39. Kapitel: Montag, 27. März 2000

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Viktoria

„Stupor", rief jemand und man hörte etwas zu Boden gehen. Es war keine der Stimmen, die sie auf dem Weg hierher begleitet hatten. Es war keine der Stimmen, die sie verfolgt hatten und ihr tausend kleine Drohungen ins Ohr geflüstert hatten. Es war eine andere Stimme, eine Stimme, die Viktoria kannte. Sie hatte mit Resa zu tun. Hoffentlich war ihrer Schwester nichts passiert! Mit entschlossenem Blick drehte Viktoria sich um. Nicht, weil sie entschlossen war oder plötzlich den Zauber abgeschüttelt hatte. Sie drehte sich nicht um, weil sie eine ehemalige Gryffindor war. Sie drehte sich um, weil sie nicht vergessen konnte. Weil sie wusste, was passierte, wenn man weg sah, und weil dieses Wissen und die damit verbundene Angst für einen Moment stärker waren als die Ängste, die sie sonst unter Kontrolle hatten. Etwa 10 Meter entfernt, wobei sie nicht gut im Schätzen war, stand Daniel Wiel, mit dem sie damals in dem Café gesessen hatte, und duellierte sich mit einem der Todesser, die sie schon kannte. Woher sie wusste, dass die Männer und die eine Frau, die bei ihnen war, Todesser waren wusste sie nicht. Vielleicht ging sie auch einfach davon aus, weil ihr Gehirn gerade keine komplexen Gedankengänge brauchen konnte. Viktoria sah für einen Moment einfach nur zu, wie die Zauberer sich duellierten. Es sah aus, als würden sie tanzen. Viktoria schaute diesem Tanz zu, sie wurde komplett zur Zuschauerin, ohne es richtig zu merken. Im nächsten Moment kam dann auch die Angst zurück. Sie klopfte an die Tür und dann war sie da. Diese tausend kleinen Drohungen drangen schon wieder durch ihren Kopf.
Resa,
Sophia,
ihre Eltern,
sie selbst.
So viele Menschen
und so viel Angst.
Immer mehr versank Viktoria wieder in ihren Gedanken. Sie hatte schon kaum etwas von dem Weg mitbekommen. Wahrscheinlich wusste sie irgendwo in ihrem Inneren, dass viele der Gedanken nicht ihre eigenen waren, dass sie unter einem Zauber stand. Aber die Gefühle hatten sie fest im Griff und machten sie so gut wie handlungsunfähig. Sollte sie nicht eigentlich in der Redaktionssitzung sein? Ein harter Schlag holte sie zurück in die Wirklichkeit. Sie taumelte und konnte sich nur aus Reflex abfangen. Aus den Augenwinkeln sah sie, wie Harry an ihr vorbei stürmte und wohl ebenfalls in das Duell eingreifen wollte. Irgendwo in ihren Gedanken blitzte die Erinnerung an die anderen versteckten Todesser in der Straße auf. Die Schuldgefühle waren ebenfalls da. „Wenn er jetzt stirbt bist du schuld", flüsterte eine Stimme in ihren Gedanken. Viktoria wollte schon eine Warnung rufen, da kämpfte sich die Angst wieder an die Oberfläche. Sie trug einen Konflikt mit ihren Schuldgefühlen aus. Dabei gewann die Angst nicht die Oberhand aber lähmen tat sie sie doch. Wie aus weiter Ferne konnte Viktoria Ginevra Weasley schreien hören. Erneut wurde sie zur Seite gestoßen, als nun auch diese Hexe an ihr vorbei stürmte. Sie rief etwas, was Viktoria nicht verstand. Instinktiv streckte sie die Hand aus und fing ihren Sturz, durch den Stoß hervorgerufen, ab. Dabei bemerkte sie den Zauber nicht, der direkt auf sie zielte. Sie hörte immer noch die Schreie. Dann verlor sie das Bewusstsein und ihre Gedanken fanden endlich Ruhe.

„Resa", flüsterte Viktoria. Sie wusste nicht mehr genau, wieso. Sie war auf dem Weg zu ihrer Schwester ins Mungos gewesen. Aber was dann passiert war, wusste sie nicht. „Alles ist gut" Das war die Stimme von Daniel Wiel, der Resa nahe stand. „Nein, Resa..." Flüsterte Viktoria wieder. Unter großer Anstrengung öffnete sie die Augen und blickte in den Himmel. Sie schien draußen zu sein, wie auch immer das passiert war. In ihr Blickfeld schoben sich nun mehrere Gesichter. Viktoria hatte zwar nicht das photographische Gedächtnis ihrer Schwester, aber Namen und Gesichter konnte auch sie sich merken. So erkannte sie auch die drei Personen, die sich nun über sie beugte. Die erste Person war Daniel Wiel, er sah ernsthaft besorgt aus, auch wenn sie erst einmal geredet hatten. Das zweite Gesicht gehörte zu Ginevra Weasley, sie sah ziemlich zerknirscht aus und Harry Potter, die vierte Person, schien sich nicht ganz entscheiden zu können. „Was ist passiert?" Die ganzen Blicke machten Viktoria nervös. Ebenso wie die Tatsache, dass sie immer noch nicht wusste, wie sie eigentlich hierher gekommen war. „Meinst du das ernst?" Fragte nun Ms Weasley, sie sah nicht mehr ganz zerknirscht aus, eher wütend. „Ja..." Viktoria wusste nicht was sie darauf sagen sollte. Sie fühlte sich hilflos und dabei hatte sie sich doch geschworen nie wieder hilflos zu sein. Schlagartig richtete sie auf und alle drei Personen zuckten zurück. Sie hatte wohl auf dem Gehweg irgendeiner scheinbar kaum befahrenen Straße gelegen. Wie konnte das bitteschön passieren?! „Das bringt doch alles nichts", warf Daniel in diesem Moment ein. Was genau er damit meinte wusste Viktoria allerdings nicht. Sie war aber nicht die einzige, die ein Nickerchen auf der Straße gemacht hatte. Vier weitere Personen hoben ebenfalls gerade die Köpfe. Was war hier nur vorgefallen? „Die Auroren werden gleich da sein." Vor lauter schauen hatte Viktoria nicht mitbekommen, wie die anderen drei zu reden begonnen hatten. „Zum Glück..." Das war die Stimme von Weasley. „Meint ihr, dass sie wirklich nichts mehr weis?" Diese Stimme gehörte zu Potter. Viktoria drehte sich wieder zu der Gruppe. „Ich war auf dem Weg zu Resa, es war wichtig und dann lag ich plötzlich hier." Verzweiflung wallte wieder in Viktoria auf. Hilflos und verzweifelt, der Tag begann sich in einen richtigen Albtraum zu verwandeln. „Ist alles in Ordnung mit ihr?" Irgendwo in ihren Gedanken fand Viktoria auch etwas zu Sophia, aber richtig greifen konnte sie es nicht. „Ich war gerade noch bei ihr, da war alles gut." Viktoria fiel ein Stein vom Herzen, als Daniel auf sie zukam und sie kurz umarmte. Sie fragte sich gar nicht mehr wieso. Ihre Gefühle und Gedanken befanden sich nunmal nicht mehr in Einklang. Gerade wollte sie die Sache auf sich beruhen lassen, da mischte sich eine der Personen auf dem Gehweg ein: „Bist du dir da sicher?" Fragte die Gestalt. Beim klang ihrer Stimme zuckte Viktoria unwillkürlich zusammen. Sowohl Potter als auch Weasley schienen die Stimme allerdings zu kennen. Sie waren beide kreidebleich geworden.

Es wird besser werden - Die Wahrheit über die Ereignisse im Frühjahr 2000Where stories live. Discover now