Frankreich - Bragi und Idun

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Wir kamen auf die großen Fortschritte unseres Sohnes zu sprechen, welche im wahrsten Sinne des Wortes voran preschten in einer doch sehr hohen Geschwindigkeit.
„Es liegt noch ein weiter Weg vor ihm und auch vor euch. Aber das wisst ihr ja bereits." lächelte Idun uns nun an. „Aber wir sind ja eigentlich auch noch aus einem anderen Grund hier. Die Truhe ist heile hier angekommen, nehme ich an? Ich habe keinen Verlust spüren können." Laurette sprach etwas zögerlich.
Da konnte ich sie durchaus beruhigen! „Wohlbehalten steht sie im Arbeitszimmer, neben den anderen Waren. Außerdem wird sie bewacht, 4 Wächter wechseln sich ab, sie zu schützen." sagte ich nicht ganz ohne Stolz.
„Ich denke, wir werden uns nach dem Essen dem Inhalt widmen. Ich bin doch zu neugierig, wie es euch geht und es ist immer noch aufregend, euch beide nun endlich auch von Angesicht zu Angesicht sehen zu können." In dieser wohlklingenden Stimme hörte man eine leichte kindliche Aufregung, welche ihr aber sehr gut stand.
„Meine Frau hat mich die letzten Tage ganz verrückt gemacht. Sie wäre vermutlich schon vor Wochen in London erschienen, hätten uns nicht dringende Geschäfte aufgehalten!" lachte Bragi und sein Blick ging liebevoll zu seiner Frau.
Mir entwich ein leises Lachen, weil das vermutlich wieder nur einer Frau möglich war. Wie meiner eigenen zum Beispiel.

„Damit hat es noch etwas Zeit, Alex. Ihr müsst erst sicher wieder zuhause sein, dann können wir den Nachwuchs in Angriff nehmen. Und ihr seid übrigens nicht die einzigen die sich darauf freuen dürfen." grinste sie Alex an. Meine Frau hatte sich wohl noch nicht ganz verschlossen und an die Bemerkung gedacht, dass wir weiteren Nachwuchs bekommen würden. Aber Idun fuhr unbeirrt fort. „Fenrir und Brida werden nächstes Jahr mit einem Fohlen gesegnet sein, ihr seht, während eurer Abwesenheit sind keine großen Katastrophen passiert dort." Das waren wirklich großartige Neuigkeiten! Jetzt freute ich mich umso mehr darauf wieder nach Virginia zu kommen!

Um das Essen sacken zu lassen, gingen wir im Anschluss in den hinteren Park um uns die Füße zu vertreten.
„Wie ich gesehen habe, konnte Edward sogar schon kleinere Wunden heilen lassen?" sagte Madame Jomphe nachdenklich.
„Das stimmt, einen Wespenstich hatte er verarztet. Strengt ihn das aber nicht zu sehr an? Ich meine, er ist noch so klein und..." wollte ich wissen.
„Es strengt ihn an, auf jeden Fall. Aber genauso schnell erholt sich Edward dann auch wieder. Außerdem macht er es noch nicht ganz richtig, ich möchte es, auch wenn es ungerecht klingt, halbherzig nennen. Seine Fähigkeit zum Heilen ist noch unausgereift, aber meine Gattin arbeitet mit ihm. Euer Enkel hingegen ist mit seinen 22 Jahren vollständig ausgebildet und besitzt ein großes Wissen über den menschlichen Körper!" so erzählte Bragi uns nebenbei von Alexanders Werdegang.
Wie immer war das eine merkwürdige Vorstellung, dass unser Enkel bereits dieses Alter erreicht hatte und wir? Wir waren erst am Anfang unseres Weges!
„Franziska hingegen wird die Rolle der Diplomatin und Vermittlerin übernehmen, weswegen wir ihr alle dieses Sprachtalent gaben." verkündete Idun zufrieden und sah auf die gerade erst wieder gestutzten Buchsbäume. „Warum lasst ihr der Natur nicht einfach ihren Lauf?" fragte sie plötzlich gedankenverloren, während sie über die Blätterstrich.
„Ich brauche eine gewisse Ordnung und Struktur... es sind andere Dinge, welchen wir ihren Lauf lassen." versuchte ich mich zu erklären.

Mit einem Male stand ich mit Idun selber in einer Art Urwald, Wildnis oder Wald. Ganz genau vermag ich es nicht mehr zu beschreiben.
„Sieh dir die Vegetation an, Haytham. Siehst du die Wege? Siehst du, wie sich die Äste strukturiert ihre Bahnen erkämpfen und sich ihren Platz sichern in der Natur? Schau, die Tiere selber folgen diesem inneren Ruf, welcher nicht von den Menschen kommt. Er ist in ihren Genen, ihren Sinnen! Alles was du siehst und du dir denkst, es würde keiner Ordnung folgen, tut es dennoch! Lass diese Dinge einfach zu und ich weiß, es gibt Kleinigkeiten welche euch repräsentieren und die geordnet und sauber sein müssen. Dem Rest aber... gib Mutter Natur die Chance sich zu finden..." hörte ich die leise und liebevolle Stimme von Mutter Idun!
Ich sah mich sprachlos um, weil es einfach ein wunderschöner Anblick war. Es gab eine Ordnung, wenn auch recht versteckt. Aber man nahm sie wahr, wenn man sich damit beschäftigte und es zuließ zu sehen!
Langsam schritten wir zwischen den Bäumen, Sträuchern, Tieren und Insekten hindurch. Bahnten uns unseren eigenen Weg und mir wurde erneut bewusst, dass auch ich noch einiges mehr zu lernen haben würde.
Nach und nach verschwand die grüne Wand aus Blättern um uns und ich stand mit Laurette wieder im Park beim Chateau.
Ich sah mich nach meiner Frau um und bemerkte ein seliges Lächeln in ihrem Gesicht. Hatte sie das gleiche gerade gesehen?
„Ihr habt es verstanden, das freut mich." sprach Idun leise neben uns.

Es war an der Zeit, dass man zum geschäftlichen Teil überging. Wenn ich ehrlich sein soll, auch ich wollte mehr über die Runentruhen erfahren!
Als diese auf dem Tisch stand, holte Yves einen dieser formbaren Schlüsseln aus seiner Rocktasche und öffnete den Deckel.
Auf den ersten Blick sah ich nichts spektakuläres. Vermutlich lag es auch nur daran, dass ich nicht wusste, worauf genau ich achten musste.
Dort drinnen lagen Papiere, Papyrusrollen, alte Bücher mit passendem veraltetem Schreibzeug neben einem großen Stapel Briefen, welchen sich Idun nun zur Brust nahm.
„Da sind sie ja. Briefe von Karl V. !" Wieder lag in dieser Stimme diese kindliche Freude und ließ mich schmunzeln.
Ich warf einen Blick über ihre Schulter darauf. Sie waren alle in spanisch verfasst und ich erhaschte ein paar Zeilen, wurde aber aus ihnen nicht schlau. Dieser spanische Herrscher hatte von 1540 bis ungefähr 1544 Krieg gegen Frankreich bis zum Sieg geführt. Es ging in einem Brief zum Beispiel um seinen Leibdiener, welchem ein Teil seines Lohnes aberkannt werden sollte.
Neben mir sah ich Alex' fragendes Gesicht.
„Oh, ich verstehe. Es geht hier um seine irdischen Dinge, welche in Frankreich verblieben sind. Seht, hier steht eine kleine Liste von Dingen, welche sein Leibdiener erstellt hatte, damit man ihm diese von seinem Lohn abziehen konnte." erklärte man ihr jetzt.
Laurette las nun ein paar Zeilen laut vor, in welchen es um ein kunstvolles Rasiermesser mit Elfenbeingriff ging. Hatten wir nicht auch so eines auf unserer Liste?
Gerade als Alex zu „Madame Jomphe..." ansetzen wollte, bat diese darum, sie doch Laurette zu nennen. Ich ging derweil um unsere Artefaktenliste zu holen.

Gerade als ich wieder zurück kam, hörte ich noch „Wohingegen der Einfluss dieser Vorläufer eher eines elektrischen Impulses gleichkommt." Mein Finger deutete auf das besagte Rasierwerkzeug.
„Es gibt Sachen, bei der Suche können wir euch gar nicht helfen, weil es schlichtweg nicht in unserer Macht liegt. Es übersteigt sogar unseren Horizont, wie ihr Menschen so gerne sagt. Aber wir werden unser Bestes tun, um euch Hilfestellung zu geben. Bis dahin wisst ihr ja jetzt, wo ihr dieses Barbier-Werkzeug finden könnt." ich sah fragend zu Bragi. Frankreich war jetzt nicht besonders klein, wo sollten wir also anfangen zu suchen?
Alex jedoch war auch darauf gekommen, dass vermutlich Paris gemeint war, weil Karl dort zuletzt sein Lager hatte. Vermutlich in einer der vielen Kasernen, wenn sie noch stehen. Leider entzog sich das meiner Kenntnis, ich wusste nur von Zweien. Eine mittig der Stadt und eine, die weit außerhalb lag und laut Aussage von einigen Templerbrüdern fast völlig zerstört war.
Wir berieten jetzt, wo man eventuell ansetzen könnte. Besahen uns die einzelnen Unterlagen noch einmal und durchforsteten einige Karten, welche bei den Briefen zu finden waren.
„Das ist wie die Nadel im Heuhaufen suchen..." seufzte Alex neben mir und kicherte in sich hinein. Heuhaufen ... Assassinen ... Meine Frau hatte mitunter seltsame Gedankengänge.

Am Boden der Truhe sah ich einen goldenen Gegenstand. Aber erst als Bragi ihn herausholte und gegen den Schein einer Kerze hielt, sah ich, dass es eine Krone war. Es war schon dunkel? Das hatte ich gar nicht im Eifer des Gefechts bemerkt.
„Diese Krone gehörte Guthfrith von Ivar, das geht aus den anderen Schriften in der Truhe hervor." (Guthfrith - nicht ganz offiziell! Link in der Beschreibung) erklärte Yves ehrfürchtig und betrachtete sie genauer. Die einzelnen Edelsteine schienen immer nur kurz aufzuleuchten und dann wieder verdunkelte sich ihr Schein.
Alex aber konnte ihre Neugierde nicht zurückhalten und streckte ihre Finger danach aus!
Plötzlich stand sie stocksteif hier im Raum, leichenblass und sah erschrocken in meine Richtung!

Alex aber konnte ihre Neugierde nicht zurückhalten und streckte ihre Finger danach aus!Plötzlich stand sie stocksteif hier im Raum, leichenblass und sah erschrocken in meine Richtung!

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Das Tagebuch des Haytham E. Kenway - Part 4Where stories live. Discover now