Welt der Ruinen

By RainerSalt

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Ein paar Freunde auf ihren Weg durch die Ruinen der Zukunft. Leonie stapft auf einem Schulausflug dur... More

Der Reiher
Regenwandern und ein Anruf
Sauerampfer und trockenes Laub
Ein grausiger Fund, und ein heranziehender Abend
Lagerfeuer, und ein Fauchen in der Nacht
Rehe und Ruinen
Hunger und Gejaule
Eine Bibliothek und eine schöne Nacht
Jäger und Sammler
Ein Hase und Pläne
Rosmarin, und ein Spiegelbild
Ein Kampf und Träume der Finsternis
Ein Rhythmus der Schmerzen, und Bilder
Lauge, und eine seit langem überfällige Reinigung
Schnitt
Bogenschiessen, und eine sich abzeichnende Routine
Winter, und eine Jagd im Schnee
Blut im Schnee und ein Morgen mit Aussicht
Noch ein Kampf, und etwas am Horizont
Eine Diskussion und ein Versprechen
Tauwetter, und At the End of All Things
Erkenntnisse und ein Kanu
Der Beginn einer Expedition, und eine Burg auf dem Wasser
Hangover und eine Entscheidung
Ein Lächeln und ein Fuchs
Pferde, und ein Blick ins Wasser
Regen, und ein Blick durch das Gebüsch
Menschen, und Beton im Fels
Späherin und Diebin in der Nacht
Ballspieler, und eine Jogginggruppe
Ein Gespräch und ein Schluchzen
Entführung, und was nun?
Geiselnehmerin und Geisel
Fragen, und ein Arschloch
Die Wiki, und Amazimu
Eine erzählte und einige verschwiegene Geschichten
Umzug, und ein Geburtstagsfest
Eine Überraschung und Feldarbeit
Kartoffeln und Worte
Abendgedanken und Morgenregen
Ein Seitental und wohin es führt
Kopfüber, und eine Gittertüre
Eine Zelle und ein Lichtschimmer
Ein Geräusch, und Nacht im Bunker
Schüsse und schwarzes Blut
Wasser kochen, und ein Besucher
Ein Kessel, eine Flasche und ein Messer
Eine Villa und der grosse See
Wasser unter ihnen, und von oben
Leere Zimmer und eine Lampe
Eine Geschichte und ein Geplapper
Brot und Honig
Ein Hase und gerüstetes Gemüse
Eine Armbrust und zuviele Fragen
Rauch und eine Nachricht
Richter und Scharfrichter
Die Glut und Kälte des Zorns
Vater und Tochter
Die Fütterung von Sven, und ein Epilog
* Wichtige Bemerkungen und ein Dankeschön *
Anna

Ein Blick zurück, und ein Schluck Schnaps

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By RainerSalt

Anna sitzt im Bug des Boots und beäugt das Wasser um sie herum misstrauisch. Aber wenigstens musste Leonie dieses Mal keinen Zwang anwenden. Anna ist freiwillig eingestiegen.

Rosie sitzt hinter Anna, dann kommt Klaus, und Leonie sitzt im Heck, weil sie steuern muss. Der knappe Platz zwischen ihnen ist mit Ausrüstung von Vorräten vollgestopft. Das Boot ist überladen und liegt tief im Wasser. Leonie hofft auf ruhiges Wetter – schon kleine Wellen könnten alles unter Wasser setzen.

Sie stösst mit dem Paddel gegen den Steg und schiebt das Boot fort vom Land, fort von zuhause. Rosie und Klaus haben den Kopf gedreht und beobachten das Haus, während der Abstand immer grösser wird. Auf Rosies Wangen glitzern Tränen.

Leonie würde ihnen gerne sagen, dass sie bald zurückkehren werden. Aber irgendwie zweifelt sie daran.

Bald verliert sich das Haus im Nebel, der still über dem See schwebt. Das einzige Geräusch ist das Murmeln der Paddel im Wasser.


Die Reise über den See verläuft wunderbar ereignislos.

Die Nacht verbringen sie in der Burg am Wasser. Für Leonie fühlt es sich seltsam an, wieder dort zu sein, wenn auch in anderer Gesellschaft.

Nach dem Essen bietet Klaus den anderen Feuerwasser an. Rosie schüttelt den Kopf und legt schützend eine Hand auf ihren Bauch. Auch Leonie lehnt ab — sie erinnert sich daran, was das Getränk an diesem Ort das letzte Mal bei ihr anrichtete. Als Klaus die kleine Flasche Anna hinhält, schaut diese fragend zu Leonie, und Leonie bewegt warnend einen Finger hin und her. Klaus ist der einzige, der einen Schluck nimmt. Danach verstaut er sie wieder in seinem Gepäck.

