46. Kapitel: Dienstag, 28. März 2000

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Resa

Es dauerte exakt drei Stunden und 57 Minuten, bis es an der Tür klopfte. Nach ihrem Ausflug ins Ministerium war Resa spät am letzten Abend in Begleitung von Harry Potter und Ginny baldige Potter ins St. Mungos zurückgekehrt. Die Beiden wollten die Sache mit Viktoria noch klären, bevor sie Feierabend machen würden. Da hatten sie kurzerhand angeboten Resa mitzunehmen, da diese noch sehr viele Probleme mit ihrer Situation hatte. Zwar ging es ihr nach ihrem unfreiwilligen Rückfall besser, aber richtig abgefunden hatte sie sich damit noch nicht. Jetzt war es 10:23 am Dienstag den 27 April 2000 und es klopfte das dritte Mal an der Tür. Die ersten beiden Male war es das Frühstück gewesen, jetzt war es Daniel, der gefolgt von Harry ins Zimmer kam. Die Beiden machten ein ernstes Gesicht, was auf nichts gutes Hinwies. Oder sie machten einen Wettbewerb darin, wer das ernstere Gesicht machen konnte. Das war irgendwann während ihrer Zeit in der Grundschule mal Mode gewesen. Aber jetzt leider viel zu unwahrscheinlich. „Wir wissen jetzt in welcher Reihenfolge die Angriffe verübt werden." Eröffnete Harry das Gespräch. Mit einem Hauch von Ironie dachte Resa daran, dass er wohl noch nie etwas von einer Begrüßung gehört hatte. „Und wieso kommt ihr damit zu mir? Ich liege bereits im Krankenhaus." Erwiderte sie. Das ungute Gefühl in ihrer Magengegend ignorierte sie dabei ebenfalls sehr gekonnt und wenn sie gerade dabei war konnte sie das schlechte Gewissen deswegen auch noch gleich ignorieren. „Das schon, aber der einzige Zusammenhang, zwischen den Abteilungen ist eine Liste. Eine Liste, die seit einem halben Jahr verschwunden ist und die du geschrieben hast. Ich erinnere mich daran, Resa." Daniel schaute sie ernst an. Aber darauf achtete Resa gar nicht mehr. Ihr wurde heiß und kalt zugleich, während sie unkontrolliert zu zittern begann. Natürlich erinnerte sie sich an die Liste. Es wäre komisch, wenn sie es nicht tun würde. Sie war eine Zusammenstellung von Schritten mit denen Voldemort das Ministerium übernommen hatte. Neben den Arbeiten zu den einzelnen Todessern und ihrer Taten war sie ihre Hauptaufgabe im letzten Jahr gewesen. Sie hatte sich wirklich reingehängt, es war ihr Ausgleich zu den vielen Morden gewesen, mit denen sie sich sonst hatte beschäftigen müssen und sie war sehr stolz darauf gewesen. Zumindest bis zu dem Tag an dem Eberhart Bionos sie vor ihrem Auge zerrissen und die Schnipsel mit einem Funken aus seinem Zauberstab angezündet hatte. „Du wirst nie wieder darüber sprechen, oder wir werden dafür sorgen, dass du es bitter bereust." Hatte er gesagt und eisige Hände hatten sich um ihren Hals gelegt. Resa hatte sie packen und ihren Hals befreien wollen, doch da war nur ihre eigene kalte Haut, die ihr langsam die Luft zum Atmen genommen hatte. Ihre Augen hatten vom Qualm des brennenden Papiers getränt und sie hatte wie jetzt unkontrolliert zu zittern begonnen. Ihr Gehirn hatte allerlei unwichtiges Wissen zu Sauerstoffmangel ausgespuckt. Das hatte sie nur noch panischer gemacht und schließlich hatte sich ihr Selbsterhaltungstrieb eingeschaltet. Er war stärker als ihr Wille gewesen, der sich nicht hatte beugen wollen. Sie war in diesem einen Moment schwach gewesen und so hatte sie eingewilligt. Es war kein unbrechbarer Schwur gewesen. Eher eine andere Art von Zauber. Ihr Kollege war aus dem Büro gegangen und hatte sie nach Atem ringend allein gelassen. Vor drei Monaten war er wegen Mitgliedschaft bei den Todessern verhaftet worden. Er saß jetzt in Askaban und doch spürte Resa immer noch die kalten Hände um ihren Hals, wenn sie an die Liste dachte. Wenn sie ehrlich war hatte diese Einschüchterung ihr das Leben gerettet. Seit diesem Tag hatte sie einen Angriff erwartet und einzig und allein das hatte für die schnelle Reaktion gesorgt, die laut den Heilern die Ursache für ihr Leben war.

Resa kehrte zurück in die Wirklichkeit und bemerkte, dass Daniel nach ihrer Hand gegriffen hatte. Die Wärme die von ihr ausging vertrieb die Kälte in Resas innerem. Harry stand etwas abseits und betrachtete sie beide. In seinen Augen lag etwas, dass Resa schwer einschätzen konnte. Sie glänzten, vielleicht lag Trauer in ihnen oder Wehmut. Resa kannte die Geschichte des Zauberers, sie kannte sie recht gut. Wahrscheinlich hatte er bereits schlimmeres erlebt als sie es je würde. So nahm sie ihn zum Vorbild, als sie beschloss stark zu sein. Sie war stark gewesen, als sie immer mehr von ihrem Zuhause verlor und als die Mauern von Hogwarts plötzlich Augen und Ohren hatten. Sie war stark gewesen, als in der Schlacht um sie herum Menschen gestorben waren und als der Todesser nicht mehr aufgestanden war. In diesem einen Moment in ihrem Büro aber war sie schwach gewesen. Sie bereute ihn noch immer und doch wusste sie, dass es eine andere Stärke brauchen würde um ihn zu überwinden. Dieses mal war sie auf die Kälte vorbereitet. Sie kniff die Augen zusammen und wartete. Es passierte nichts, die Kälte blieb aber das war es auch. Sollte es ein einfacher Kältezauber sein? Vorsichtig tastete Resa sich in ihrem Gehirn in den Winkel vor, in dem sie die Erinnerung an die Liste hatte. Als sie sie gefunden hatte streckte sie zaghaft die Hand aus und berührte die Erinnerung. Die Wärme an ihrer Hand war noch da. Die Kälte auch und der Blick von Harry. Aber sonst passierte nichts und so griff Resa beherzt nach der Erinnerung. Sie musste aus der Zeit kurz vor jenem Ereignis gewesen sein. Die Liste lag fertig vor ihr auf dem Tisch. Resa Lächelte, die Kälte und der damit verbundene Schmerz ließ nach. Resa hatte gar nicht gemerkt, dass er da gewesen war. Alles schien gut zu sein, bis die Liste vor ihrem inneren Auge zu schwarzem Staub zerfiel, der sich auf dem Boden zerstreute. Eine Stimme lachte und Resa konzentrierte sich. Das hier war eine Erinnerung, Erinnerungen konnten manipuliert werden. Aber kein Zauber war stark genug um gegen alle Anstrengungen zu bestehen. „Außer ein schwarzmagischer vielleicht", flüsterte eine Stimme in ihrem Kopf. Im Ignorieren hatte Resa ja inzwischen Übung. Sie verzog das Gesicht und spürte, wie sich Schweißperlen an ihrer Stirn bildeten. Vielleicht redeten die Beiden anderen Anwesenden im Raum miteinander. Resa war zu sehr weggetreten um etwas zu verstehen. Vor ihrem inneren Auge setzte sich die Liste neu zusammen. Da war sie die Überschrift, die Abteilungen die als erstes Übernommen worden waren und da war auch der Name, den sie gesucht hatte. „Wir müssen sofort los", sagte sie in die Stille, die vielleicht gar keine Stille mehr war.

Es wird besser werden - Die Wahrheit über die Ereignisse im Frühjahr 2000Where stories live. Discover now