11. Kapitel: Samstag, 18. März 2000

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Harry

„Es muss gegen sechs gewesen sein, als ich draußen plötzlich Schreie gehört habe. Ich dachte mir erst nichts dabei, da sich unsere Nachbarn öfter im Hof streiten. Erst als ich am Fenster Lichtreflexe wahrnehmen konnte, wurde mir bewusst, dass da mehr dahinter stecken muss. Ich bin ans Fenster gerannt, konnte aber nichts erkennen. Also bin ich nach unten gesprintet und habe Resa regungslos auf dem Teppich vor der Haustür liegen sehen. Äußerlich hatte sie keine Schäden, aber sie hatte einen Zauberstab in der Hand und da ist mir klar geworden, dass sie ebenfalls eine Hexe sein musste.

Sie hat es ziemlich gut versteckt, wahrscheinlich besser als ich. Jedenfalls habe ich dann einen Patronus ins St-Mungos geschickt und auf die Ankunft der Heiler gewartet. Während der Wartezeit ist mir nichts besonderes mehr aufgefallen. Es scheint auch nicht so, als würde irgendeiner unserer Nachbarn den Vorfall für komisch halten". Mit diesen Worten beendete Amalia ihre Erzählung. Die verzauberte Feder hörte nur Sekundenbruchteile später auf zu schreiben. „Können sie mir sagen, was für Flüche gesprochen wurden?", fragte Harry weiter. Die Hexe schien zu überlegen. „Es muss etwas sehr Mächtiges gewesen sein, sonst hätte es nicht diese Reaktion gegeben. Außerdem wäre der ganze Überfall dann sinnlos gewesen. Als ich sie gefunden habe hatte sie wie gesagt ihren Zauberstab noch in der Hand. Ich schätze mal, dass sie sich noch gewehrt hat. Vielleicht wurde der Angreifer auch verschreckt und konnte sein Werk deshalb nicht vollenden...". Harry fragte sich unweigerlich, warum er nicht selbst darauf gekommen war. „Ist ihnen sonst irgendwas komisches aufgefallen?". Amalia überlegte. „Jetzt wo sie es sagen, es gab mehrere Vorfälle in dieser Gegend, die durchaus durch Magie begründet sein könnten. In ihren Akten dürfte doch was dazu stehen...".

Harry legte die Mappe auf den Tisch und blätterte sie noch einmal durch. Es stand nichts zu irgendwelchen Vorfällen in dieser Straße darin. Er würde wohl noch einmal im Ministerium nachfragen müssen. Am besten sofort. Er stand auf und reichte Amalia die Hand: „Dann danke ich ihnen für ihre Zeit. Wenn ich noch etwas wissen möchte werde ich sie kontaktieren. Ebenso wie sie sich jederzeit an mich wenden können". Amalia nickte, griff dann nach seiner Hand und schüttelte sie. „Auf Wiedersehen". Sie geleitete ihn in den Flur, wo sie auch wieder auf den dritten Bewohner der Wohnung stießen. Jetzt, wo die Nervosität verschwunden war, konnte Harry sich auch einmal in der Wohnung umsehen. Sie war nicht sehr groß, zumindest für drei Personen, die wohl alle getrennte Schlafzimmer hatten. Trotzdem war es hier gemütlich. Wahrscheinlich auch um einiges gemütlicher als im Grimmaultplatz.
Das Haus war riesig, viel zu groß für die zwei Personen, die im Moment dort wohnten.

Der Mann schaute ihn immer noch misstrauisch an. Das fiel Harry auf, als er von seinem kleinen Ausflug in den Grimmauldplatz zurück in die Wirklichkeit kam. Woher er kam, wusste Harry nicht, vielleicht hatte er versucht zu lauschen. Der Blick, dem er standhalten musste, war sehr intensiv. Er prickelte auf Harrys Haut und dieser musste sich zusammenreißen, um nicht zu zeigen, dass ihm der Blick unangenehm war. Wenn der Mann nur wissen würde, was für Erfahrungen Harry schon mit Blicken gemacht hatte.

