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„Was ist hier los?", fragend sah ich die neue Vertrauenslehrerin an, die sich bereits hinter ihren Schreibtisch gesetzt hatte. Sie strich sich eine Haarsträhne aus ihrem Gesicht und sagte „Eine deiner Lehrerinnen ist heute zu mir gekommen mit dem Verdacht, dass du eventuell zu Hause geschlagen wirst. Ihr ist deine aufgeplatzte Lippe aufgefallen und dass dein Wangenknochen etwas gerötet ist, außerdem meinte sie, dass du dich sonst auch nicht schminkst, was du ja aber heute offensichtlich getan hast. In meinen Unterlagen steht, dass 2 deiner Brüder das Sorgerecht für dich haben. Das ist bestimmt nicht immer einfach, immerhin haben sie ja auch noch das Sorgerecht für deine anderen Brüder. Ich kann mir vorstellen, dass dies ziemlich stressig sein kann und es bei euch zu Hause auch oft mal laut wird. Es ist ja-", erklärte mir Mrs Limes doch ich unterbrach sie, „Meine Brüder schlagen mich nicht, das würden sie nie machen. Ich beim Surfen von meinem Board gefallen und habe mir so meine Lippe und Wange etwas verletzt, aber das war's" versuchte ich so überzeugend wie möglich zu sagen. Ich wollte nicht sagen, dass mein Onkel mich geschlagen hatte, das klang noch mehr nach Ausrede als das Surfen. „Ich glaube dir, dass deine Brüder bestimmt ganz tolle Menschen sind, sonst hätten sie nicht das Sorgerecht für dich und deine anderen Brüder übernommen, aber das gibt ihnen nicht das Recht dich zu schlagen. Jedes Kind hat ein sicheres zu Hause verdient" lächelnd sah Mr Limes mich an. „Das habe ich. Meine Brüder haben mich wirklich nicht geschlagen" antwortete ich leicht kopfschüttelnd, während ich aufstand. „Setzt dich bitte wieder", sagte meiner Vertrauenslehrerin sanft, aber auch sehr bestimmend. „Nein, ich gehe jetzt. Meine Brüder schlagen mich nicht, mir geht es wirklich sehr gut zu Hause" erwiderte ich schnell und wollte gerade die Türe öffnen, als Joyce sagte „wenn du jetzt gehst, muss ich dich leider aus deiner Familie heraus nehmen". Unsicher drehte ich mich zu ihr um „Warum denn? Ich verspreche Ihnen, dass meine Brüder mich nicht schlagen". „Ich glaube dir aber nicht. Ich kann verstehen, dass du Angst hast, aber das musst du wirklich nicht haben. Wir sind hier, um dir zu helfen und eine Lösung zu finden", lächelnd sah Joyce mich an. Vielleicht sollte ich doch die Wahrheit sagen. Zögerlich setzte ich mich erneut auf den Stuhl und begann den zwei Frauen kurz und knapp von dem Vorfall mit David zu erzählen, in der Hoffnung, dass sie mich danach in Ruhe lassen würden. „Erst das Surfbrett, jetzt dein Onkel, du musst deine Brüder wirklich nicht beschützen. Sie haben nicht das Recht dich zu schlagen" begann die Dame vom Jugendamt, aber ich fiel ihr ins Wort „nein, es war wirklich mein Onkel. Wie gesagt, meine Brüder würden mich nie schlagen. Wir können sie doch anrufen und sie werden Ihnen das bestätigen" versuchte ich, die Frauen von der Wahrheit zu überzeugen, allerdings glaubten sie mir noch immer nicht. „Wir wollen dir wirklich nur helfen", sagte Ms Limes. „Das machen sie aber nicht, es ist alles gut bei mir zu Hause" wiederholte ich mich erneut „fragen sie doch einfach meine Brüder". „Wir wollen erst mit dir reden, bevor wir deine Brüder anrufen. Sobald wir fertig sind, werden wir uns selbstverständlich mit Ihnen unterhalten, aber jetzt geht es erst einmal um dich." Meine kleine, sehr dünne Vertrauenslehrerin sah mich ernst an. „Meine Brüder werden sowieso Zeit brauchen, bis sie hier sind, Sie können sie doch schon einmal anrufen und in der Zeit können sie dann mit mir reden" versuchte ich mein Glück. Mrs Limes sah mich kurz nachdenklich an, bevor sie sagte „einverstanden, aber dann musst du auch wirklich mit uns reden. Wir wollen dir wirklich nur helfen und dir nicht schaden". Sie sah mich eindringlich an, bevor sie aus ihrem Büro lief, um wahrscheinlich meine Brüder anzurufen. Hoffentlich gehen sie ans Telefon. „Also Mila, was hast du denn für ein Verhältnis zu deinen Brüdern Jake und Cole?", fragend sah Joyce mich an. "Wir haben wirklich ein sehr gutes Verhältnis. Meine Brüder sind immer für mich da und ich kann mit ihnen über alles reden" antwortete ich ehrlich. „Und wie sind deine Brüder, wenn sie wütend sind? Werden Sie schnell laut?" hakte sie direkt weiter nach. „Sie sind eigentlich nie wütend, und wenn doch, schreien sie trotzdem nie, Jake und Cole sind immer sehr ruhig. Aber bei uns war schon einmal jemand vom Jugendamt und hat uns Fragen gestellt, warum reden sie nicht einfach mit dieser Frau?" versuchte ich der ganzen Fragerei zu entkommen. „Das habe ich bereits, allerdings ist euer Gespräch schon ein paar Wochen her und in diesen Wochen kann sich viel verändert haben" beantwortete Joyce meine Frage, bevor sie mich weiter aushorchte. Die nächsten Minuten musste ich alle möglichen Fragen zu Jake und Cole, aber auch zu meinen anderen Brüdern beantworten. Es dauerte nicht lange, bis Ms Limes zurückkam und ebenfalls aufmerksam zuhörte. Ich hoffte echt, dass sich das alles aufklärte und sie mir endlich glauben, dass ich zu Hause nicht geschlagen werde...

Big Brothers 5Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt