzuknutschen.

Bed-Time-StoryWhere stories live. Discover now