XXV

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„Wir haben gewonnen!", rief er freudig aus und drückte mich noch mehr an sich. Mir blieb die Luft weg und ich japste nach Sauerstoff. Durch seinen festen Griff wurde ich an seine harte Brust gedrückt und konnte seinen wunderbaren Geruch wahrnehmen. Die Umarmung konnte ich aber nicht erwidern, da er meine Arme seitlich an meinen Oberkörper drückte.

„Ja, ihr habt gewonnen, bla bla bla!", hörte ich Davids genervte Stimme hinter uns, der dabei seine Stimme leicht verstellte.

Darryl drückte noch mehr zu und vergrub sein Gesicht in meinem Haar, dabei sog er kaum merklich die Luft ein. Ich konnte es nicht sehen, war mir aber sicher, dass er die Augen geschlossen hatte.

„Du solltest Laila vielleicht mal loslassen", meinte Molotov.

„Oder zumindest deinen Griff lockern", wurde er von David ergänzt.

Kurz erstarrte Darryl, ehe er mich sofort losließ. „Oh, sorry", gab er kleinlaut von sich und sah mich entschuldigend und unsicher an. In dem Moment wirkte er einfach nur zu süß.

Ich konnte meine Wut auf die beiden Quatschköpfe nicht gut verbergen, weshalb ich sie böse ansah. Immerhin hatten sie gerade dem Moment versaut und waren sich dem nicht mal bewusst. Sie schien es aber nicht zu interessieren, weswegen ich mich wieder an Darryl wandte. Er wirkte noch immer etwas unentschlossen, was gar nicht zu ihm passte. Ich wollte nicht, dass er sich schlecht fühlte und irgendwie tat mir sein Anblick weh.

Also machte ich kurzen Prozess und umarmte ihn. Natürlich nicht so fest wie er mich vorhin, aber es funktionierte. Er entspannte sich und legte auch seine Arme um mich. Der Größenunterschied schien ihn dabei nicht zu stören.

„Machen wir jetzt endlich mit dem Training weiter?", unterbrach Molotov die Stille.

Stöhnend verdrehte ich die Augen. Darryl fing leicht an zu lachen und sein Bauch und seine Brust vibrierten dabei, aber wir lösten uns noch nicht.

„Darryl?", fragte David.

„Hm?", entgegnete Angesprochener abwesend.

„Was ist jetzt mit Training?"

Darryl entwisch ein kurzes Seufzten, ehe er sich widerwillig von mir löste.

So liefen sie zusammen zur Lichtung und machten noch ein paar Dehnübungen. Anschließend begannen sie immer zu zweit zu kämpfen. Erst ohne Waffen, dann mit.

Ich blieb derweil am Rand sitzen und sah zu. Das war aber mindestens genauso anstrengend. Die ganze Zeit während des Kampfes fieberte ich mit und hoffte einfach mal darauf, dass Darryl sich nicht verletzte. Woher diese Besorgnis kam, war mir Schleierhaft. 

Keine Ahnung, aber ich sollte mir langsam über meine Gefühle im Klaren werden, auch wenn ich nichts erzwingen wollte.

Durch ein lautes Keuchen wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. Schnell schoss mein Blick zur Trainingsfläche. Darryl hatte gerade gegen Molotov gekämpft und hielt sich nun die Flanke. Erst war ich verwirrt, sah dann aber den Blutfleck unter seiner Hand und auch die Bluttropfen auf dem Boden und dem Messer, welches Molotov in der Hand hielt. Sofort eilte ich zu ihm.

„Mir geht's gut, Laila", versicherte er mir, doch ich hörte ihm nicht zu.

Wütend drehte ich mich zu dem Orangehaarigen. „Geht's noch?!"

„Laila, das passiert ständig. Ist alles halb so wild", sagte Darryl, der mich an der Schulter wieder zu sich drehte. „Wirklich, alles ist gut. Wir verbinden das nur schnell." Seine Stimme war ruhig, aber in seinen Augen glitzerte Schmerz. Das konnte er nicht leugnen.

