Schande

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Penny POV

Ich war gerade dabei, einen der Dorfbewohner von mir zu drücken, als ich Melodys Schrei hörte. Sie hockte vor Gereon und weinte bitter, da er ihr den Zopf abgeschnitten hatte. Sprich: Er hatte ihr ihre Kräfte geraubt.

Wütend ballte Mila neben mir ihre Hände zu Fäusten. ,,Ich mach dich alle, ich töte alles, das du liebst!", schrie sie und rannte in Windeseile die Treppe hinauf.

,,Mila! Nicht!", rief Noyan, der gerade einem verwirrten Dorfbewohner, den Mila zuvor geheilt hatte, aufhalf.

,,Das ist zu gefährlich! Nicht dass er dich hypnotisiert!", rief Bea neben mir und rannte ihr ebenfalls hinterher, um sie aufzuhalten. Kurz darauf geschah es auch schon, Gereon schuf einen Bann um sich herum, der wie eine Art blaues Flimmerfeld wirkte. Melody trat er mit dem Fuß achtlos von der Treppe. ,,So ein schwaches Mädchen, da habe ich mich wohl in dir getäuscht."

Mila versuchte zwar, das Flimmerfeld zu umgehen, doch es war zwecklos. ,,Vergiss es, das wird nichts.", murmelte Bea, als ich gerade auch zu ihnen auf den Treppenabsatz kam. Auch die anderen setzten sich zu uns und Mila legte behutsam einen Arm um Melody.

,,Sie haben dir deine Kraft geraubt, Melody. Aber das heißt nicht, dass du nicht auch weiterhin stark bist." Fiona klopfte ihr auf die Schulter, und Melody blickte zu uns auf. ,,Jetzt, Noyan. Wir müssen es jetzt tun."

Noyans Blick sprach mehr als tausend Worte. Es war soweit. Wir mussten den Zauber ausführen. Alle Dorfbewohner waren wieder bei Sinnen - Oder eben voller Liebe - und Gereon versteckte sich vor uns hinter diesem dämlichen Flimmerfeld.

Dina trat hervor und zeichnete mit einem Stück Kreide  etwas auf den Boden, das nach einer Art Pentagramm aussah. Bei genauerem Betrachten wusste ich dann allerdings genau, worum es sich handelte.

,,Jedes Sternzeichen tritt in das jeweilige Feld, dann können wir den Zauber ausführen. Und Noyan, du trittst in die Mitte.", erklärte Dina und stellte sich auf ein Symbol im Kreis, das das Symbol der Waage abbildete. Meins war etwa so groß, dass zwei Personen hineinpassten, genau richtig für Bea und mich. Alle anderen nahmen auch ihre Plätze ein und auch Melody bewegte sich zu ihrem Symbol.

Doch als ich einen Blick auf Elena warf, die ja noch den Körper mit Zelia getauscht hatte, wunderte ich mich. Zelia hatte mir ihr Wort gegeben, dass der Spuk bald ein Ende hatte. Warum war Elena dann immernoch in ihrem Körper?

,,Elena, was ist denn? Kommst du jetzt in den Kreis oder was?", rief Petra ungeduldig, während wir uns alle schon an den Händen hielten. ,,Ich... also...", murmelte sie nur und ich schluckte. Zelia musste die Wahrheit sagen, warum tat sie es nicht?

,,Ich muss euch etwas mitteilen...", fing sie an, doch dann ertönte auch schon ein fieses Lachen.
,,Gut gemacht, mein Sohn, versteckst dich hinter Mädchen. Es ist auch echt witzig, dass ihr dachtet, dass euer kleiner Hexenzirkel gut funktionieren würde." Ein lilaner Schatten ging von Noyans Vater aus, der uns plötzlich alle lähmte. Verzweifelt versuchte ich mich zu lösen und blickte in die Gesichter der anderen, die ebenfalls geschockt waren.

,,Dass er funktionieren würde, obwohl ihr eine Täuscherin unter euch habt." Er ging zu Elenas Körper und hielt ihr seine Hand unters Kinn. ,,Das ist Elena, die hat gar nichts damit zu tun!", sprach Noyan, der als einziger nicht gelähmt wurde.
,,Ich bitte dich mein Sohn, bist du wirklich so blind?"

Er wirbelte einmal mit dem Finger herum, ehe einige Funken um die beiden Körper auftauchten, und zwei Silhouetten auftauchten, die ihre Körper verließen und wieder in den richtigen zurückfanden.