Der Abend ist ruhig und gemütlich. Anna, Klaus und Leonie erzählen Märchen, weil Rosie gesagt hat, dass sie keine kenne und sich auf ihre Mutterrolle vorbereiten möchte. Anna weiss nur eines, Rotkäppchen. Irgendwie hat es die Jahrhunderte überdauert, auch wenn ein Erzähler in der Vergangenheit die Figuren gekidnappt und unter die Erde geschleppt hat. In Annas Geschichte ist der dunkle Wald durch ein Labyrinth von Tunneln ersetzt.


Am nächsten Tag überqueren sie das obere Seebecken und legen bei der Villa an, dort wo Anna und Leonie das letzte Mal das Boot gefunden haben. Sie verstecken es wieder im Bootshaus.

Dann schultern sie ihr Gepäck und brechen gegen Südosten auf, ins Tal hinein. Der Rauch des Dorfs ist in der Ferne gut zu erkennen.

Sie verbringen den Tag mit Marschieren, und am Abend schlagen sie ihr Camp in einem alten Industriegebäude auf, etwa eine halbe Stunde vom Bunker entfernt.

Sie sitzen um ein kleines Feuer, das sie tief im Innern des Gebäudes entfacht haben, weit weg von allen Fenstern. Ihr Abendessen besteht aus gesalzenem Fleisch, Früchten und Pfefferminztee.

„Was machen wir jetzt?" Klaus stellt die Frage, die auch Leonie auf der Zunge liegt. Sie haben verschiedene Pläne diskutiert und sind nicht zu einer Lösung gekommen.

Alle schauen Leonie an. Sie fühlt, wie sie errötet.

Sie überlegt sich, ob sie nach Vorschlägen fragen soll. Aber dann realisiert sie, dass die Zeit für Diskussionen vorbei ist.

„Morgen", sagt sie, „schleichen Anna und ich uns zum Dorf und zum Bunker. Wir müssen wissen, wie die Dinge dort stehen. Klaus und Rosie, ihr werdet hier bleiben. Es tut mir leid, aber je weniger Leute wir sind, desto besser können wir verborgen bleiben."

Es tut ihr wirklich leid, die beiden hier zurückzulassen, aber sie ist sich sicher, dass es so am besten ist.


Leonie versteckt sich mit Anna im Gebüsch am Waldrand, und sie beobachten das Dorf in der Sonne des Morgens. Alles ist Leonie vertraut, ausser die Gesellschaft an ihrer Seite.

Der Langhaarige aus dem Dorf geht die Gasse zwischen den Häusern entlang und gähnt ausgiebig.

„Das ist Georg", flüstert Anna. „Er ist ihr ... Anführer, oder was auch immer".

Leonie nickt, ihre Augen auf das Haus gerichtet, wo Silvan und Jenna schlafen, oder wo sie zumindest das letzte Mal schliefen, als sie hier war. Georg erreicht es und klopft an die Türe. Eine ältere Frau öffnet und wechselt einige Worte mit ihm. Zusammen gehen sie fort und lassen die Türe hinter sich offen. Etwas bewegt sich im Halbdunkel des Eingangs und Silvan erscheint. Er ist alleine. Er schliesst die Türe und verlässt das Haus in Richtung der Felder.

„Dort ist Silvan", sagt Leonie und folgt ihm mit ihrem Blick.

„Ja", antwortet Anna. „Hast du auch das Mädchen gesehen, Jenna?"

„Nein." Leonie schüttelt den Kopf.

„Schau, dort!", sagt Anna und weist nach rechts.

Leonie blickt auf dem Pfad zum Bunker und sieht Jan und seine beiden Bodyguards. Robert, der bärtige Arzt, und Adam, der Grosse. Jan trägt ein Gewehr und Adam die leeren Körbe.

„Nichts hat sich geändert", sagt Leonie.

„Jan trägt eine Waffe", bemerkt Anna. „Er macht das nur, wenn er nervös ist."

Jan hat den langhaarigen Georg und die Frau erreicht, die auf ihn neben dem Lagerhaus warten.

Die Routine des Dorflebens scheint dieselbe wie immer.

„Komm, gehen wir zum Bunker, zum Reduit", sagt Leonie. „Vielleicht passiert dort ja was Interessantes."

