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(TW/ Erwähnung von Sexuellem Missbrauch/ Selbstverletzung/Suizidgedanken/Suizidwünschen)

Völlig erschöpft stemme ich mich an der Wand hoch und schaue auf die große Uhr im Park und sehe, dass ich noch drei Minuten habe, bis die Gruppentherapie beginnt. Verzweifelt und emotional ausgelaugt mache ich mich auf den Weg zu dem Raum.

Ich weiß immer noch nicht, was das bringen soll. Ich sitze hier seit 2 Wochen, zwei mal die Woche und habe noch nie ein Wort gesagt. Immer nur zugehört. Es hat niemanden zu interessieren, wieso ich hier bin.

Immerhin sind heute neue Leute da, sodass wir insgesamt nun 12 Teilnehmer sind. Wie immer nehmen wir uns einen Kissen und setzen uns auf den Boden. 

Die Leiterin, Dr Lought kommt hinein und setzt sich zu uns in den Kreis.

"Wie ihr seht, haben wir zwei neue Personen in unserem Kreis. Wollt ihr euch vorstellen?"

Die eine Person, ein junges Mädchen, vielleicht 16 sitzt zusammengekauert auf ihrem Kissen und scheint nicht antworten zu wollen. Ein etwas älteres Mädchen, um die 20, ergreift stattdessen das Wort.

"Äh ja Hallo, ich bin Klaire und leide unter Leukämie und werde bald meine Mutter im Himmel besuchen können. Ich bin eher kein Patient hier, sondern möchte euch Mut machen, euer Leben so zu leben, wie ihr es möchtest, und vor allem so lange ihr es noch könnt. Ich möchte kein Mitleid mit euch, ich möchte euch nur sagen, dass ich für euch da bin, wenn ihr reden möchtet. Ich gebe weiter an Dr Lought"

"Vielen Dank Klaire, wie ihr wisst, wollen wir über eure Fortschritte und Erfolge in dieser Woche reden. Möchte jemand anfangen? Wenn nicht, machen wir es nach der Reihenfolge."

Jeder, der sich gemeldet hat, ist dran gekommen. Jetzt schauen alle auf mich. Nur mich. Alle blicke liegen auf mir. 24 Augen liegen auf mir Ich fühle mich gefangen. Ich kann dieser Situation nicht entkommen. Mein Körper fängt an zu zittern.

"Tut mir leid", und mit diesen Worten gehe ich aus der Türe und lasse mich mitten im Gang an der Wand herunter gleiten und fange an zu weinen. Diese Situation hat mich überfordert. Das ist zu viel für mich. 

Ich höre, wie die Türe aufgeht, nehme allerdings die Person nicht war, die sich gerade zu mir herunter beugt. Erst als sie mich anspricht, lasse ich mein Blick hochgleiten.

"Hallo Harry, ich bin Klaire, kannst du mich einmal anschauen?"

Ihre liebliche Stimme, beruhigt mich ein wenig. Langsam und mit Kontrolle gleitet mein Blick hoch. Ich nicke und lege mein Kinn auf meine Knie, sodass ich sie weiterhin anschaue.

"Möchtest du mir erzählen, wieso du gegangen bist?"

"Es war zu viel. Alle M-Menschen haben mich angeschaut. Sie wollten alle etwas von mir. Das hat mich an meinen Job erinnert. I-ich bin ein Nichtsnutz, kann niemanden das geben, was er möchte. Ich habe sowohl Sie, als auch Dr Lought wieder enttäuscht." Ich spreche leise, so dass nur sie mich versteht. Tränen quillen mir wieder aus den Augen. Mit Absicht lasse ich sie heruntergleiten, wische sie nicht auf, bevor sie auf den Boden fallen.

*  *  *

Wir haben noch ein wenig geredet, eigentlich hat nur sie geredet und mich ermutigt, an der Sporttherapie teilzunehmen. Nachdem ich auch diese geschafft habe, gab es für mich Mittagessen und eine Mittagspause bis 16.30Uhr. 

Im Moment stehe ich vor dem Büro von Dr Harris. Meine zweite Einzeltherapie steht an. Innerlich habe mich mich beruhigt. Der Aussetzer bei der Gruppentherapie ist vergessen. 

Nachdem ich angeklopft habe, mache ich die Türe auf und lasse mich wie vor ein paar Stunden schon auf den Stuhl fallen.

"Hallo Harry, bevor wir starten, möchte ich dich wissen lasse, dass ich es mitbekommen habe, was vorhin bei der Gruppentherapie passiert ist. Das ist absolut nicht schlimm, wir arbeiten daran und dann klappt das auch. Also mach dir deswegen keine Vorwürfe. Okey, so viel dazu, wollen wir dort weiter machen, wo wir vorhin aufgehört haben?"

Desaster {Larry Stylinson FF}Where stories live. Discover now