Teil 99

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Sofy

Es war mitten in der Nacht, als ich wach wurde. Wincent lag neben mir und schlief tief und fest. Ich selbst war so wach, dass an weiterschlafen nicht zu denken war, ich hatte mich wohl ausgeschlafen. Um WIncent nicht zu wecken, befreite ich mich höchst vorsichtig aus seinem Arm. Schnell angelte ich mir sein T-Shirt, welches auf dem Boden lag, und zog es über. Zusätzlich griff ich mir eine Decke und ging dann leise nach draußen, um mich einfach in den Sand zu setzen und die Sterne betrachtete. Das hier war der perfekte Ort, über alles in meinem Leben ganz in Ruhe nachzudenken. In der letzten Zeit war so viel passiert. Viel Schönes, aber auch viel nicht so Schönes. Am meistens beschäftigte mich nach wie vor, das zerrüttete Verhältnis mit meiner Schwester, obwohl ich das offen wohl nie zugeben würde. Es tat einfach weh. Wir waren nie in einer so engen Verbindung wie mein Bruder und ich, aber wir hatten eigentlich nie so richtig Streit gehabt. Klar, als ich mich gegen Jura entschied, war sie sauer. Und seitdem war es immer schlechter geworden zwischen uns. Dabei wollte ich doch nur ein gutes Verhältnis zu ihr. Sie war doch meine Schwester. Sollte man in einer Familie nicht eigentlich zusammenhalten? Füreinander da sein? Wieso konnten wir das nicht? Wieso musste es bei uns so sein, wie es war? Und während ich mir so sehnlich ein gutes Verhältnis zu meiner Schwester wünschte, wusste ich nicht, ob ich ihr ihren letzten Auftritt jemals verzeihen konnte. Damit hatte sie für mich eine sehr große Grenze überschritten und ich wusste nicht, ob man jemandem so etwas verzeihen konnte. Dabei hatte ich sie immer beneidet. Sie hatte alles, was man sich wünschen konnte. Einen tollen Mann, zwei gesunde Kinder … Eben all das, was ich mir immer so sehr gewünscht hatte. Als ich klein war, wollte ich immer ganz früh heiraten und Kinder bekommen, wie meine Großeltern damals. Aber mir blieb das immer verwehrt, während sie all das bekam. Nun war ich 25 Jahre alt, fast 26 und ich hatte noch immer keine eigene Familie. Natürlich hatte ich jetzt Wincent und ich war einfach nur unbeschreiblich glücklich. Wieso hatte ich ihn nicht schon früher kennenlernen können? Dann wäre vermutlich so vieles anders gelaufen.
Ich saß bestimmt noch eine ganze Stunde einfach da und schaute mir die Sterne und den Mond an. Da war ich auch ein wahrhaft komischer Mensch, denn ich liebte es, insbesondere den Mond einfach zu beobachten, weil ich ihn aus mir unbegreiflichen Gründen so wunderschön fand. Und immer, wenn ich nicht schlafen konnte, setzte ich mich raus und schaute in den Sternenhimmel. Aber nun war es mir dann doch zu frisch geworden, weshalb ich wieder nach drinnen schlich und mich so leise wie möglich wieder zu Wincent ins Bett kuschelte. Dieser schlief nach wie vor tief und fest. Kein Wunder, er hatte nach dem Konzert am Freitag sicher nicht viel geschlafen. Und auch ich schaffte es dann doch noch einmal einzuschlafen.
„Guten Morgen“, ertönte Wincents Stimme neben mir. Ich brummte leise, rieb mir die Augen und setzte mich dann auf. Wincent stand neben dem Bett und hatte ein großes Tablett in der Hand: „Frühstück. Rutsch mal ein Stück.“ Also rutschte ich etwas zur Seite, sodass Wincent das Tablett aufs Bett stellen konnte. Danach machte er sich Platz, um sich wieder ins Bett zu setzen. „Womit hab ich das denn verdient?“, erkundigte ich mich lächelnd. „Einfach so. Wollte dich in deinem Urlaub ein bisschen verwöhnen“, entgegnete er grinsend. „Du bist ja süß“, antwortete ich lächelnd und gab ihm einen kurzen Kuss, „Aber es ist doch auch dein Urlaub. Vergiss das nicht.“ „Ich weiß. Aber ich hab ja auch alles, was ich brauche. Das reicht mir. Am wichtigsten ist, dass ich dich eine ganze Woche für mich allein hab. Keine Arbeit oder sonst was“, antwortete er grinsend, ehe er mich in einen weiteren Kuss verwickelte.  „Ich liebe dich“, nuschelte ich. „Und ich dich erst“, antwortete er lächelnd.

Vielleicht irgendwann (1)Dove le storie prendono vita. Scoprilo ora