34. Kapitel: Montag, 27. März 2000

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Resa

Der Morgen war exakt so, wie jeder Morgen im St. Mungos war. Es gab pünktlich um Acht Frühstück, während das Geschirr um halb Neun wieder abgeräumt wurde. Mit dem Frühstück kam auch der Tagesprophet, da Eulen nicht einfach so durch die Krankenzimmer fliegen durften. Resa hatte ihn wie jeden Morgen durchgeblättert. Aber kein Artikel hatte sofort ihre Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Also hatte sie die Zeitung wieder zur Seite gelegt, im Laufe des Tages würde sie noch genug Zeit zum Lesen haben. Dann begannen für Resa immer Stunden der Langeweile. Sie schrieb alte Berichte ab und arbeitete an neuen oder versuchte sich sonst irgendwie zu beschäftigen. Schließlich ging es ihr ja eigentlich gut. Wenn man von der Tatsache absah, dass sie ihre Beine noch immer nicht bewegen konnte und die Heiler keine Ahnung hatten, woran das lag. Im Moment tippten sie auf einen Lähmspruch, der Resa möglicherweise hätte töten können, den sie dann aber irgendwo am Rückenmark eingeschlossen hatte. Resa selbst bezweifelte, dass das die Lösung war, aber sie wollte zumindest versuchen den Heilern zu vertrauen. Jedenfalls war das auch an dem Montag so, an dem sie bereits über eine Woche im St. Mungos lag. Es war noch vor Mittag und sie versuchte gerade sich mit einem Buch über die Koboldkriege abzulenken. Ja, so weit war es schon gekommen, jetzt las sie schon die Schullektüre, die sie in der Schule nie gelesen hatte. Kurz darauf passierte aber tatsächlich einmal etwas, was normalerweise nicht zu einem gewöhnlichen Morgen gehörte. Alles begann damit, dass die Heiler im Flur irgendwas riefen und eine ganz neue Hektik in der Luft lag. Resa wusste nicht, ob das besonders gut oder schlecht war. Bisher hatte sie diese Situation erst einmal erlebt. Das war jetzt genau eine Woche her, als der, wie die Presse es nannte, zweite Angriff passiert war. Im Flur rumpellte es und Leute schienen etwas zu rufen. Leider waren die Zimmer allerdings mit einem Zauber versehen worden, der das Gerufene unverständlich machte. Auch bei den Zauberern war der Datenschutz ein Thema. Es verstrich etwas Zeit, in der nichts passierte und Resa versuchte sich wieder auf das gelesene zu konzentrieren. Leider kam es ihr nun nicht mehr sonderlich spannend vor, auch wenn das Thema eigentlich ganz spannend war. Nachdem sie einen Satz dreimal hintereinander gelesen hatte ohne ihn zu registrieren gab sie es auf. Sie würde sich zwar für immer an den Satz erinnern, aber es machte keinen Sinn, wenn sie im Moment nichts damit anfangen konnte. Also widmete sie sich ganz dem Band an Gedanken, das durch ihren Kopf geisterte. Ungefähr zwei drittel davon hatten mit der Unruhe im Gang zu tun. Hatte es wieder einen Angriff gegeben? War vielleicht sogar jemand gestorben? Nachdem sie das gedacht hatte wurde leider eine ganze Spalte in ihren Gedanken geöffnet, die alle nur mit dem Tod zu tun hatten. Sie sah fast bildlich vor sich, wie sie am Grab ihrer Großmutter mütterlicherseits stand. Sie war damals sieben gewesen, Sophia erst fünf. Es war eine alte Erinnerung, mit der sie einigermaßen umgehen konnte. Eine schiere Erleichterung im Vergleich zu dem, was folgen sollte. Denn im nächsten Moment stand sie an keinem Bett mehr, sondern betrat gerade den Teil des Schlosses, in dem die Toten der Schlacht ruhten. Sie erinnerte sich an jedes Detail davon und es war, als würde es jetzt erst passieren und war keine zwei Jahre her. Die Luft war kalt gewesen, obwohl es schon fast wieder Sommer gewesen war. An die genaue Uhrzeit konnte sie sich zu ihrer eigenen Verwunderung selbst nicht mehr erinnern. Es musste irgendwann ziemlich kurz nach dem Ende der Schlacht gewesen sein. Vielleicht hatte sie zwischendurch auch noch irgendwann geschlafen, sicher konnte sie sich da ausnahmsweise nicht mehr sein. Aber sie hatte gemerkt, dass Fee nicht in ihren Schlafsaal zurückgekehrt war. Als sie also zwischen den Leichen entlanggegangen war, hatte sie noch gehofft ihre Freundin unter den Trauernden zu finden. Sie hatte sie unter den Toten gefunden und irgendwann hatte Daniel sie dann neben Fees Barre gefunden. Gerade, als sie an dem Punkt angekommen war, öffnete sich ihre Zimmertür und riss Resa aus ihren Gedanken. Sie erwartete irgendwelchen Besuch zu bekommen, doch die Heiler schoben ein weiteres Bett ins Zimmer. Resa lag schon so lange allein dort, dass sie ganz vergessen hatte, dass es sich eigentlich um ein Zweibettzimmer handelte. Sie richtete sich so gut es ging auf um ihren neuen Mitbewohner oder ihre neue Mitbewohnerin in Augenschein zu nehmen. Ob es die Person war, die die Heiler erst gerade hergebracht hatten? Leider stand das Bett so, dass Resa kaum etwas erkennen konnte und die Heiler oder was auch immer sie waren verschwanden auch, bevor sie sie danach fragen konnte. Es war also einmal mehr warten angesagt, was konnte sie auch sonst tun? Eigentlich tat sie schon die ganze Woche nichts anderes als zu warten. Die Person in dem Bett schien augenscheinlich zu schlafen oder war bewusstlos. Genau konnte Resa das wie bereits festgestellt nicht erkennen. Dieses Mal musste sie aber tatsächlich nicht so lange warten. Ihr kam es so vor, als wären die Heiler kaum aus dem Zimmer gegangen, als es schon wieder an der Tür klopfte. Es waren weder noch ein weiterer Patient, noch irgendwelche Heiler. Irgendwann demnächst sollte es Mittagessen geben. Stattdessen kam Daniel ins Zimmer, blickte einen Moment verwundert auf das Zusätzliche Bett und kam dann zu Resa. "Du hast eine neue Zimmergenossin." Stellte er fest, während er sich auf den altbekannten Stuhl setzte. "Es ist also eine Frau." Erwiderte Resa nur. "Guten Morgen erstmal". Daniel lächelte. "Guten Morgen, ich dachte ich komme noch schnell vorbei, bevor meine Schicht beginnt." JA, Daniel war eine der guten Sachen in der letzten Zeit gewesen. Er hatte sie fast jeden Tag besucht und sich zumindest ein wenig mit ihr unterhalten. Wieso wusste sie nicht genau, aber sie glaubte es war nicht nur für sie sehr angenehm gewesen. "Wie lange seid ihr schon zu zweit?" Fragte Daniel in diesem Moment weiter. "Du könntest die Heiler, die sie hergebracht haben noch gesehen haben." Erwiderte sie mit neutraler Stimme. "Gibt es sonst irgendwas neues?"

Es wird besser werden - Die Wahrheit über die Ereignisse im Frühjahr 2000Where stories live. Discover now