37. Rapunzel will nicht

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„Endlich!", rief Maurice erleichtert aus, als er den Motor abstellte und sich erstmal ausgiebig streckte. Die Uhr schlug kurz vor sechs, doch die Sonne dachte nicht einmal daran, etwas schonender auf uns herab zu strahlen. Dennoch war ich – wie die Jungs – einfach froh, in Mailand angekommen zu sein, um hier ein wenig zu entspannen. Natürlich hatte ich als Beifahrerin so gut wie nichts gemacht außer mich rumkutschieren zu lassen, doch einige Stunden nur sitzend und innerlich gestresst zu verbringen, war verdammt anstrengend.

Wir standen auf dem Parkplatz eines von außen recht simpel wirkenden Hostels, das sich reHostel nannte. Das klang für mich mehr als super, denn meiner Meinung nach wurden viel zu viele Dinge weggeschmissen oder gar verschrottet, obwohl sie noch zu gebrauchen waren – auch wenn man die Gegenstände erstmal umfunktionieren und umgestalten musste. Ich war gespannt, wie die Inhaber des Hostels das umgesetzt hatten.

Rasch schnappten wir uns unsere Taschen und passierten das Foyer, welches dem Hostel schon alle Ehre erwies. Die Theke der Rezeption war aus Europaletten gebaut worden und mit einer bunten LED-Leiste unter der Tischplatte versehen. Die Wand dahinter war verputzt worden und die Buchstaben des Hostelnamens waren als Moosbilder in beträchtlicher Größe montiert worden, wodurch das Raumklima naturgemäß aufgefrischt wurde. Von der Decke hingen mehrere Lampen aus Flaschen in den unterschiedlichsten Marken, Formen und Farben, an denen teilweise noch die Etiketten festklebten. Der Boden war einfach gehalten mit einem feinem Sichtestrich, der zusätzlich mit ein paar Richtungsanzeigen versehen war.

Schaute man den Gang hinunter, führte der Korridor an den Treppen und Aufzügen vorbei direkt in einen großen Raum, der wohl die Lobby und Gemeinschaftsküche beherbergte. Zumindest konnte man von meinem Standpunkt aus bunt bemalte alte Weinfässer, Reifenstapel oder abermals Europaletten sehen, die zu vielfältigen Sitzmöglichkeiten umgebaut worden waren. Den Raum würde ich mir definitiv genauer ansehen – vielleicht konnte ich mir ja die ein oder andere Idee abschauen.

„Herzlich Willkommen im reHostel", begrüßte uns die Rezeptionistin fröhlich auf englisch. Sie war so leger mit ihrem Oversize-Hoodie und den Leggings gekleidet, als wäre sie selbst Gast hier. „Wie kann ich euch helfen?"

„Hi", ergriff Maurice selbstsicher das Wort und stütze sich mit dem Unterarm auf der Theke ab, während er auf uns zeigte, als er sprach. „Wir sind auf der Durchreise und würden gerne wissen, ob Sie noch vier Betten für die Nacht frei haben?"

Romina – der Name stand zumindest auf dem selbstgebastelten Schildchen an ihrem Hoodie – grinste und strich sich eine helle Haarsträhne hinters Ohr, die ihr aus dem Messiedutt gerutscht war. „Na klar! Ich kann euch beispielsweise noch freie Betten in einem Schlafsaal von acht Betten anbieten, den ihr euch mit zwei weiteren Jungs teilen müsst, oder ein Schlafsaal von zwölf Betten, bei dem noch sieben Gäste heute Abend anreisen werden. Dann stehen noch Schlafsäle zur Verfügung, die jedoch nach Geschlechtern getrennt sind. Ansonsten kann ich euch noch Privatzimmer von bis zu vier Betten anbieten. Die sind dann aber deutlich teurer."

„Wie teuer sind denn die verschiedenen Zimmer?"

„Die Betten in den Schlafsälen liegen bei 24 Euro pro Person und die Privatzimmer kosten 80 bis 140 Euro, je nach Ausstattung und Personenzahl."

Maurice sah uns fragend nacheinander an. „Wäre Schlafsaal in Ordnung für euch? Die sind günstiger und wir wären auch alle zusammen."

Eigentlich hatte ich absolut kein Problem damit, mir ein Zimmer zu teilen, aber entweder mit sieben völlig fremden Personen oder nur mit Jungs verunsicherte mich dann doch ein wenig. Henry wandte sich lächelnd zu mir.

„Eigentlich bin ich kein Fan davon, mir mit fremden Personen ein Zimmer zu teilen, aber wenn dir das finanziell lieber ist, können wir das gerne machen", sagte er und rieb sich verlegen den Nacken. „Die Entscheidung liegt bei dir, womit du dich am wohlsten fühlst."

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