Virginia - Auf der Suche nach Antworten

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Mein Weg führte mich nach meinem Besuch beim Advokaten Richtung Kirche. Somit hatte ich noch etwas Gelegenheit mir die Stadt etwas anzusehen.
Dieses leise Brodeln, diese aufkommende Frustration, war deutlich zu spüren. Wenn ich eine Beurteilung abgebe müsste, würde ich sagen, es hielt sich die Waage.
Hier und da schnappte ich leise Gespräche auf.
Die einen hofften auf die Unterstützung von King George und seinen Truppen damit alles besser würde.
Auf der anderen Seite standen die Patrioten, die sich immer mehr im Stich gelassen fühlten von der britischen Krone.
„Ihr seht auch wie so ein Freund der Krone aus!" pöbelte man mich von der Seite an, als ich gerade bei einem Geschäft innehielt und mir die Auslage ansah.
„Entschuldigung, wie war das bitte?"
„Ach kommt schon, ihr habt mich schon verstanden." der Herr war offensichtlich nicht auf Seiten der Briten.
Um einem Streit oder im schlimmsten Falle Handgemenge aus dem Weg zu gehen, erklärte ich, dass ich weder auf der einen noch auf der anderen Seite stand.
„Natürlich, Sir! Das ist ja auch am einfachsten. Immer dahin eilen, wo es sicher ist. So seht ihr auch aus, wie ein Feigling!" in seinen Augen blitzte es und seine Hand zuckte am Knauf seines Schwertes.

Gerade als ich ihm meinen Standpunkt noch einmal begreiflich machen wollte, möglichst ohne Einsatz meines Schwertes versteht sich, schob man mich zur Seite.
„Stanley, lass die Leute einfach in Ruhe und belästige sie nicht." ein anderer Mann stand jetzt neben ihm und hatte den Arm um seine Schulter gelegt.
„Ich hasse diese ..."
„Pssssssst ... red nicht weiter, du bringst dich wieder in die Zelle mit deinem Gerede!" widerwillig wurde dieser Stanley jetzt die Straße hinunter gebracht.
Mein Blick glitt über die Menschen um mich und sie alle drehten sich pikiert zur Seite und taten, als hätten sie gerade etwas wichtiges auf dem Straßenpflaster gefunden.
Ich ging grübelnd weiter.
Zum ersten Mal dachte ich über mein Auftreten, meine Kleidung und ähnliches nach. War es wirklich so offensichtlich, dass ich Brite war? Ich legte Wert auf meine Garderobe, aber was war so falsch daran. Oder war es vielleicht der einfache Neid, dass wir durch unser Geld besser gestellt waren?
Beizeiten werde ich mich mit Alex darüber beraten. Mich interessierte ihre Sicht auf diese Situation einfach.

Es war nicht schwer die Familie des Verstorbenen ausfindig zu machen. Das Haus war wirklich prächtig, gepflegt und beherbergte die Apotheke des Gatten im Erdgeschoss.
Da ich keinen anderen Eingang sah, betrat ich das Geschäft und sah mich einem kräftigen Herren gegenüber, welcher über einen Mörser gebeugt stand und etwas zerkleinerte.
Als er auf mich aufmerksam wurde, erhellte sich sein Blick.
„Was kann ich für euch tun, Sir? Ihr seht nicht krank aus." sein Akzent hatte diesen typisch schottischen Klang stellte ich lächelnd fest. Er behagte mir, weil Faith, wenn sie nicht auf ihre Aussprache achtete, durchaus auch darin sprach.
Wie ging es ihr eigentlich? Wir hatten eine Weile nichts voneinander gehört, ging es mir durch den Kopf.
Doch zurück zum schottischen Apotheker.
„Mr Cartrigde nehme ich an? Mein Name ist Haytham Kenway." ich verbeugte mich leicht.
„Ah, ihr seid der Herr, der meinen Schwiegervater gefunden hat, richtig? Habt ihr schon für Gerechtigkeit gesorgt?"
Verdutzt schaute ich ihn an.
„Wie meint ihr das? Die Herren, welche ihn auf dem Gewissen haben, weilen nicht mehr unter uns und ..."
„Das ist doch gut, dann können wir ja alle wieder in Frieden leben!" er klang erleichtert aber auch so, als wolle er damit das Gespräch und den Vorfall vor allem, unter den Teppich kehren.
„Ihr missversteht mich, ich versprach eurer Gattin mich um die Drahtzieher zu kümmern. Diesen haben wir noch nicht ausfindig machen können." erklärte ich ihm.
„Das solltet ihr lieber lassen." nuschelte er mit einem Male leise und sah sich um.
„Und warum sollte ich das?" musste man ihm alles aus der Nase ziehen?

„Ihr versteht nicht ..." er beugte sich vertraulich über den Tresen und winkte mich zu sich. „Mit diesen Leuten ist nicht gut Kirschen essen, wenn ihr versteht was ich meine. Mein Haus steht auf ihrer Liste, welches als nächstes dran wäre, sollte ich mich ebenfalls für einen Verkauf entscheiden." immer noch sah er sich ängstlich um.
„Mr Cartrigde! Genau deswegen bin ich doch hier! Ich möchte euch helfen, damit ihr keine Angst mehr haben müsst. Aber es wäre hilfreich, wenn ihr mir eventuell noch ein paar nähere Informationen geben könntet. Zum Beispiel an wen ich mich ... nun ja ... wenden könnte um den Kopf der Organisation zu finden." aufmunternd nickte ich ihm zu.
„Ihr wollt das wirklich wagen, Sir? Diese Männer sind gefährlich, wisst ihr?" natürlich waren sie das.
Nachdem ich ihm zig mal versicherte, dass ihm und seiner Familie nichts zustoßen wird, begann er mir von dem Besuch der Assassinen bei ihnen zu erzählen.
Sie hatten sich gar nicht erst die Mühe gemacht, sich zu verstellen, sondern sind gleich mit der Tür ins Haus gefallen.
Ein Verkauf an mich oder, wie man es nannte, ähnlichen Neureichen sollte nicht zustande kommen. Im Gegenteil, diese Herrschaften wollten sich als potenzielle Käufer aufstellen lassen. Dem Apotheker hatten auch andere Immobilienbesitzer berichtet, dass sie bedroht wurden.
„Master Kenway, ich bitte euch. Dem muss ein Ende gesetzt werden. Meine Frau ist außer sich und traut sich seit heute nicht mehr aus dem Haus. Wie sollen wir die Beerdigung ihres Vaters so veranlassen? Diese Leute werden uns sicherlich überall finden und auflauern, nicht wahr?" er hatte echte Angst und ich konnte sie ihm nicht gänzlich nehmen.
„Ich verspreche euch, ich werde mich um dieses Problem kümmern. Bis dahin, haltet euch bedeckt und passt auf eure Kinder auf." mehr konnte ich beim besten Willen gerade nicht machen.

Mit einem mulmigen und vor allem unbefriedigten Gefühl verließ ich die Apotheke. Jetzt war ich nicht wirklich schlauer als vorher. Einzig klar war, dass ich den Anführer ausfindig machen musste und das möglichst in kurzer Zeit.
Diese Bruderschaft arbeitet schnell und hatte wahrscheinlich auch schon Wind von ihren drei Brüdern bekommen.
Wie war das noch mal? Das Gebäude ist auf der anderen Flussseite und gleicht einem Lagerhaus, oder wie war das?
Warten konnte ich jetzt nicht auf meinen Partner, also musste ich alleine handeln, was mir nicht unbedingt recht war. Es ging aber nicht anders.
Die andere Flussseite bot ein etwas anderes Bild der Stadt und der Bevölkerung. Hier war mehr Handel und Lager angesiedelt, die Anlegestellen waren ein zentraler Punkt für die eigentlichen Händler.
Doch wie sah ein Büro oder Lagerhaus der Assassinen wirklich aus? Ab jetzt hieß es, Augen offen halten und den Blick nutzen.

Doch wie sah ein Büro oder Lagerhaus der Assassinen wirklich aus? Ab jetzt hieß es, Augen offen halten und den Blick nutzen

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Das Tagebuch des Haytham E. Kenway - Part 4Where stories live. Discover now