33. Karate Kid

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Sackgasse.

Verflixt, wir waren falsch abgebogen! Ich wollte mich schon umdrehen und einen anderen Weg einschlagen, doch es war zu spät – die Typen bogen gerade in die Gasse ein, in der Henry und ich uns in direkt die Falle begeben hatten.

„Scheiße!", fluchte Henry und blickte sich hastig in der Hoffnung um, doch noch im letzten Moment den perfekten Ausweg für uns zu finden. Doch da konnte er lange suchen, denn wenn einer der Hauswände keinen Zugang zum Gleis Neundreiviertel bot, dann führte der einzige Ausweg direkt an unseren Verfolgern vorbei. Ich schluckte hart.

„Was machen wir denn jetzt?", fragte ich, was eigentlich eine ziemlich dämliche Frage war, denn es gab prinzipiell absolut gar nichts, dass wir tun konnten. Und das nur, weil Henry die Kerle bei etwas erwischt haben musste, was nicht für fremde Augen bestimmt gewesen war. So ein Mist!

„Shit, November, das tut mir so leid", murmelte Henry vor sich hin und griff sich verzweifelt in die Haare, weil er keine Lösung für unser Problem fand. So aufgebracht hatte ich ihn noch nie gesehen und um ehrlich zu sein machte mir das Angst. Bisher hatte er immer die Ruhe bewahren können, wenn etwas nicht nach Plan gelaufen war – und wenn selbst Henry so voller friedloser Verzweiflung war, dann waren wir richtig am Arsch. „Ich habe keine Ahnung, ich habe sie nur durch Zufall in dieser Straße gesehen, wie sie einen anderen Typen verprügelt haben. Fuck, ich hätte nicht in deine Richtung laufen sollen, um dich nicht mit reinzuziehen – es tut mir so leid, November. Shit, shit shit!"

„Wie nett, dass er uns auch gleich seiner Freundin vorstellen will", unterbrach ihn der Typ, der einen schwarzen Hoodie trug, auf Französisch. Seine Kameraden lachten, als hätte ihr Freund einen besonders lustigen Witz gerissen. „Ich bin mir sicher, er wird freiwillig kooperieren, wenn er seine Freundin schützen will. Wie heißt es so schön? Doppelt gemoppelt hält besser."

„Scheiße, ich verstehe kein Wort!", fluchte Henry. Sein Blick fiel auf mein entsetztes Gesicht. „November, was ist los, was haben sie gesagt?"

„Ich glaube, der Typ, den die vorhin verprügelt haben, wird heute nicht ihr einziger Ersatz eines Boxsackes bleiben", wisperte ich. „Wir sitzen ganz schön tief in der Scheiße. Meinst du, wir schaffen es an ihnen vorbeizulaufen?"

„Die sind zu dritt, November!"

„Ein Versuch ist es wert." Wir mussten es einfach versuchen, wenn wir nicht als entstellte Prügelknaben nach Hause kehren wollten!

„Das ist zu riskant. Die Gasse ist zu eng, wir sollten ihnen klarmachen, dass wir nicht vorhaben zur Polizei zu gehen."

„Dann mal viel Spaß, du Verhandlungsprofi. Dann lassen sie uns bestimmt sofort gehen", zischte ich. Das war wahnwitzig! Die Typen sahen nicht so aus, als wollten sie nett Kaffee trinken und sich mit einem ordinären Wir-werden-schon-nicht-zur-Polzei-gehen-wenn-ihr-uns-gehen-lasst-Geschwafel abspeisen lassen.

„Aber wir sollten nicht zu hart mir ihr umgehen, sie ist eigentlich recht hübsch", sinnierte Hoodie-Guy, ehe er sich zu seinem Kumpel mit den langen Haaren wandte, die er zu einem Knoten im Nacken gebunden hatte. „Du kümmerst dich um sie. Wenn sie sich benimmt, darf sie nur zuschauen."

Henry schien zumindest die Pronomen verstanden zu haben, denn plötzlich schob er sich schützend vor mich und rief ihnen mutig auf Englisch zu: „Meine Freundin lasst ihr in Ruhe, sie hat nichts damit zu tun!"

Der Bastard lachte. „Ihr seid nicht einmal Franzosen und stellt auch noch Forderungen. Pass mal auf, du Arschloch, deine Freundin steckt jetzt mit drin, ob es dir passt oder nicht. Aber ich versichere dir, wenn sie brav ist, wird ihr nichts zustoßen. Dann lernt sie von deiner Lektion mit, denn offensichtlich weißt du nicht, dass es Gegenden gibt, in denen Touristen sich nicht aufhalten sollten."

Alle Wege führen nach RomWhere stories live. Discover now