Virginia - Dem Drahtzieher auf der Spur

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Kurz darauf hörten wir Schritte vor dem Eingang. Zögerlich wurde der Riegel angehoben und die Tür aufgeschoben.
4 in dunkle Mäntel gekleidete Personen traten ein. Man vernahm kaum einen Laut von ihren Bewegungen! Für den Bruchteil eines Moments ging mir wieder „Ninjas!" durch den Kopf. Oder waren es einfache Assassinen? Verzeiht, so war es nicht gemeint!
Ohne von uns Kenntnis zu nehmen gingen sie weiter ins Innere um sich umzusehen. Was uns die Gelegenheit verschaffte von hinten anzugreifen. War das aber nötig, noch hatten sie uns nicht angegriffen.
Rory deutete nach links und folgte den Herrschaften dort. Ich ging in die entgegengesetzte Richtung.
„Sie müssen doch hier irgendwo sein." flüsterte man sich zu.
„Wir sind jetzt schon so weit gekommen, wir dürfen einfach nicht versagen!" hörte ich den anderen ebenso leise sprechen.
Bevor ich jedoch bei ihnen war, drehten sie sich um und ich stand mitten im Gang des Stalles! Verdammt!
„Ah, wir müssen nicht weiter suchen!" rief der Herr vor mir und griff ohne weitere Ansprache an.

In meinem Rücken vernahm ich plötzlich auch Kampfgeräusche, also hatte man dort Rory auch bemerkt.
Dieser Kampf muss ich ehrlich gestehen, war herausfordernd. Die Männer waren hervorragend ausgebildet, ließen sich nicht in die Karten schauen und es war schwer den nächsten ihrer Schritte zu erahnen. Ich hatte meine Schwierigkeiten einen Rhythmus zu finden.
Die versteckten Klingen waren nicht ohne und im Doppelpack nicht zu unterschätzen! Ich besann mich auf mein Training und konterte den ein oder anderen Schlag!
Trotzdem wurde ich getroffen, nicht nur einmal!
Meine eigenen Treffer hielten sich leider in Grenzen.
Meine Frustration stieg und mit ihr erhob sich immer mehr Tyr, welcher mich verdrängte oder besser gesagt, er fusionierte mit mir.
Was ich nicht bedacht hatte war, dass man dieses Szenario auch von außen sah und die Angreifer beide mit großen Augen vor mir standen.
„Was ist das für eine böse Magie?" rief einer mit zitternder Stimme.
Ihre Angst tat ihrem Kampfgeist aber keinen Abbruch, soviel zum Thema gut trainiert.
Jetzt hatte ich aber auch eine weitere Verteidigung in mir und nutzte diese aus oder besser Tyr ließ sie mich nutzen. Langsam verstand ich auch Alex, welche ihre Vorfahrin gerne mit einbezog. Es war ein berauschendes Gefühl von Überlegenheit!
Stahl traf auf Stahl, ihre Armklingen prallten an meinem Schwert und meiner eigenen Klinge ab.

Sie griffen von oben gleichzeitig an, ich ging in die Knie und zog Klinge und Schwert durch ihre Körpermitte. Machte aber leider kaum Schaden, weil ihre Kleidung sie gut schützte.
Euer Mantel ist aus sehr festem Stoff gemacht.
Dieser Satz kam mir wie aus dem Nichts ins Gedächtnis. Damals im Fort George hatte Alex mich auf das Material meines Gehrocks angesprochen. SIE wusste schon damals, dass er anders als normale Uniformen gefertigt wurde.
Ich musste die Schwachstellen herausfinden. Am naheliegendsten waren die Beine! Einmal dort getroffen konnte ich sie auf die Knie zwingen und entsprechend ausschalten. Gesagt, getan!
So einfach machte man es mir aber nicht. Einer griff mich von der linken Seite an und durchtrennte beinahe die Halterung meiner eigenen Klinge. Reflexartig zuckte ich zurück und traf dabei seinen Kumpanen der sich von der anderen Seite versuchte an mich heran zumachen. Seine Wange war meiner Schwertschneide zu nahe gekommen. Pech für ihn, Glück für mich!
Etwas aus dem Kampf gerissen, sah ich meine Chance diesen Herren wenigstens noch weiter mürbe machen zu können.
Seine Schwerthand! Ich führte einen schnellen Streich mit meiner eigenen Waffe von links oben nach rechts unten aus, was einen unschönen tiefen Schnitt auf dem Handrücken hinterließ. Ein lauter Frustschrei und sein Schwert glitt fiel scheppernd auf den Boden.
Der andere Herr war aber keineswegs außer Gefecht gesetzt und befand nun, dass er seinen Freund rächen müsse, indem er mir seine Pistole an den Kopf hielt.

