Schublade 46

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Amelies Sicht

Als mich Marco Richtung Schlafzimmer zog, wusste ich genau, er hatte mich irgendwie missverstanden und ich versuchte mein Hand aus seinem Griff zu winden. Doch er ließ kein Stück locker. Erst als wir im Zimmer ankamen und ich stemmte direkt meine Hände in die Hüfte. Absolute Abwehrhaltung eingenommen, denn sollte er auf die Idee mit Sex kommen, würde ich dem einen Riegel vorschieben müssen. Auch wenn meine Libido da anderer Meinung war und so etwas wie eine kleine Vorfreude verspürte. Mein Kopf brüllte ihm die Worte „JETZT NICHT" entgegen. Doch Marco machte überhaupt keine Anstalten zum Bett zu gehen, oder eins seiner kleinen miesen Spielchen abzuziehen, mit denen er mich immer um den kleinen Finger wickelte. Was die benannte Libido, enttäuscht aufseufzen und meinen Kopf eine Gewinnerpose einnehmen ließ. Verwirrung stellte sich aber dann ein, als Marco seinen Schrank aufmachte und wahllos anfing einen Teil seiner Kleider, von einer Seite zur anderen Seite zu räumen. Schnell waren die drei Fächer und eine Schublade geleert „was machst du da?"-„Ich mach Platz"-„ähm ... das sehe ich"-„du willst Beständigkeit und mit mir Schritt halten?" verwundert nickte ich langsam und sah in den leeren Bereich des Schrankes, weil mir der Zusammenhang fehlte. „Wie wäre es, wenn du einfach erst mal in mein Leben kommen würdest, bevor du es von außen versuchst mit zuhalten?"-„und dabei hilft mir ein Schrank?"-„Ich mache dir damit die letzte Tür auf in mein Leben. Du kannst also eintreten"-„dein Leben ist ein Schrank?" ich musste schmunzeln, weil ich auch einfach mal einen Witz machen wollte. Ich konnte an Marcos Mundwinkeln erkennen, dass er meine Aussage auch gar nicht wirklich so ernst nahm und holte dann tief Luft und machte eine Handbewegung in den Schrank. „Nein mein Schatz. Er ist für dich. Für dich und deine Kleider. Hier ..." er zog die Schublade wieder auf „... hier kannst du Wattebällchen, Söckchen, Gummibärchen, was auch immer du willst, rein machen"-„was soll das denn bedeuten?"-„ich lass dich in mein Leben, so ganz"-„mit einer Schublade?"-„Nein, mit DEINER Schublade und DEINEM Schrank!" Ich sah auf den Boden vor ihm, denn dort lag eine der Jacken, die ihm runter gefallen war und ich zeigte darauf. „Und die kommt da auch wieder rein?"-„Nein, die zieh ich jetzt an und geh" er sah mich mit hochgezogenen Augenbrauen an, bückte sich danach und zog sie sich über. Sie passte überhaupt nicht zum Rest und er ließ mich wirklich stehen. „Was soll das denn jetzt?" rief ich ihm hinterher und versuchte Schritt zu halten. „Ich muss was erledigen" er zog seine Sneakers an und packte sich seine Schlüssel. „Jetzt?"-„Ja jetzt" er kam zu mir rüber und zog mich an sich. Der Kuss auf meine Stirn war fast nur ein Hauchen, doch ging er mir als Gänsehaut den Rücken runter. „Amelie, wenn du an meiner Seite sein willst, musst du damit klar kommen, dass dein Leben nicht mehr so sein wird wie es war. Das ist vielleicht auch etwas was mir Angst macht. Das dir dieses Leben nicht gefällt, was du an meiner Seite führen musst. Ich kann dir nämlich nicht nur alles kaufen was du willst, sondern, ich werde dir auch verdammt viel wegnehmen. Denn frei wirst du dann nicht mehr sein, um zu machen was du willst. Noch weiß die Öffentlichkeit nichts von uns aber es kommt der Tag, an dem es sich ändern wird"

Eine Woche nach München, wohin ich Marco wirklich allein fliegen ließ, saßen wir bei Marcel in der Wohnung. Er hatte die verrückte Idee uns alle einzuladen. Unter alle, waren Clara, Robin, Marco, Alex und ich gemeint. Es gab ein Gemisch aus russischen und spanischen Essen von Marcel und Alex im Einklang gekocht. Was überraschend gut schmeckte und die Weinflasche ging auch im Kreis herum. Die Stimmung wurde immer fröhlicher und ausgelassen. Robin kam auf die Idee mit Tabu spielen und alle stimmten direkt zu. Wir nahmen unsere Gläser und verzogen uns vom Esstisch zum Sofa, um es einfach gemütlicher zu haben. Es sollten immer Paare zusammen spielen, was direkt nach dem Robin und Clara ihre Runde hingelegt hatten, zu großem Gelächter führte. Sie hatten ihre Sache echt gut gemacht und gaben sich auch ein high five zur Belohnung. Weniger gut war es als Marco und ich an der Reihe wahren. Ich kam einfach nicht auf das Wort was Marco mir versuchte zu erklären und als ich ihm was erklären sollte, war es nicht besser. Keine Ahnung wie viele Runden wir genau gespielt hatten, Marcel sah auf jeden Fall mitleidig zu uns rüber „ihr habt immer noch null Punkte". Ich sah Marco an, der mich irgendwie süffisant angrinste „Null, läuft gut bei uns". „Es dauert halt bis man sich da ein bisschen auf einander eingespielt hat" lachte uns Clara zu, die ihre Worte mit einem Boxer gegen Robins Schulter untermalte. Das wollte ich keinesfalls auf mir sitzen lassen „wir harmonieren sehr gut mit einander" platzte es aus mir heraus. Im Augenwinkel sah ich Marcos irritiertes Gesicht, er dachte wohl an die kleine Meinungsverschiedenheit, die wir mal wieder hatten, bevor wir zu dem Abend aufbrachen. „Vielleicht ist es auch einfach nur das falsche Spiel. Vielleicht seid ihr ja besser in Wahrheit oder Pflicht?!" Marcel wackelte mit den Augenbrauen und grinste breit von einer Backe zur anderen. Er hatte absolut unrecht mit seiner Idee, denn dieses Spiel hasste ich schon als Kind. Doch Marco war wohl anderer Meinung „gehört die Frage schon zum Spiel?" und ich sah ihn etwas entsetzt an. Er fiel mir mal wieder in den Rücken, so war zumindest gerade mein Gefühl. „Nee Marco, wenn schon dann richtig. Ähm ... Alex und ich fangen an" Marcel drehte sich Alex zu und sah sie richtig verliebt an, was sie erwiderte. „Du fängst an" flötete er ihr entgegen und sie straffte ihre Schultern „ok ... also, Wahrheit oder Pflicht?" Marcel wählte „Wahrheit" und ich schluckte, denn ich würde ganz bestimmt lieber die Pflicht nehmen.

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