,,Die Schlangenträgerin! Es ist mir wirklich eine große Ehre, sie mal kennenzulernen. Vor allem, weil ihr ohne sie euren dämlichen Hexenzauber längst hättet ausführen können. Doch sie hat euch die ganze Zeit hintergangen, indem sie mit der Krebsprinzessin die Körper getauscht hat. Wie niedlich."

Elena zückte direkt ihren Stab mit den Krebsscheren und wollte ihn von hinten angreifen, ehe er sie auch lähmte. ,,Zelia, es ist doch wahr, dass du ihre Mission manipulieren wolltest, ich lese es in deinen Gedanken."

Zelias Augen blickten zuerst zu Noyan, dann allerdings zu mir. Sie waren anders als sonst. Sie trugen einen Ausdruck voller Leid in sich, der mir plötzlich einen Stich ins Herz setzte. ,,Ja, das wollte ich." Geschockt weitete ich die Augen.

,,Anfangs wollte ich das. Aber dann habe ich gemerkt, dass erstens, Gereon ein Vollidiot ist, mit dem ich niemals etwas zutun haben wollen würde, zweitens, dass die Mädchen sich einfach so auf eine so gefährliche Reise begeben haben, nur um einem völlig fremden Gott zu helfen, der seine Heimat verloren hat, und dass sie alle eine wahre Freundschaft und sogar Liebe verbindet. Das sind alles Werte und Einstellungen, die ich nie vorher kannte. Die ich nie kennen konnte, weil sie mir nie vermittelt wurden.

Meine Eltern sind streng mit mir. Sie lassen mich nur große Taten vollbringen, sonst nehmen sie mich nicht ernst und sagen, ich bin des Throns nicht würdig. Und naja, die größte Tat ist es erstmal gewesen, den Schlangenträger zum Sternzeichen Nummer 13 zu machen. Und das war auch mein Wunsch, denn..."

Ihr Blick glitt wieder zu mir. ,,Ihr seid nie alleine. Ihr habt immer einander. Sobald jemand Hilfe braucht, habt ihr ein starkes Bündnis. Doch wir haben sowas nicht, wir sollten das laut Vorschrift nicht bekommen. Und das fand ich ungerecht.

Aber dann hab ich gelernt, dass ihr es akzeptieren konntet, obwohl ich eine miese Tat begangen habe, dass es nun 13 Sternzeichen geben sollte. Das hat mir Mut gemacht und mir gezeigt, dass ihr freundlich seid und vergebt. Besonders Penninah hat mir das gezeigt." Sie lief zu Elena. ,,Dann wollte ich auch was für sie tun, also kam so der Plan auf, dass ich ihr helfe, den Mann zu kriegen, den sie liebt, damit sie glücklich ist. Aber ich habe alles falsch gemacht und die Liebe einer anderen dafür komplett zerstört, indem ich ihren Körper stahl."

Sie nahm Elenas gelähmte Hand. ,,Ich habe keine Entschuldigung dafür. Mein Handeln war aus einer guten Intention heraus, ging allerdings voll in die Hose. Es tut mir leid."

Noyan schüttelte den Kopf und wirkte so, als müsse er erstmal darüber nachdenken. Doch mein Herz pochte. Es war überrascht von ihrer Ehrlichkeit, auch wenn sie mir die Story schon einmal erzählt hatte. Sie war gut. Sie war keine fiese Göttin, sie war nicht wie Noyans Vater oder Gereon. Das hatte sie bewiesen.

,,Und wenn du denkst, du könntest diesen Helden ein Haar krümmen, hast du dich gewaltig geirrt!" Auf einmal verwandelte sich die kleine Schlange auf ihrer Schulter in ein großes Zepter mit Schlangenkopf. ,,Beiß zu!", rief sie und lief auf Noyans Vater zu, der sie jedoch sofort abwehrte und schlussendlich auch lähmte.

,,Deine Freundinnen sind so ermüdend, Noyan." Er lief in die Mitte des Kreises und hob Noyans Kinn an. ,,Schließ dich mir an. Werde Teil des neuen, stärksten Bündnisses. Lass nicht zu, dass es bricht, mein Sohn."

Noyan sah ihn verbittert an und schnaubte. ,,Niemals." Sein Vater schüttelte daraufhin den Kopf und seufzte. ,,Du hast es so gewollt."

Kurz darauf bildete sich unter ihm eine Falltür und er fiel in ein tiefes, schwarzes Loch.

Kreischend versuchte sich Elena zu lösen. ,,Wo führt das hin???", rief sie, und Noyans Vater grinste. ,,In sein Verderben. Das überlebt er nicht."

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Der letzte SonnenstrahlWo Geschichten leben. Entdecke jetzt