Jetzt war ich es, der irritiert dreinschaute.
Nein, ich würde mich sicherlich nicht ergeben.
„Und jetzt lass dein Schwert fallen!" weiterhin sah ich den Lauf der Pistole.
Langsam ging ich in die Hocke und legte mein Schwert ab, dabei warf ich einen Blick auf den Verletzten. Er war blass und hatte sich ein Stück Stoff seines Hemdärmels um die Hand gewickelt, aber das Blut tropfte unaufhörlich weiter. Von ihm ging jetzt keine Gefahr mehr aus und von Rory hörte ich beruhigende Geräusche eines Kampfes. Auch wenn es seltsam klingen mag, das war ein Zeichen, dass er noch am Leben war.
In meiner Position hatte ich die Gelegenheit meinen Dolch ungesehen aus dem Stiefel ziehen zu können. Damit versteckt in meiner Hand erhob ich mich wieder, lächelte den Mann vor mir an.
„Kluger Mann! Und jetzt reden wir!" sein anderer Arm wollte mich gerade herumdrehen und zum gehen bringen, als ich meinen Moment sah.
Meine linke Hand beförderte die heimliche Waffe hervor und schlug die Hand mit der Pistole zur Seite. Vor Schreck drückte der Angreifer ab und ich spürte wie die Kugel dicht an meinem rechten Arm vorbeirauschte.
So aus dem Gleichgewicht gebracht war es mir möglich ihn herumzudrehen und in den Schraubkasten zu nehmen mit dem Dolch an seinem Hals.
Schnaufend versuchte sein Freund ihn davon abzubringen, den Mund aufzumachen.
„Sag ... nichts!"

Plötzlich ertönte noch ein Schuss und ein lauter Schrei war zu hören. Dann herrschte Stille, bis auf das hektische atmen meiner beiden Herren hier.
Dann näherten sich schlurfende Schritte, eine Hand legte sich auf meine Schulter.
„Haytham! Ihr seid wohlauf und wie ich sehe, gibt es einiges zu klären." auch er hatte Probleme mit der Luft wie es schien. Rory widmete sich dem Verletzten und hievte ihn auf eine der umstehenden Kisten. Wir sahen die Schweißperlen glitzernd auf seinem aschfahlen Gesicht, die Ohnmacht war nicht mehr weit.
„Redet endlich und ihr könnt eurem Freund noch helfen!" ermahnte ich meinen Angreifer während ich die Schneide des Dolches fester auf seine Haut drückte.
Der Advokat zückte seine eigene Pistole und hielt sie ihm als zweite Warnung vors Gesicht.
„Sprecht!" schnaubte er, aber es kam kein Laut über die Lippen des Herren, lediglich schüttelte er seinen Kopf.
Rory sah mich an. Laufen lassen konnten wir sie nicht! Aber war es wirklich nötig sie umzubringen? Diese Zwickmühle war mehr als unangenehm, muss ich gestehen!

Doch nicht ich traf eine Entscheidung, es war Tyr der sich jetzt ins Spiel brachte und vor uns in Erscheinung trat. Seine leuchtende neblige Silhouette strahlte in dem etwas dämmrigen Licht hier drin und ließ den Herren vor mir erschrocken zusammenzucken.
„Was in aller Welt... ich dachte ... es seien nur Ammenmärchen ..." diese Stimme war plötzlich nicht mehr so selbstsicher wie vor wenigen Minuten noch, sie zitterte vor Angst.
„Wie ihr seht werden auch Geschichten einmal wahr und ich rate euch gut! Gebt Antwort!" die tiefe Stimme meines Gottes dröhnte bedrohlich in unseren Ohren.
„Ich ... wir ... der Meister hat ... uns den Auftrag gegeben. Eine Einigung ist ... keine Option für ihn und uns auch nicht! Bruderschaft und Orden können nie ... Frieden schließen! Ihr werdet hier ... keinen ... Unterschlupf für ... diese ganzen ... Heuchler und ... Verräter finden! ... Dafür werden wir ... sorgen..." ich wollte einen Namen haben!
„WER ist euer Mentor?" hakte ich lauter nach und hörte ein verächtliches Prusten.
„Der wird euch nicht ... weiterhelfen ..." fauchte er, während er sich weiterhin in meinem Klammergriff wand wie ein Aal.
„Doch, das glaube ich schon! Wir sollten ihm vielleicht einmal einen Besuch abstatten!" Rory war mittlerweile auch nicht mehr die Ruhe in Person, wie ich seiner Stimme entnahm.
„Er versteckt ... sich! Finden werdet ... ihn nie!" spie er japsend.
„Das ist nicht euer Problem. DER NAME!" brüllte Tyr ihn jetzt an und stand dicht vor ihm.
Wir sahen, wie die Hand des Gottes nach vorne fuhr und IN den Körper des Herren griff. Die Schmerzensschreie unterband ich indem ich ihm die Hand über den Mund drückte. „SPRECHT!" diese Worte waren nicht laut, aber sie drangen durch Mark und Bein.
Stotternd und schwer atmend versuchte er nun zu reden.
„Darijo Kovačić... sein Name ist Darijo Kovačić..." frustriert ließ er die Schultern hängen.
„Und wo finden wir ihn?" hakte Rory nach.
„Auf der anderen Flussseite ... unser Büro ... ist ein altes ... Lagerhaus." immer wieder holte er tief Luft.

Gerade als ich ihn loslassen wollte, riss er mit letzter Kraft meine Hand hoch und erdolchte sich im wahrsten Sinne des Wortes selber!
Der levantinische Weg ... 


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Das Tagebuch des Haytham E. Kenway - Part 4Where stories live. Discover now