Teil 62

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Sofy


Für einen kurzen Moment vergaß ich tatsächlich zu Atmen, ehe ich mich wieder fing und mich von ihm löste. „Ähm. Apropos killen. Amelie killt uns auch, wenn wir jetzt nicht zurückgehen", sagte ich schnell, nachdem ich mich kurz geräuspert hatte. Was war das gerade gewesen? Schweigend gingen wir zurück und irgendwie bereute ich es, dass ich mich so schnell von ihm gelöst hatte. Was wäre passiert, wenn wir noch einen Moment so stehen geblieben wären. Hätten wir uns dann geküsst? Oder nicht? Ich würde es nicht mehr rausfinden, weil ich wieder viel zu schnell reagiert hatte. Und jetzt war es zu spät. Denn wir kamen auch gerade so auf die Minute genau an, sodass Wincent direkt losmusste. So blieb ich im Backstagebereich zurück und fühlte mich ein wenig verloren. Glücklicherweise sammelte Amelie mich ein und nahm mich mit in einen Bereich, von dem wir die Bühne gut sehen konnten. „Und? Was habt ihr so gemacht?", erkundigte sich Amelie neugierig. „Ähm ... nichts Besonderes", antwortete ich, „Wincent hat mir nur den Skatepark gezeigt." „Natürlich", entgegnete Amelie und man merkte, dass sie wusste, dass dies nicht alles gewesen war. Aber glücklicherweise war sie so empathisch, dass sie nicht weiter nachfragte. Stattdessen fokussierte sich auf die Bühne, was mir verriet, dass es wohl losging. Ich war noch nie auf einem Konzert gewesen, weshalb es wirklich viele Eindrücke auf einmal waren. Und trotzdem hatte ich eigentlich nur Augen für Wincent. Was machte der Kerl nur mit mir?
Nach dem Konzert gingen Amelie und ich wieder in den hinteren Backstagebereich, um zur Band und dem restlichen Team zu stoßen. Ohne ein Wort zu sagen, kam Wincent auf mich zu und nahm mich einfach in den Arm. Und da war es wieder. Dieses Gefühl. Dieses warme, kribbelnde Gefühl, welches ich nicht wirklich zuordnen konnte. „Und? Wie war dein erstes Konzert?", erkundigte er sich, nachdem er sich wieder gelöst hatte. „Moment?", mischte sich Amelie ein, „Du warst noch nie auf einem Konzert?" Ich nickte: „Ich höre ehrlich gesagt keine Musik, sondern nur Hörbücher." Damit hatte ich wohl alle ein wenig schockiert. „Aber ein Leben ohne Musik. Wie geht das?", fragte Flo neugierig. „Ich hab meine Bücher", antwortete ich ehrlich. „Nein. Du hast ein ganzes Bücherzimmer", entgegnete Wincent lachend, „Und du würdest bestimmt auch ein zweites Zimmer füllen können." „Hm. Da ist wohl was dran. Vielleicht sind Bücher einfach für mich das, was für euch die Musik ist." „Der Vergleich passt wohl ganz gut", erkannte Wincent schmunzelnd an, „Aber jetzt hast du meine Frage noch immer nicht beantwortet. Wie fandest du es?" „Gut", sagte ich, „Aber ich hab ja auch keinen Vergleich." „Wenn ich nicht wüsste, dass du Amerikanerin bin, würde ich echt sagen, dass das die pure norddeutsche Begeisterung ist", antwortete Wincent lachend, „Hast du dir eigentlich ein Hotelzimmer gebucht?" „Ähm ... ehrlich gesagt. Ich muss heute nach Hause fahren. Ich habe morgen ein Event und da muss ich vor Ort sein", gab ich zu und ich wusste, dass Wincent das nicht gefallen würde. Das sah man seinem Blick auch mehr als deutlich an. Die anderen zogen sich indes zurück. „Sofy. Kannst du das nicht verschieben?" Ich schüttelte den Kopf: „Das Event ist extrem wichtig. Es hängt super viel dran und es kam halt kurzfristig rein." „Ich habe also keine Chance, dass du doch nicht fährst, was? Dann bringe ich dich wenigstens zum Auto." Das tat er auch und als wir an meinem Auto standen, zog er mich noch einmal in seine Arme. „Fahr bitte vorsichtig. Und melde dich bitte, wenn du zu Hause bist." „Mach ich. Versprochen. Du musst dir wirklich keine Sorgen machen", ich zögerte kurz, gab ihm dann aber einen kurzen Kuss auf die Wange, „Und ihr feiert den Tourabschluss!" Damit stieg ich ins Auto und fuhr los.

Vielleicht irgendwann (1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt