6. Kapitel: Freitag, 17. März 2000

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Harry

Harry verließ das Ministerium über den Ausgang bei der Telefonzelle. Nicht weit davon entfernt sah er seine Freundin stehen. Sie stand in Muggelklamotten da und tat so, als würde sie sich die Schaufenster anschauen. Mit einem leichten Lächeln im Gesicht ging Harry auf sie zu und umarmte sie von hinten. „Guten Abend Madame...", sagte er und spürte gleichzeitig, wie Ginny sich in seinen Armen anspannte. Sie löste sich aus seinem Griff, drehte sich um und stemmte die Hände in die Hüfte. „Sag mal gehts noch? Mich so zu erschrecken...", schimpfte sie. „Irgendwann bringe ich dich wegen sowas noch um!" Ihre Stimme war laut und so drehten sich einige vorbeikommenden Passanten nach dem streitenden Paar um. Daraufhin glättete sich das Gesicht der Hexe wieder ein wenig. „Guten Abend Monsieur", sagte sie. Die Beiden gaben sich einen schnellen Kuss und traten dann ein paar Schritte von einander weg. „Wie war dein Tag?", fragte Ginny und rückte die Sporttasche, die von ihrer Schulter gerutscht war, wieder auf ihren Platz. „Ganz gut und bei dir?", antwortete Harry darauf. Er rückte seine Brille wieder zurecht, die im in gefährliche Schieflage geraten war.

„Auch, wollen wir los?".Eigentlich hatten sie Essengehen wollen. Einfach, weil es jetzt fast zwei Jahre her war, dass die Schlacht um Hogwarts ein Ende gefunden hatte und die Zaubererwelt seit dem durch keine ernsthafte Gefahr bedroht worden war. Aber daraus würde wohl nichts werden, wenn Harry direkt ins St. Mungos musste. „Hör mal...". Ginny hatte sich schon halb zum Gehen gewandt und fuhr jetzt ruckartig herum. Einen Moment sah sie so aus, als befürchtete sie ein Trennungsgespräch. „Ja?". Ihre Stimme klang normal, trotzdem sah Harry in ihren Augen verschiedene Emotionen. Sie war alarmiert, das war eindeutig. „Ich habe gerade einen Fall übertragen bekommen". Harry sagte es mit ruhiger Stimme und bemerkte gleichzeitig, wie seine Freundin sich entspannte. Sie schaute ihn weiterhin an, aber in ihrem Blick lag nun etwas Fragendes. „Eine Hexe wurde angegriffen und liegt jetzt im St. Mungos". Harry dachte an Theresia Fox. An diesem einen Tag hatte sie trotz allem Vorgefallenen sehr lebendig gewirkt. Jetzt schwebte sie wohl in Lebensgefahr. Es war falsch, die Gefahr war vorbei. Niemand sollte einfach so auf der Straße angegriffen werden...

Ginny schien nun auch zu verstehen, worauf es hinauslief. Sie hatten sich in dutzenden Gesprächen darüber unterhalten, wie sie mit seiner Arbeit umgehen sollten. Sie war gefährlich und manchmal sehr zeitaufwendig. Direkt von der Ausbildung kommend durfte Harry zwar noch keinen Bereitschaftsdienst machen, aber das würde auch noch kommen und dann konnte er mitten in der Nacht ins Ministerium gerufen werden. „Dann verschieben wir das Essen einfach". Ginny machte ein tapferes Gesicht, sie sah ein wenig so aus als müsse sie auf etwas unglaublich wichtiges verzichten. Daraufhin mussten sie Beide lächeln. „Aufgeschoben ist aber nicht aufgehoben", erwiderte Harry. Die Beiden gingen erneut auf einander zu um sich erneut zu küssen. Als sie sich wieder trennten lächelten sie immer noch. „Komm nicht so spät nach Hause", sagte Ginny. „Mach ich", antwortete Harry. Dann drehten sie sich um und machten ein paar Schritte in entgegengesetzte Richtungen. Niemand achtete auf die zwei jungen Menschen, die kurz darauf disapperierten.

Im St. Mungos angekommen war Harry froh über die kleine silberne Münze, die ihn als Mitglied des Aurorenbüros auszeichnete. Er hatte sich, als er noch in der Ausbildung gewesen war, zusammen mit einigen Kollegen dafür eingesetzt dieses System der Erkennung einzuführen. Es war leicht an den DA Galleonen angelehnt und zeigte allen Angehörigen der magischen Gesellschaft zuverlässig, dass sie tatsächlich einen Auror vor sich hatten. Mit der Hilfe der Münze kam er um ein seiner Meinung nach übertriebenes Prozedere der Identitätsnachweisung herum, dass wohl zum Schutz der Patientin nötig war. Es dauerte nur drei Minuten, dann konnte er mit dem Fahrstuhl in den vierten Stock fahren.

Dort angekommen musste er nur noch das Zimmer 311 finden, das der Zauberer am Empfang ihm genannt hatte. Er verlief sich ein Mal in den Gängen und fand sich irgendwann vor Zimmer 395 wieder. Als er dann wieder zurückgekommen war, wäre er fast in die Abteilung für Langzeitschäden eingebogen, fand dann aber doch noch den 300er Korridor. Inzwischen war er etwas außer Atem.

An der Zimmertür von Zimmer 311 stand der Name Theresia Fox, als einer von zwei möglichen Namen. Das zweite Feld war leer und so ging Harry davon aus, dass die Hexe allein in dem Zimmer war. Weil er trotz allem kaum etwas über die Situation wusste und höflich sein wollte, klopfte er an die Tür. Von der anderen Seite kam tatsächlich eine Antwort und Harry wollte schon erleichtert aufatmen. Dann aber öffnete er die Tür und trat in das Zimmer. Jetzt konnte er die Person, die gesprochen hatte, erkennen. Sie hatte blonde Haare und leicht gerötete Augen. Eine ihrer Hände war auf eine Hand der Person gelegt, an deren Bett sie saß. Harry erkannte die Person. Es war Theresias Schwester, die dort neben ihrem Bett saß.

Viel wusste er über diese nicht. Nur, dass sie beim Tagesproheten arbeitete und Theresia offensichtlich nahe stand. Es waren drei Schwestern, Viktoria, Theresia und Sophia, aber nur die ersten Beiden waren Hexen, vielleicht war das der Grund.

Nachdem Harry die Tür geschlossen hatte schaute Viktoria Fox auf und Harry kam darum herum zu bemerken, dass er ein Problem hatte. Nach all den Jahren war es für ihn fast selbstverständlich den Redakteuren des Tagespropheten zu misstrauen und eine von ihnen war gerade in seinen ersten wirklichen Fall gestolpert.

In diesem Moment klärte sich der Blick der Hexe und sie brachte etwas zu stande, dass wohl ein Lächeln sein sollte. Höflich wäre wohl die beste Beschreibung dafür. „Guten Abend Mr Potter", sagte die dann mit leiser Stimme. So, als könne sie ihre Schwester aufwecken, wenn sie laut sprechen würde. „Darf ich sie fragen, was sie hier machen?". Harry stand noch einen Moment wie angewurzelt da, die Türklinke in der Hand. Dann besann er sich. In der Ausbildung waren sie solche Situationen tausend Mal durchgegangen und sie hatten dabei gelernt, in jeder Situation ruhig und souverän zu bleiben. Er hatte bei Merlin bereits nervenaufreibenderes gesehen, da konnte er sich auch zusammenreißen. „Guten Abend Miss Fox, ich bin vom Ministerium geschickt worden". Darauf reagierte Viktoria Fox überhaupt nicht. Sie schaute Harry nur weiter regungslos an, als fürchte sie er würde sich gleich in jemand Anderen verwandeln. „Wir wurden über den Fall ihrer Schwester informiert und meine Aufgabe ist es nun die Umstände aufzuklären". In Gedanken hakte Harry eine Liste mit Fachausdrücken ab, die er verwendet hatte. Zumindest das mit dem professionell sein, hatte er schonmal hinbekommen. Die Hexe wandte im selben Moment den Blick ab. „Daran, dass Resa meine Schwester ist erinnern sie sich also noch..."

Es wird besser werden - Die Wahrheit über die Ereignisse im Frühjahr 2000Where stories live. Discover now