„Nein, nichts ist gut! Wir gehen zurück und das Training ist für heute vorbei!", bestimmte ich direkt und bekam einen fassungslosen Blick seitens Darryl.

„Du solltest vielleicht auf sie hören", flötete David.

„Ja, sonst bekommt der kleine Darryl eine Strafe", fuhr Molotov grinsend fort.

Darryl verdrehte die Augen, schmunzelte aber. „Was habt ihr heute wieder genommen?"

Mein Blick brachte Beide zum Schweigen, als diese wieder grinsend ihren Senf dazugeben wollten und ich versuchte Darryl in Richtung des Lagers zu schieben. Nur war dies nicht so einfach, wenn er nicht mithalf und schmunzelnd stehenblieb.

„Sie ist genauso wie früher", murmelten die Beiden hinter mir und Darryl stimmte mit einem grinsenden „Allerdings", zu. Mir war egal, dass sie sich über mich lustig machten, Hauptsache der Schnitt des Messers wurde versorgt. „Dann sollten wir wohl mal gehen, bevor Laila uns hier an die Decke geht und die Krallen ausfährt." Molotovs Bernsteinaugen funkelten amüsiert und er fing an die Sachen einzupacken.

Missmutig gab sich Darryl geschlagen und wir gingen zurück zum Lager. Dort zerrte ich ihn direkt weiter zum Essens - und Schlafraum. David und Molotov hingegen hatten andere Pläne und gingen irgendwann ihren eigenen Weg.

„Er hat sich nicht mal entschuldigt!", bemerkte ich mittendrin, „Und Sorgen machen die sich auch nicht", fauchte ich weiter.

Darryl saß mittlerweile auf einer der Holzbänke, wartete auf Mara und beobachtete mich. Er hatte noch immer seine Hand auf die Wunde gedrückt und wirkte ganz gelassen.

„Er wird sich keine Sorgen machen, weil sie unberechtigt ist und eine Entschuldigung wird auch nicht kommen, weil ich selber schuld bin", erklärte er und stand plötzlich auf, um mich an den Schultern zu packen.

Dann legte er seine Hand unter mein Kinn und zwang mich dazu ihn anzusehen. „Aber ich finde es schön, dass du dir solche Sorgen um mich machst", zum Ende hin wurde er immer leiser, „Denn ich würde mich auch so um dich sorgen, sollte dir etwas passieren." Er kam mir immer näher. „Wenn nicht sogar noch mehr", flüsterte er und beugte sich immer weiter runter.

Erwartend sah ich ihn an. Würde er mich wirklich küssen?

Offenbar schon, denn er überbrückte den letzten Abstand. Doch kurz bevor ich seine Lippen auf meinen spüren konnte, knallte die Tür auf und Molotov platzte herein. Erschrocken fuhren wir auseinander.

„Und lebst du noch?", fragte er gespielt besorgt, doch als er die Situation checkte veränderten sich seine Gesichtszüge. „Oh nein, nicht schon wieder! Bin schon weg. Macht weiter!", damit war er verschwunden und hatte nun schon zum zweiten Mal an diesen Tag uns gestört.

Frustriert stieß ich die Luft aus. Doch Darryl schien es nicht so enden lassen wollen, denn er kam mir wieder näher. „Wo waren wir stehen geblieben?"

Ich antwortete nicht, sondern lächelte etwas verlegen.

„Darryl, du hast dich also schon wieder verletzt? Du warst doch erst vor wenigen Tagen bei mir!", schimpfte Mara, die um die Ecke kam. In der Hand hielt sie Verbandszeug.

Nun lösten wir uns komplett. Irgendwie waren heute alle gegen uns.

„Das holen wir nach, versprochen", flüsterte mir Darryl ins Ohr, bevor er sich wieder auf die Bank setzte. Er hatte meinen Blick bemerkt und nun musste ich unweigerlich grinsen.

His Green EyesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt