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Etwas verunsichert setzte ich mich auf die große, hellgraue Stoffcouch die im Büro meines Bruder stand, während er die Bürotür zuschloss und sich dann ebenfalls zu mir auch die Couch setzte. „Also, was ist los?", fragend sah mich mein großer Bruder an, woraufhin ich langsam mit Erzählen begann. Etwas nervös zupfte ich an meinen Fingern herum, mir war das alles echt unangenehm. „Warum hast du nicht angerufen Cole oder ich hätten dich auch von der Schule abholen können, das haben wir dir heute morgen doch extra nochmal gesagt?", war das einzige das Jake zu all dem sagte. „Ist eh schon peinlich genug, dann rufe ich euch doch nicht noch an und frage ob ihr mich von der Schule abholen könnt" antwortete ich augenverdrehend. „Ach princess, das ist doch ganz normal und muss dir überhaupt nicht peinlich sein. Du hast das alles zwar sehr gut verarbeitet aber trotzdem ist das dann komisch, wenn du zum ersten Mal zurück in die Schule gehst, das ging heute bestimmt jedem anderen genauso", sanft zog Jake mich auf seinen Schoß. „Aber die anderen sind trotzdem in die Schule gegangen. Es nervt einfach das nur ich das mal wieder nicht hinbekomme, warum bin ich immer so anders als alle anderen?" gab ich genervt von mir. „Das bist du nicht, du bist einfach sehr sensibel und das ist doch auch überhaupt nicht schlimm. Du musst aufhören dich immer mit anderen vergleichen, du bist du und das ist auch gut so. Außerdem bin ich mir sicher, dass es noch viele andere Schüler gab, die heute ebenfalls nicht im Unterricht erschienen sind" antwortete Jake total entspannt während ich mich an ihn kuschelte „Mich nervt das trotzdem". „Du musst anfangen dich zu aktepieren wie du bist und aufhören dich selber immer schlecht zu machen. Du verhältst dich wie ein normales 15 Jähriges Mädchen es soll, höre auf dir immer einzureden das du zu kindlich bist. Mach dir nicht immer so viele Gedanken, wir bekommen das schon hin. Du kannst auch noch ein paar Tage zuhause bleiben und wir lernen wieder mit dir, das ist doch auch überhaupt kein Problem. Und dann versuchen wir es nächste Woche nochmal und wenn du noch immer nicht in die Schule kannst, dann ist das halt so. Niemand zwingt dich dazu in die Schule zugehen. Und wenn du dich generell nicht mehr wohl fühlst in der Schule, dann suchen wir dir eine neue Schule, aber du hast alle Zeit der Welt. Das ist dein freshman year, du hast überhaput kein Zeitdruck und nichts, also mach dir deswegen keine Sorgen. Wir haben bis jetzt immer alles hinbekommen und das machen wir auch diesesmal wieder", aufmunternd sah Jake mich an. Eigentlich hatte er ja recht aber trotzdem fällt es mir schwer, mir das einzugestehen. Ich mag diese verletzliche sensible Seite an mir einfach nicht. Wahrscheinlich muss ich das einfach akzepieren und versuchen die positiven Seiten daran zu sehen, auch wenn ich keine Ahnung hatte, was diese sein sollen. Jake schien es zu bemerken, denn er fragte „Was ist los Princes?". „Mich nervt das einfach alles. Ich will einfach so sein wie andere in meinem Alter und nicht immer so kindisch und wegen dem scheiß rumheulen" sprach ich meine Gedanken aus. „Princess, du kannst mir wirklich glauben, wenn ich dir sage, dass du genauso wie andere 15 jährige Mädchen bist. Okay, du bist vielleicht etwas sensibler und zurückhaltender als manch andere aber das ist doch überhaupt nichts schlimmes. Für das was im letzten Jahr alles passiert ist schlägst du dich sehr gut. Du musst wirklich anfangen dich so zu akzeptieren wie du bist und dich nicht immer selber schlecht machen und runter ziehen" „Aber mich nervt das voll das mich das immer so beeinflusst. Egal was ist, meistens nimmt mich das immer viel mehr mit als es sollte und das nervt einfach. Ich habe das Gefühl das ich immer überreagiere und das ist zum Teil echt peinlich und einfach scheiße" nuschelte ich augenverdrehend. Ja, das war es wirklich. Egal was passierte, ich reagierte total oft über, aber ich kann einfach nichts dagegen ändern und gefühlt zog sich das schon total lange durch mein Leben, wie ein roter Faden. „Du reagierst nicht über, jeder Mensch reagiert auf Situationen unterschiedlich, es gibt keine Richtlinie wie sehr einen etwas beschäftigen darf oder nicht. Den Zwillingen ist es heute bestimmt auch schwer gefallen in die Schule zu gehen, aber das wollten sie weder sich noch anderen zugestehen und haben sich dann einfach dazu gezwungen. Und bevor du jetzt gleich meinst du musst das gleiche machen, dem ist nicht so. Cole und ich wollen nicht das ihr etwas macht, was ihr nicht wollt. Also falls ihr euch in der Schule unwohl fühlt, dann finden wir eine andere Lösung dafür, versprochen. Aber keiner von euch muss sich zwingen in die Schule zu gehen! Mit Mason wird das ganze auch eine Herausforderung aber das ist völlig in Ordnung und wir bekommen das hin, genauso wie mit dir. Du musst aufhören dir immer über alles Gedanken zu machen und einfach mal darauf vertrauen, dass wir das gelöst bekommen, okay?", ich wusste ja das Jake irgendwie schon recht hatte, aber trotzdem war es nochmal etwas anderes dies auch zu akzeptieren. Aber vielleicht sollte ich es wenigstens versuchen. Dann bin ich eben für meinen Geschmack viel zu sensibel, aber Jake hatte auch recht, es bringt nichts mich selber zu etwas zu zwingen, was ich nicht möchte, zumindest nicht in diesem Fall. Also musste ich jetzt einfach darauf vertrauen, dass Jake recht hatte und wir das irgendwie hinbekommen das ich wieder in die Schule gehen kann. Es war schon verrückt, ich hatte keine negativen Nachwirkungen mehr von dem Amoklauf. Ich konnte schlafen, gut darüber reden und alles, aber in die Schule gehen war nicht möglich.
Während ich in meinen Gedanke versank klopfe es an Jakes Bürotür und einer der Anzugsträger die ich vorhin schon kurz gesehen hatte, trat in den Raum. „Es fehlt noch Ihre Unterschrift und dann können wir die Kündigung raus geben" sagte er an meinen Bruder gerichtet. Jake schob mich sanft von seinem Schoß und lief zu dem Anwalt um ihm die Unterlagen abzunehmen. „Sollen wir die Kündigung raus schicken oder möchten Sie sie persönlich übergeben?", Jake überflog die Papiere während er antwortete „Ich erledige das persönlich, danke". Mit einem kurzen nicken trat der Anwalt wieder aus dem Büro hinaus und schloss von außen die Türe. Jake lief mit den Unterlagen in der Hand zu einem Schreibtisch. „Warum stellst du überhaupt Assistenzärzte an, wenn sie Fehler machen, ist da nicht dann total viel Arbeit?" fragte ich nachdenklich. „War Jackson mal wieder gesprächig?" schmunzelnd sah Jake mich an „Wir sind ein Lehrkrankenhaus und das impliziert das wir ausbilden, egal ob im Büro, als Krankenschwester oder Assistenzarzt. Jeder der neues lernt wird Fehler machen, das ist ganz normal und auch nicht schlimm. Natürlich ist es viel Arbeit auszubilden, aber das gehört einfach dazu. Wenn niemand mehr ausbilden würde, weil Fehler passieren können und es mehr Arbeit ist, dann hätten wir sehr schnell kein Fachpersonal mehr. Es ist wichtig auszubilden, auch wenn das nicht immer einfach ist. Das hier ist jetzt auch ein Ausnahmefall, dass ich wirklich einen Assistenzarzt entlasse, aufgrund eines Fehlers, das kommt zum Glück nicht oft vor, aber kann natürlich passieren". Jake nahm sich einen Stift und unterschrieb auf den Unterlagen. „Was hat der denn gemacht das er entlassen wird?" hakte ich neugierig nach. „Das ist nicht relevant für dich" antwortete mein Bruder ohne seinen Blick von den Unterlagen abzuwenden. War ja eigentlich klar das er mir das nicht sagt, aber ich konnte es auch verstehen. Wenn ich an der Stelle des Assistenzarztes wäre würde ich auch nicht wollen, dass herum erzählt wird, was vorgefallen ist. „Komm, wir machen einen kleinen Spaziergang", auffordernd sah Jake mich. „Kann ich nicht hier warten bis du zurückkommst oder einfach heim gehen" versuchte ich mein Glück. „Nein, du darfst mit mir mitkommen, es bringt dir auch nichts hier oder zuhause zu sitzen und in deinen Gedanken versinken", sanft nahm Jake meine Hände und zog mich auf die Beine. Eigentlich habe ich nicht wirklich große Lust dazu, aber auf der anderen Seite war ein wenig Abwechslung auch ganz gut. Wobei wenn es dafür bessere Orte, gab, als ein Krankenhaus...

Big Brothers 5Where stories live. Discover now