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Mit dem Blick starr aus dem Fenster gerichtet lag ich in dem Krankenbett. Papa wollte sich kurz einen Kaffe holen und hat bereits angekündigt, mit mir reden zu wollen. Eigentlich hatte ich darauf gar keine Lust. Es ist ja schon scheiße genug, dass ich noch im Krankenhaus bleiben muss. Außerdem weiß ich ganz genau, dass ich einen Streit nicht packen werde. Zwar hab ich jetzt eine Weile geschlafen und bin etwas fitter als zuvor, aber da mein Körper immer sehr auf Stresssituationen reagiert, würde schon ein kleiner Ausraster reichen wieder umzukippen. Das vorsichtige öffnen der Tür holte mich aus meinen Gedanken. Na dann, auf in den Kampf. Der hoffentlich keiner wird.
"Hast du schon was getrunken?", fragte Papa, während er wieder neben meinem Bett Platz nahm. Sein Blick lag auf der Wasserflasche, die auf dem Nachttisch stand. "Hmm", brummte ich als Bestätigung. Obwohl das gelogen war. Ich wusste ganz genau, dass ich etwas trinken sollte, vor allem bei meinem momentanen Zustand, aber gerade hab ich andere Prioritäten. "Willst du mir erzählen wieso du weggelaufen bist?", ging er nach einer kurzen Zeit auf das Thema ein. Seine Stimme klang zwar besorgt, aber irgendwas anderes, was ich derzeit noch nicht deuten konnte schwang ebenfalls mit. Leise seufzte ich und starrte auf meine Hände. Der Grund tat immernoch weh. Diese lästige Stille ging mir auf die Nerven. Nur das leise Atmen von meinem Vater und mir war zu hören. Sie unterbrechen konnte ich trotzdem nicht. Noch war ich nicht bereit dafür.
"Du", fing ich leise an, "Du vertraust mir nicht" Meine Stimme zitterte und man konnte leicht erkennen, wie zerbrechlich ich in diesem Moment war. Mein Kopf hatte sich gleich wieder Richtung Fenster gedreht. Ich brachte es nicht fertig ihn dabei anzusehen. "Wie kommst du denn darauf? Natürlich vertraue ich dir.", entgegente er entsetzt. Davon merkt man nicht viel. Ich spürte jetzt schon, wie sich meine Emotionen hochkochten.
"Achja? Davon merkt man aber herzlich wenig. Du stellst einfachsten Sachen in Frage. Nichtmal den Treppensturz hast du mir geglaubt. Dieses ganze überfürsorgliche Getue geht mir so auf die Nerven. Ich bin doch kein kleines Kind mehr!", berichtete ich ihm mit ausnahmsweise fester Stimme. Sein Gesichtsausdruck war recht schockiert. Damit hatte er wohl am wenigsten gerechnet. Die Sache mit der Trennung, wofür ich mich immer noch verantwortlich machte ließ ich weg. Das würde er sowieso nicht verstehen.
"Leen, es tut mir leid, wenn du das so aufgegriffen hast, aber ich mach mir doch nur Sorgen um dich. Ich weiß doch, dass diese Sache nicht ganz einfach ist für
dich." Das bringt er aber relativ anders rüber. Ich fühl mich nur wie ein kleines Kind, was die Dauerbeobachtung von ihren Eltern braucht. "Weglaufen ist aber immernoch keine Lösung, okay? Wir können doch miteinander reden.", fügte er noch hinzu. Doch manchmal irgendwie schon. Anders hätte ich wahrscheinlich nie geredet und hätte es immer mehr in mich rein gefressen.

Ein Klopfen an der Tür lenkte meine Aufmerksamkeit dort hin. Kaum eine Sekunde später wurde sie auch schon geöffnet und Alex kam rein. Er war immernoch in Einsatzkleidung.
"Hey, wie geht's dir?", begrüßte er mich. Ich hätte es mir schon denken können weshalb er hier ist. "Ganz gut schätze ich", mein Blick wanderte etwas unsicher zu Papa, der mich nur anlächelte. Ich glaub, es war nötig, ihm mal meine Gedanken mitzuteilen. So wie ich es aus seiner Aussage gedeutet hatte, war er sich nicht wirklich bewusst, wie er sich verhält. Außerdem kann ich mich ziemlich gut in seine Lage hereinversetzten. Ich würde wahrscheinlich genau gleich reagieren, wie er immer. Nachdem Papa und Alex ein paar Sätze geredet hatten, gesellte sich der Notarzt zu uns. Wenigstens mussten wir so nicht länger auf das Thema von vorhin eingehen. Doch auch er musste irgendwann wieder zu einem Einsatz los und mein Vater und ich waren wieder alleine.
"Ich hab vorhin mit deiner Mutter telefoniert", begann er plötzlich zu erzählen. Verwirrt sah ich ihn an. Was will er mir jetzt damit sagen? Und wieso hat er mit ihr telefoniert? Höchstwahrscheinlich um ihr bescheid zu geben, dass ich wieder aufgetaucht bin. Dieser Satz klingt auch, als wär ich ein Gegenstand, den man irgendwo verlegt hat. "Sie würde sich freuen, wenn du sie mal besuchen kommst", vollendete er seine Aussage und blickte mich leicht erwartungsvoll an. Meine Augenbrauen schossen in die Höhe. Sie würde sich freuen? War sie nicht diejenige, die die ganze Zeit an mir rumgemotzt hat und mich nicht mehr wollte. Nichts gegen das Wohnen bei Papa, aber hätte eine richtige Mutter nicht mehr Interesse gehabt am Sorgerecht? Meiner Meinung nach schon. "Und wieso?", fragte ich misstrauisch. Ich würde sie gerne besuchen, auch wenn es nur für ein paar Tage ist, aber ob sie mich will ist die andere Frage. "Weil sie deine Mama ist?"
Seine Antwort klang eher wie eine Frage. So wie es aussah hatte er keine Ahnung, worauf ich hinaus wollte. "Du musst natürlich nicht, sie meinte nur sie würde sich freuen", fügte er noch schnell hinzu und grinste verlegen. Zwingen hätte ich mich so oder so nicht lassen. Das sollte er langsam auch mal von mir wissen.
"Ich werds mir überlegen", machte ich, eher mir selbst einen Kompromiss. Vielleicht ist es eine Art Friedensangebot. Ich hab sie ja die letzten Wochen nicht mehr wirklich gesehen und weiß nicht, inwiefern sie sich in dieser Zeit verändert hat. Es ist alles möglich. Und ein Wochenende woanders, als in der WG zu verbringen sehe ich auch als nicht ganz so schlecht an. Naja, wir werden sehen.

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Denkt ihr sie geht zu ihrer Mutter? Falls ja meint ihr diese hat sich geändert?

Man liest sich im nächsten Teil<3

ASDS//It's DifficultOnde as histórias ganham vida. Descobre agora