Sie geht voraus, dem Waldrand folgend bergaufwärts. Annas Schritte hinter ihr sind viel ruhiger als vor ein paar Wochen. Sie hat Übung gewonnen, und Ausdauer.

Der Eingang des Bunkers kommt in Sicht. Leonie zählt acht Leute, die dort herumstehen, und sie hört, wie Anna Luft einzieht.

„Da ist Karl, mein Bruder", sagt sie.

„Welcher ist er?", fragt Leonie.

„Der dort rechts. Er redet mit Emma."

Leonie sieht Emma mit ihrer Pistole und dem kurzen Haar. Sie spricht mit dem Lockenkopf. Sie erinnert sich an das letzte Mal, als sie ihn sah, in der Nacht, als sie und Anna aus dem Bunker flohen. Sie erinnert sich auch an den missbilligenden Blick, den er ihr zugeworfen hat.

Ein Mann nähert sich Emma von hinten und klopft ihr auf die Schulter. Er trägt einen Schnauz. Leonie hat ihn schon gesehen, er war mit der Jogginggruppe unterwegs, als sie Anna gekidnappt hat.

„Das ist Frank", sagt Anna, „der Typ mit dem Schnauz".

„Er ist Emmas Freund, richtig?", fragt Leonie.

„Ja, im Geheimen", antwortet Anna. „Jan würde ihn umbringen, wenn er davon wüsste."

"Wieso?"

"Er will nicht, dass sie eine Beziehung hat. Er sagt, sie sei zu jung. Aber ich glaube, er hat einfach Angst davor, seinen Einfluss auf sie zu verlieren. Oder vielleicht will er sie auch einem seiner Kumpel zuhalten."

Emma lächelt Frank an, dann ruft sie etwas. Alle blicken zu ihr. Sie zeigt auf eine freie Fläche vor dem Bunkereingang, und die anderen stellen sich dort auf, ihre Gesichter zu Emma gewandt.

„Was zum Teufel machen die da?", sagt Leonie.

„Keine Ahnung", antwortet Anna und hebt ihre Schultern.

Emma beginnt am Ort zu rennen und die Gruppe macht es ihr nach.

„Fitnesstraining?", fragt Leonie. Sie muss ein Lachen unterdrücken.

„Ja", antwortet Anna. „Das haben wir früher regelmässig gemacht, aber im Reduit drin. Bevor wir mit Jogging angefangen haben."

„Vielleicht haben sie das Jogging aufgegeben", sagt Leonie. Irgendwie ergibt das für sie Sinn – auf diese Weise können sie besser kontrollieren, was passiert, als wenn die Leute im Wald joggen gehen.

Sie schauen dem Turnunterricht zu. Emma macht verschiedene Übungen vor, während Anna die Namen der Leute aufzählt, welche laut schnaufend und schwitzend vor dem Bunkereingang turnen. Leonie hat ein schlechtes Gedächtnis für Namen, und sie hat die meisten wieder vergessen, kaum als Anna fertig ist.

Jan erscheint vom Dorf her, gefolgt von Robert und Adam, welche die vollen Körbe tragen. Die beiden Bodyguards verschwinden im Bunker, während Jan anhält, um den Leuten beim Turnen zuzuschauen. Er grinst, steht breitbeinig da und stützt seine Hände auf die Hüften. Leonie stellt sich vor, wie sie einen Tritt platziert, dorthin, wo die Sonne nie hinscheint.

Er nimmt zwei Finger in den Mund und pfeift. Die Turner halten ein und blicken ihn an. Er winkt mit den Händen zum Eingang. Wenige Augenblicke später sind alle verschwunden und das Tor schliesst sich langsam.

„Lass uns zurückgehen", sagt Leonie.


Auf ihrem Rückweg halten sie an, um Beeren zu pflücken. Es ist etwa Mitte Nachmittag, bis sie in die Nähe des Camps gelangen.

Sie überqueren eine Lichtung und Leonie hört ein vertrautes, surrendes Geräusch.

„Drohne!", ruft sie und läuft auf ein Wäldchen zu, um sich zu verstecken. Sie hört die Schritte von Anna hinter sich. Sie erreichen die Bäume und versuchen sich so gut wie möglich vor den Blicken der Drohne zu verbergen.

Das Geräusch kommt von Süden, und plötzlich sieht Leonie, wie das Fluggerät in der Sonne aufblitzt. Es ist auf dem Weg Richtung See. Offenbar hat es sie nicht entdeckt.

Leonie entspannt sich und beobachtet die Drohne, die langsam kleiner wird.

„Ist das nicht die Richtung, in der sich Rosie und Klaus befinden?", fragt Anna.

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