Bevor er aber noch was sagen konnte fiel die Tür hinter ihm ins Schloss. So plötzlich, dass Harry sich ersteinmal sammeln musste, bevor er den Weg durch das Treppenhaus hinunter in den Innenhof antrat.

Er wollte zurück ins Ministerium, um herauszufinden welche Vorfälle Amalia Mielert gemeint hatte. Dazu würde er wohl wieder die U-Bahn nehmen müssen. Mitten in einem Hinterhof zu apperieren war eher keine gute Idee und so würde er jetzt wohl den Weg nehmen, den Theresia Fox zuletzt in die entgegengesetzte Richtung genommen hatte. Harry schauderte bei dem Gedanken daran, dass es ihr letzter Weg vor dem Angriff gewesen war. Dabei hatte er den Weg gerade schonmal genommen.

Prompt stieß er daraufhin mit einem entgegenkommenden Passanten am Tor zusammen. Er blickte nicht auf sondern murmelte nur schnell eine Entschuldigung, um dann weiter zu hasten. Er überlegte schon doch noch irgendwie zu apperieren, als er eine Hand auf seinem Arm spürte.

„Harry?", fragte eine Stimme.
Harry schreckte auf. Er kannte diese Stimme von früher. Aber er hatte sie schon lange nicht mehr gehört. Es wäre ein sehr großer Zufall, wenn die Person ausgerechnet hier wäre.

Langsam drehte er sich um. Dabei wusste er nicht ob er hoffen oder Angst haben sollte. Doch er hatte sich nicht getäuscht. Dort auf den Pflastersteinen stand sein ehemals verhasster Cousin, Dudley Dursley. „Du bist es tatsächlich", sagte dieser.

Wie Harry war auch Dudley in den letzten Jahren erwachsen geworden. Vielleicht nicht so schnell wie sein Cousin, aber er strahlte eine gewisse Gelassenheit aus. „Ja, scheint so...". Harry wusste nicht genau, wie er sich verhalten sollte. Er hatte in den vergangenen zwei Jahren zwar überlegt wieder Kontakt zur Familie seiner Tante aufzunehmen. Aber irgendwas hatte ihn immer davon abgehalten. Jetzt stand sein Cousin plötzlich vor ihm und mit ihm kam alles wieder hoch, über das er gerade hinweg gewesen war.
„Du siehst gut aus", sagte Dudley. Sie wirkten nicht wie Leute, die fast elf Jahre unter einem Dach gelebt hatten. Vielleicht lag es daran, dass sie sich zwei Jahre nicht gesehen hatten und auch davor hatten sie kaum noch geredet. Harry lächelte. „Du auch". Es stimmte, Dudley hatte sich verändert. Vielleicht hatte die Diät, die ihm schon seit einer Ewigkeit verschrieben worden war, endlich gewirkt und ihm eine neue Vitalität verpasst oder aber Harrys Cousin hatte sich einfach grundlegend verändert oder Harry hatte einfach schlechte Erinnerungen. „Ja, äh...". Dudley schien die Situation genauso unangenehm zu sein wie Harry. „Willst du noch mit reinkommen? Ich habe in den letzten Jahren öfter versucht Kontakt aufzunehmen, aber meine Mittel sind begrenzt". Er lächelte und Harry war ehrlich überrascht. Er hatte sich nie überlegt, ob seine Familie ebenfalls wieder Kontakt wollte. Nicht nach alldem, was vorgefallen war. „Du wohnst jetzt hier?", fragte Harry schließlich aus Ermangelung einer Antwort. „Ja, ich weiß immer noch nicht wie ich es geschafft habe von Zuhause auszuziehen". Verlegen strich sich Dudley über sein Haar. Harry kannte seinen Cousin gar nicht so und doch konnte er nachvollziehen, was dieser meinte. „Tante Petunia kommt dich doch sicher noch andauernd besuchen". Dudley lachte und Harry war kurz davor einzuwilligen und noch etwas länger mit seinem Cousin zu reden, als der Patronus erschien.

Er hatte die Form eine Schwalbe und nur einen einzigen Satz zu sagen: „Sie ist aufgewacht".

Es wird besser werden - Die Wahrheit über die Ereignisse im Frühjahr 2000Där berättelser lever. Upptäck nu