XX

898 58 20
                                    

Als ich am nächsten Morgen aufwachte, spürte ich etwas Warmes unter mir. Ich traute mich nicht die Augen zu öffnen, denn feststand, das Etwas auf dem ich lag, bewegte sich leicht und ich wollte lieber nicht wissen auf wem oder was ich da lag.

Also versuchte ich mich wieder etwas zu entspannen. Es war so schön warm und der Geruch war einfach himmlisch. Außerdem war der Herzschlag, genau unter meinem Ohr, so wunderbar beruhigend.

Moment, Herzschlag?!

Sofort riss ich meine Augen auf und versuchte mich zu orientieren. Als ich mich mittels meiner Arme etwas hochstemmte, vernahm ich ein unzufriedenes Knurren und wurde sofort wieder nach unten gedrückt.

Ich drehte meinen Kopf zur Seite und verengte mir damit beinahe den Hals. Dafür wusste ich aber über meine Situation Bescheid. Fast mein gesamter Körper lag auf Darryl, der nur zur Hälfte zugedeckt war und noch fest zu schlafen schien. Sein einer Arm lag unter seinem Kopf, damit er es auf dem Rücken bequemer hatte und mit dem anderen hielt er mich eisern fest. Jede Gegenwehr war zwecklos. Immer wieder gab er missmutige Laute von sich, wenn ich auf Abstand gehen wollte und drückte mich nur näher an seine Brust.

Also entschloss ich mich dazu, mich nun komplett auf den Bauch zu drehen und ihn zu beobachten. Aufstehen konnte ich ohnehin nicht.

Irgendwie süß, wie er da so lag. Seine Gesichtszüge waren entspannt und er wirkte viel jünger als er eigentlich war. Vorsichtig streckte ich eine Hand aus und fuhr damit durch die schwarzen, dichten Haare. Himmel, waren die weich! So flauschig. Ich hatte schon gedacht, sie wären stachelig, doch das war der Wahnsinn. Gedankenverloren spielte ich eine Weile mit ihnen, ohne sein Gesicht all zu groß zu berühren.

Eigentlich eine recht friedliche Stimmung, würde Darryl sich nicht plötzlich rumdrehen!

Die Bewegung ging so schnell, dass ich nichts dagegen tun konnte, und innerhalb kürzester Zeit hatten wir die Positionen getauscht. Jetzt lag ich mit dem Rücken unten und Darryl oben, wobei er mich fast erdrückte. Das Lacken war noch wunderbar warm und Darryls vertrauter Geruch stieg mir in die Nase.

Gequält und überrascht schnappte ich nach Luft, wegen des Gewichts. „Darryl", sagte ich und hoffte ihn damit aufwecken zu können.

Doch nichts geschah. Gerade wollte ich ihn zwicken oder sonst was machen, damit er endlich aufwachte, da öffnete er plötzlich die Augen. „Denkst du echt, dass ich das nicht mitbekomme?", fragte er belustigt mit seiner rauen Morgenstimme und grinste mich frech an.

„Geh runter, Großer, du erstickst mich!", fauchte ich bedrohlich, doch das Lachen, welches aus meiner Kehle kam, nahm die Ernsthaftigkeit daraus.

„Nö, seh keinen Grund dazu", entgegnete er und erst da fiel mir ein, dass nur wenige Zentimeter unsere Gesichter trennten.

Ich konnte schon seinen Atem auf meinen Lippen und meiner Nase spüren und er schien es nun auch zu merken. Beinahe automatisch wanderte unser Blick zu den Lippen des jeweils anderen. Anschließend sah er mir durchdringend und fast schon sehnsüchtig in die Augen und kam mir immer näher. Nervös, aber abwartend hielt ich Blickkontakt und wartete darauf was passieren würde. Er hatte mittlerweile seine Augen weitestgehend geschlossen und auch ich wollte mich gerade darauf einlassen.

Doch im selben Moment ging die Tür mit einem lauten Knall auf. „Darryl, du olle Schlafmütze! Raus aus der Falle! Du wolltest doch-", Molotov stoppte mitten im Satz und blickte uns entgeistert an.

Darryl über mir schreckte zurück und knurrte ihn bedrohlich an. Ich hingegen wollte im Erdboden versinken und hätte Molotov eine scheuern können.

„Ahh, fuck! Bin schon weg, macht einfach weiter! Oder auch nicht! Tschau!", quietschte er total unmännlich vor Schreck und verschwand wie der Blitz.

Peinlich berührt zog ich den Kopf ein, aus Angst es wäre jetzt angespannt zwischen uns. Doch Darryl seufzte kurz frustriert und drehte sich dann entschuldigend lächelnd zu mir um. „Sorry, hätte wissen müssen, dass er hereingeschneit kommt. Das läuft fast jeden Morgen so, wenn ich nicht früh genug unten bin."

Seine lockere Art verhalf auch mir zur Entspannung und ich war ihm echt dankbar, dass er unseren Fast Kuss ignorierte. Wobei, ich schon gern gewusst hätte, wie es wäre.

Als ich ihn weiterhin unsicher ansah, räusperte er sich kurz und stand dann auf. „Du kannst wieder Sachen von mir haben", bot er mir nun schon zum zweiten Mal an und dankbar griff ich nach den Klamotten.

Eine halbe Stunde später saß ich frisch gemacht an einem der Holztische und frühstückte mit den anderen. Es herrschte eine eisige Stille. Jeder starrte auf seinen Teller und sprach kein Wort. Nur Darryl schien mit seinen Blick Molotov umbringen zu wollen und dieser zitterte schon fast. Versuchte vergebens ihn mit seinen Blicken zu besänftigen, scheiterte aber.

Die unangenehme Stille wurde von David unterbrochen, der sich an einem Brotkrümel verschluckte hatte und hustete als würde er gerade verrecken, wobei er alle Blicke auf sich zog. Darryl wollte ihm helfen und klopfte ihm halbherzig auf den Rücken. Machte damit aber alles nur noch schlimmer. Hustend hechtete der Braunhaarige in die Küche und wenige später hörten wir wie der Wasserhahn anging. Anschließend ein lautes Einatmen.

Danach stolzierte er zurück und setzte sich an seinen Platz, als wäre nichts gewesen. Er aß weiter, bemerkte uns gar nicht und verschluckte sich wieder. Damit war das Eis gebrochen und wir lachten los.

„Schön, dass mein Tod... zur Unterhaltung beiträgt!", krähte er zwischen seinen Hustern, ehe er wieder in die Küche rannte.

Von da an, unterhielten wir uns und die Stimmung war gelockert. Selbst Jessie taute etwas auf. Nach dem Essen räumten wir noch ab und ich ging mit Darryl nach draußen. Eigentlich mussten wir Beide und David ja in die Schule, doch irgendwie war es klar, dass wir heute mal blau machten.

„Darryl, wir müssen reden", meinte ich in befehlshaberischen Ton. Er sah mich nachdenklich mit seinen grünen Augen an und nickte dann.

„Okay, komm, aber nicht hier", erwiderte er und legte mir einen Arm um die Schultern. Dann führte er mich Richtung Ausgang. Er schien zu wissen, dass das Gespräch nicht für jedermann gedacht war. Und das war es auch nicht. Ich wollte Antworten. Jetzt. Das hatte ich doch verdient.

His Green EyesWhere stories live. Discover now