Kapitel 61 - die Lüftungen

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Völlig abrupt hört die Musik auf, ich kann mich nicht bewegen und sitze einfach nur sprachlos auf dem Dach. Ich möchte einfach drauf los reden, Eddie sagen wie gut er war, wie beeindruckend. Ich möchte mich bedanken, dabei weiß ich gar nicht ob das angebracht ist, aber ich komme sowieso zu nichts. Dustin zieht mich brüllend und panisch an meinem Handgelenk hinter sich her in den Wohnwagen-weg von den bestialischen Fledermäusen- sodass ich keine Chance kriege auf Eddie zu zu gehen. 

"(Y/N), bist du wahnsinnig geworden?!"Ich weiß nicht genau wie, doch als ich unsanft auf dem harten Flur aufkomme, weiß ich, dass Dustin es irgendwie geschafft haben muss, mein Leben gerettet zu haben. 

Nach einigen Sekunden reicht mir Eddie mit sorgerfüllten Augen die Hand, um mir hochzuhelfen, doch anstatt Dustin zu antworten falle ich dem anderen Lockenkopf in die Arme. "Das war...perfekt!" Ich spüre ganz leicht, wie sich seine Lippen auf meiner Schulter zu einem Lächeln formen. Er würde bestimmt etwas erwidern, hätte das laute klopfen an den Wänden ihn nicht unterbrochen. Ich zucke kurz zusammen und wir greifen allesamt instinktiv nach unseren Waffen.

Einige Momente lang hält der Lärm ununterbrochen an, legt sich dann aber. Wir stehen dennoch Rücken an rücken, um im Falle des Falls nicht überrascht zu werden. Ab und zu hört man, wie scharfe Krallen schleichend über das Dach gleiten, aber mehr ist nicht wahrnehmbar. Ich stoße Eddie sanft mit dem Ellenbogen an. "Das Lied war wundervoll.", flüstere ich so leise, dass ich nicht einmal Ärger von Dustin kriege, dabei hätte ich ihn ehrlich gesagt ohnehin nicht ernst genommen.

"Danke, my Lady.", seine Stimme ist so sanft wie zuvor, doch um einiges heiserer. Er scheint wirklich aus vollem Hals gesungen zu haben. "Es ist nur für dich, weißt du?"

"Ich weiß." Meine Mundwinkel schießen ein Stück nach oben. "Danke."

"Ich hab dir zu danken."

Ein erneutes Trommeln lässt mich erschrecken. Ich drehe mich zu der Richtung, aus der das Geräusch kam und erblicke eine winzige Lüftung, welche mir eine Gänsehaut verleiht. Doch nicht die kribbelnde, wohlige wie bei Eddie, nein. Es ist pure Angst. "Da kommen sie nicht durch, richtig?" Meine Stimme zittert und als ein kleiner Fledermaus Kopf die Decke durchbricht, gefriert mir jegliches Blut in den Adern. Während die beiden Jungs schreiend, unverständliche Flüche kreischend auf die Monster einstechen, durchsuche ich meinen Kopf nach einer zündenden Idee, denn so kommen wir nicht weit. Schnell greife ich mir eines der rumliegende Schilder und schubse Dustin ein Stück zur Seite, um keuchend die Metallnägel ins Dach zu rammen, wo sie glücklicherweise stecken bleiben. Der Eingang ist verschlossen.

Völlig außer Atem taumle ich ein wenig zurück, nur um mit dem Rücken gegen Eddies zugegebenermaßen verschwitzte Brust zu laufen. Fassungslos und noch ein wenig unter Schock legt er mir seine Hände auf die Schultern und zieht mich noch näher zu sich, sonst wäre ich womöglich umgefallen. "Oh fuck... war das knapp." Ich lasse erschöpft meinen Kopf in den Nacken fallen. "Gut gemacht, (Y/N)." Es ist ungewohnt, meinen richtigen Namen aus seinem Mund zu hören, doch es bringt mein Herz zum Rasen.

"Ja, das war gut...", auch Dustin steht noch unter Schock, aber sein Gehirn scheint trotzdem schneller zu schalten als unsere: "Gibt es noch einen Lüftungsschacht?"

Verdammt.

Panisch rennt Eddie in einen anderen Teil des Wohnwagens. Als ich mich wieder gefangen habe folge ich den beiden Jungs, aber es ist zu spät. Dutzende Monster preschen ins Zimmer. Sie kreischen ohrenbetäubend und riechen nach Verwesung, sodass ich mich bei meiner Flucht noch mehr beeile. Wir rennen unfassbar schnell zurück in den Flur, ich und Eddie stemmen uns mit aller Kraft gegen die von Ranken überwucherte Tür in der Hoffnung es könnte uns ein wenig mehr Zeit verschaffen. "Dustin, bitte beeil dich!" Meine Arme beginnen taub zu werden, sodass es einer unfassbaren Erleichterung gleich kommt, dass er sich dies nicht zweimal sagen lässt. Ich werfe einen flüchtigen Blick über die Schulter. Hektisch greift er nach dem Seil und zieht sich so sportlich hoch, wie ich es nie erwartet hätte. Interessant, was Adrenalin alles bewirken kann...

Als ich höre, wie Dustin auf der anderen Seite aufkommt, werfe ich Eddie einen vielsagenden Blick zu. Dank meiner Hand schaffe ich es noch immer nicht alleine auf die andere Seite zu kommen und er weiß das auch. Eddie nickt mir mit zusammen gepresstem Kiefer zu, was ich als Zeichen verstehe zum Tor zu sprinten. Kurzerhand folgt er mir und macht eine Räuberleiter, sodass ich nahezu ohne großartige Anstrengungen auf die andere Seite gelange. Dustin federt meinen Aufprall ein wenig ab, dann stehe ich so schnell wie möglich auf, um Eddie platz zu machen. Jede Sekunde die er dort verbringt ist eine zu viel, viel zu viel, aber er macht keine Anstalten sich hochzuziehen. "Eddie, verdammt beeil dich!" Die einzige Antwort ist ein unentschlossener Blick. Er lässt langsam das Seil los und ich ahne was er vorhat. Bitte nicht... "Eddie, hör auf! Komm zu uns!"

"Eddie! Was tust du da?!", wir schreien beide gleich verzweifelt, doch anstatt sich zu besinnen greift er sich einen der verbliebenen Speere um damit die zusammen geknoteten Bettlaken zu durchtrennen. Der Stoff fällt sanft und langsam in meineHände, jegliche Rückkehr ist ausgeschlossen. 

Ich spüre wie sich mehrere Tränen in meinen Augenwinkeln bilden, als ich den Umfang seiner Taten begreife. Eddie möchte sich opfern, sich in Gefahr bringen und somit die Fledermäuse weiterhin ablenken. Nur damit der Plan nicht scheitert, um uns zu retten, uns alle. Die gesamte Welt. Mit einem letzten flehenden Ausdruck sehe ich in Eddies funkelnde Augen, versuche ihn umzustimmen. Vergeblich.

Er formt seine Lippen zu einem Kuss und ich halte meine Emotionen nicht länger zurück, schluchzend sinke ich in die Knie. "Ich verschaffe uns Zeit.", sind die letzten Worte, bevor er aus meinem Blickfeld verschwindet.

Stranger Things | Das wird unser Jahr | Eddie x Reader x SteveOnde as histórias ganham vida. Descobre agora