Frankreich - Die Besichtigung und ein Paradies

5 1 2
                                    

Anscheinend lässt mich Alex zu einem unverlässlichen Menschen werden. 
Beizeiten sollte ich meine Frau darauf ansprechen! Es bleibt nur
eine höfliche Entschuldigung meinerseits auszusprechen, dass ihr eure
Neugierde heute erst am Abend stillen könnt.

Ich konnte meiner Gattin heute ein wenig das Chateau näher bringen und
sie fand auch gleich ihr ganz persönliches Paradies. Lange ließ ich
sie aber nicht dort, weil mir ein ganz anderer Raum einfiel.
Ein Versteck, welches mir Reginald einmal gezeigt hatte, als er
der Ansicht war, ich wäre alt genug für die Wahrheit! Was man auch
immer unter seiner "Wahrheit" verstehen mag.

Diese Seiten überlasse ich euch um weiter in meinem Leben forschen zu können.

Viel Vergnügen dabei.
Hochachtungsvoll
Haytham E. Kenway


Kapitel 4

~~~ Die Besichtigung und ein Paradies ~~~


Wir gingen noch ein wenig weiter. Schließlich gab es hier noch mehr zu sehen.
Wir hatten damals einen Taubenschlag installiert und ich muss sagen, auch dort sah man die gute Pflege. Ebenso war der Pferdestall mit dem angrenzenden Fuhrpark gut in Schuss. Vielleicht könnten wir ein paar freie Minuten nutzen für einen Ausritt!
Ein Grinsen konnte ich mir nicht verkneifen, als ich meine Frau dabei ertappte, wie sie im Kopf ausrechnete, was dass alles kosten würde.
Ich konnte sie beruhigen, weil es fast selbsttragend war. Die Angestellten arbeiteten nicht umsonst, sie wurden unter anderem von dem Fond aus meinem Erbe mit finanziert. Außerdem war man hier Selbstversorger und konnte einige Waren auch auf Märkten verkaufen. Somit brauchte gerade Alex sich keine Gedanken über die anfallenden Kosten hier machen.

„Es ist wirklich wunderschön hier!" sagte sie leise, als sie sich weiter umsah. „Hast du eigentlich sehr viel Zeit hier verbracht, Haytham?"
Es waren etliche Jahre, wenn auch nicht immer durchgehend, weil Reginald und ich oft gemeinsam unterwegs waren. Später wurde ich auf eigene Missionen geschickt.
Auch berichtete ich nicht ganz ohne den Stolz von damals, dass ich hier angekommen mit meinen 11 Jahren keine Kindermädchen mehr hatte, sondern mir ein Kammerdiener zur Seite gestellt worden war. Bei diesen Worten huschte ein breites Grinsen über ihr Gesicht. Für meine Frau waren diese Bediensteten immer noch etwas eigenartiges, weil man in ihrer Zeit kaum Hilfe beim Einkleiden brauchte.
Als ich dann von meinem Training berichtete und das mit einer großen Portion Nostalgie in meiner Stimme, hakte sie nach. „Wenn ich ehrlich sein soll, man hat dich wirklich sehr gründlich ausgebildet. Wirst du auch Edward so intensiv unterrichten?"
Da gäbe es gar kein Vertun, natürlich würde ich ihn auf seine Aufgaben entsprechend vorbereiten. Doch schon sah ich, wie in Alex eine gewisse Angst vor zu viel Strenge aufstieg. Sie würde weiter lernen müssen sich anzupassen und auch weiter loslassen musste sie noch verinnerlichen. Ich würde ihr dabei aber zur Seite stehen!

Am Abend, als Edward im Bett war, ging ich mit meiner Frau in die hiesige Bibliothek um sie vom Gedanken an ihn und sein eigenes Zimmer abzulenken!
Was soll ich sagen? Es funktionierte.
Völlig fasziniert ging sie die Regale entlang, strich sanft über die Buchrücken und in ihrem Blick tauchte eine gewisse Verträumtheit auf. Ja, sie war in ihrem ganz eigenen Paradies. Ich glaube, ich erwähnte es schon einige Male. Mir war noch nie eine Frau begegnet, welche solch eine Liebe zu Büchern hatte und auch noch so belesen war. Ich beobachtete sie still eine Weile bei ihrer Erkundung.
Plötzlich schoss mir ein mehr als absonderlicher Gedanke durch den Kopf, welchen ich zwar schon des öfteren hatte, aber den ich nie bis zum Ende gebracht hatte.
„Hätte ich Reginald anders bestrafen sollen?" fragte ich jetzt ohne Umschweife. Dafür erntete ich eine hochgezogenen Augenbraue, es war ein sehr eigenartiger Themenwechsel, ich gebe es zu.
„Wenn ich ehrlich bin, ja, dass hättet IHR! Im Grunde hast du dich gerächt und soviel weiß ich über den Templerorden, dass DAS nicht zu den Lehren zählt. Auch wenn Reginald es verdient hat." Trotzdem gingen auch ihr jetzt weitere Überlegungen durch den Kopf bezüglich des Eingreifens in die Geschichte, die Rettung meines Vaters und ähnliches.

Das Tagebuch des Haytham E. Kenway - Part 4Where stories live. Discover now