Verloren und Gefunden 60

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Marcos Sicht

Aus dem Augenwinkel heraus sah ich Amelie an und überlegte die ganze Zeit was und wie ich mit ihr ein Gespräch anfangen könnte. Doch wir blieben beide Stumm. So ziellos wie unsere Gedanken waren, so fuhr ich kreuz und quer durch die Stadt. Die Sonne ging langsam auf und mein Magen knurrte leise. Ich dachte an die letzte Stunde zurück, seit ich Amelie endlich wieder an meiner Seite hatte.

Als ich in mein Auto stieg und die Adresse von Tom hatte, seufzte ich schwer und überlegte mir genau was ich als nächstes tun sollte. Mir fiel kein Richtig oder Falsch ein und ich versuchte einfach meinen Instinkt mich leiten zu lassen. Der Motor sprang an und ich fuhr vorsichtig aus der Parklücke raus, bog auf die Straße und hatte keine Ahnung wohin es ging.

Irgendwann erkannte ich die Häuser um mich herum und ich stellte fest, dass ich auf dem direkt Weg war zu Amelie. Wollte ich mir selbst etwa nicht eingestehen, dass sie wirklich bei Tom und nicht zu Hause war? Es würde mir sicherlich beim 2. Versuch immer noch keiner die Tür auf machen und doch musste ich es ein weiteres Mal testen. Es blieb erfolglos. Missmutig und auch etwas sauer, stieg ich wieder in meinen Wagen, kontrollierte ein weiteres Mal die Adresse und startete nach einer kleinen Ewigkeit den Motor.

Bei dem Haus von Tom endlich angekommen, zögerte ich ein weiteres Mal. Bei ihrem Zustand konnte ich nur hoffen, dass sie sich zu keiner Dummheit hat hinreißen lassen. Ich sah an dem Haus hoch und überlegte mir was ich tun würde, wenn ich sie gerade dabei erwischt. Ein Seufzen ging über meine Lippen und ich spannte mich an, dann stieg ich aus um den Weg anzutreten, in die Höhle des Löwen.

Der Schlagabtausch zwischen Tom und mir ging schneller als geplant und kaum hatte er den ersten Satz gesprochen, wusste ich, dass er mich anlog. Amelie war auf jeden Fall bei ihm und als er mir geradewegs mitten ins Gesicht erklärte, sie würde in seinem Bett liegen, wollte meine Faust nur noch in sein Gesicht. Wäre Amelie nicht von dem Sofa gefallen, wäre es bestimmt auch passiert. Wäre die Situation eine andere gewesen, hätte ich sie gerne direkt in meine Arme gezogen. Allein schon auf Grund der Erleichterung, die durch mich durch ging, dass sie nicht bei Tom im Bett lag. Doch dann setzte Tom noch einen nach und erwähnte einen Kuss.

Es wäre ein leichtes Gewesen das Gespräch zu finden und sei es einfach nur diesen Kuss zu nutzen. Amelie starrte immer noch zum Seitenfester raus und das Knurren meines Magens wurde immer stärker. Wir fuhren gerade in der Nähe des Trainingsgeländes vorbei und mir kam eine Idee. "Hast du Hunger?" fragte ich leise als wir an der roten Ampel standen. Sie sah nicht zu mir rüber, bewegte aber ihren Kopf in meine Richtung und nickte leicht. "Gut" sagte ich einsilbig und fuhr los als die Ampel umsprang. Zwei Kurven später bog ich auf den Parkplatz der Bäckerei und keiner von uns beiden wollte aussteigen. "Was ... also ... mhmm ... wollen wir rein gehen oder soll ich uns was holen?" wieder nur ein Nicken, was mich zum Schmunzeln brachte. "Also rein gehen und was holen?" Amelie sah diesmal mir ins Gesicht und biss sich leicht verlegen auf die Unterlippe "nein rein gehen, aber was holen wäre schön"-"sah mir was du willst"-"mir egal, ich nimm was auch immer du nimmst" lächelte sie vorsichtig und sah dann wieder zum Fenster rüber. Ich stieg schnell aus um meinen Hunger endlich befriedigen zu können.

Wenig später kam ich mit zwei Kaffee und belegten Brötchen beladen am Auto an und versuchte irgendwie die Tür aufzubekommen. Amelie half mir schlussendlich, in dem sie von innen öffnete. Leise bedankte ich mich dafür und gab ihr ohne weiteren Kommentar ihr Frühstück. Ich machte die Tüte auf, aus der ein verlockender Duft stieg und auf einmal war der Hunger weg. Amelie nippte vorsichtig von dem Kaffee und ich sah die Anspannung mit der sie den Becher festhielt. "Was meinte Tom mit dem Kuss?" platzte es aus mir heraus. Irgendwann mussten wir ja anfangen über diese verfahrene Situation zu reden, rechtfertigte ich es vor mir selbst. Doch eine Antwort bekam ich nicht, es herrschte weiter nur Stille. Ich sah sie an. Fuhr ihre Silhouette ab und konnte unter ihrer dünnen Haut am Hals den Puls sehen. Sie war so schön und mein Herz wollte nur sie. Niemals zuvor, wollte ich einen Menschen so sehr und sie war mir im Augenblick weiter entfernt als der Mond von der Erde. Langsam bewegten sich ihre Lippen, doch es kam keine Silbe aus ihrem Mund. Sie schloss ihn wieder und sah mich an. Unsere Blicke trafen sich und es ging mir durch und durch. Was hatte ich nur alles falsch gemacht? „Ich habe ihn geküsst" hörbar sog ich die Luft ein und wusste nicht wohin mit meiner Wut.

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Info am Rande ... es wird von dieser Geschichte heute und Sonntag einen Teil geben, Samstag fällt leider aus. Sorry! ♥

Bed-Time-StoryWhere stories live. Discover now