17. Kapitel: Samstag, 18. März 2000

19 1 2
                                    

Daniel

In der U-Bahn war es voll und stickig. Die Touristen drängten sich an die Einheimischen, um unbedingt noch drei Minuten früher hier und dort zu sein. Obwohl es gerade einmal Frühling und dementsprechend kalt war, war es in dem Zug unnatürlich warm. In seinem dicken Wintermantel schwitzte Daniel höllisch, selbst bei den drei Stationen, die er fahren musste. Im Gegensatz zu einigen Kollegen musste er heute nicht arbeiten und er nutzte die freie Zeit für einen Bummel durch das Muggel-London, bevor er sich am Abend mit Theresia Fox treffen würde. Noch immer war es ihm schleierhaft, wie es dazu kommen konnte.

Die Bahn hielt und die Türen öffneten sich mit einem lauten Zischen. Auf dem Bahnsteig standen noch eine ganze Menge Menschen, die ebenfalls mitfahren wollten. Daniel war froh, dass er jetzt aussteigen musste und so der Enge der Bahn entkam. Fast ein wenig mitleidig musterte er die Einsteigenden, die versuchten doch noch irgendwie einen Platz zu finden. Dabei entdeckte er eine Person in einem typischen Zaubererumhang, der nicht mehr ganz der Mode entsprach. Eigentlich kein allzu seltsames Bild. Viele Zauberer benutzten ab und zu die U-Bahn
- aber nicht um diese Zeit in diesen Klamotten.

In diesem Moment drehte die Person sich um und schaute Daniel direkt ins Gesicht. Er erkannte eine der Reporterinnen vom Tagespropheten. Sie war auch nach der Schlacht vor Ort gewesen und er hatte ihr Bild ein oder zweimal irgendwo gesehen. Blöderweise schien sie ihn auch zu erkennen. Woher wusste er nicht, er hatte Reporter immer gemieden, weil seine Eltern den Medien schon ein gesundes Misstrauen entgegen gebracht hatten. Daniel meinte sie einmal mit Theresia gesehen zu haben, er war sich aber nicht sicher.
Die Frau hatte sich inzwischen umgedreht und war dabei sich einen Weg durch die Menge zu bahnen. Sie sah unausgeschlafen und zerknautscht aus. Was sie wohl wach hielt? Trotz seinem Misstrauen konnte sich Daniel nicht dazu aufraffen weiter zugehen. Selbst dann nicht, als die blonde Frau sich einen Weg über den vollen Bahnsteig hin zu ihm bahnte. „Du bist doch Daniel?", rief sie ihm zu, als sie fast bei ihm angekommen war. Woher kannte sie Bitteschön seinen Namen?

Andererseits war er auf einigen Listen zu finden, so unwahrscheinlich war es also gar nicht, dass jemand seinen Namen wusste. Zumindest, wenn sich dieser Jemand mit ihm beschäftigt hatte. Aber wieso bei Merlin und allen anderen großen Zauberern sollte sich eine Journalistin mit ihm beschäftigen?

Während seines durchaus interessanten Gedankengangs war die Frau bei ihm angekommen.
„Du bist Daniel!", stellte sie fest obwohl Daniel das sicher mit keiner Regung kommentiert hatte.
„Ich bin Viktoria", redete die Frau einfach weiter. Sie schien Daniels Unbehagen gar nicht zu bemerken oder zu ignorieren. Mit einem freundlichen Gesichtsausdruck streckte sie ihm ihre Hand hin. Er ergriff sie und schüttelte sie aus Reflex. In dem Dorf, in dem er lebte zählte der erste Eindruck viel. Die Erfahrungen aus seiner Kindheit hatten ihm einige Verhaltensweisen eingeimpft und so kam es, dass er ohne nachzudenken reagierte.
„Können wir irgendwo ungestört reden?". Viktoria schaute ihn erwartungsvoll an. Daniel verstand warum die Frau Journalistin geworden war. Trotz seiner Abneigung gegen ihren Beruf war sie ihm sympathisch.
„Wir können hier um die Ecke in ein kleines Café gehen", schlug er vor. Zu sich nach Hause würde er niemanden so einfach mitnehmen.

Sie zog eine Augenbraue hoch. Viele kleine Cafés gab es in dieser Ecke von London nicht, der volle Bahnsteig um sie herum bewies das deutlich.
„Das Café ist in einem Hinterhof, schwer zu finden für die Touristen. Was wollen sie eigentlich von mir?", erklärte er, bevor er es endlich schaffte sein Misstrauen zum Ausdruck zu bringen. Es klang noch nicht mal so unhöflich. Viktoria lächelte immer noch. „Keine Sorge, ich bin außer Dienst und komme ziemlich direkt vom St. Mungos. Darüber würde ich allerdings gerne in Ruhe sprechen". Sie schaute sich bedeutungsvoll um.
„Hier haben die Wände sicher Ohren". Sein Instinkt sagte Daniel, dass er Viktoria trauen sollte und das ihn ihre Nachricht interessieren könnte. Er redete sich ein, dass dies der einzige Grund war, warum er beschloss mit ihr zu gehen.

Sie waren ein seltsames Paar, die blondhaarige Frau im Umhang und der ebenfalls blonde Zauberer in Muggel Klamotten. Mehr als ein Blick lag während des Weges aus der Station heraus durch die Straßen von London auf ihnen. Es waren jedoch nur flüchtige Blicke, niemand beobachtete sie und das war auch nach zwei Jahren noch ein sehr gutes Gefühl. Mit einem Schaudern dachte Daniel an den Tag zurück, an dem die Wände in Hogwarts Augen und Ohren bekommen hatten. An dem der sicherste Ort zum Unsichersten geworden war. Die Erinnerungen verblassten langsam, dass hatte er anderen Schülern voraus. Beispielsweise Theresia, mit der er in zwei Stunden verabredet war. Er passierte mit Viktoria das offen stehende Tor zu dem kleinen Innenhof. Gleichzeitig brach die Sonne zwischen den Wolken hervor, die den Himmel den ganzen Tag bedeckt hatten. Sofort stieg die Temperatur um ein paar gefühlte Grad Celsius und Viktoria und Daniel bot sich ein geradezu romantischer Blick auf den kleinen Laden. Wie Daniel vermutet hatte waren kaum andere Kunden da, die Ladenglocke bimmelte, als sie eintraten. Das lies die Verkäuferin und zwei Kunden am Tresen aufblicken. Sie grüßten sich und die beiden Neuankömmlinge setzten sich in eine einsame Ecke, von mehreren Topfpflanzen abgeschirmt und weit von den anderen Gästen entfernt. Auf dem Tisch lagen die Speisekarten, in denen sie nun pflichtschuldig blätterten. Man setzte sich nicht in ein Café ohne etwas zu bestellen. Während sie etwas von der Karte wählten und im Kopf überschlugen, Daniel ging davon aus das es Viktoria wie ihm ging, ob sie genügend Muggelgeld dabeihatten schwiegen sie. Er entschied sich schließlich für eine Tasse Pfefferminztee, schließlich würde er später noch essen gehen. Auch Viktoria schien sich entschieden zu haben und sie bestellten bei der Bedienung. Erst als diese wieder gegangen war begannen sie erneut zu reden. „Wieso wollen sie jetzt nochmal mit mir reden?" Fragte Daniel erneut und machte damit den Anfang. Er war sich immer noch nicht sicher, was er von der ganzen Situation halten sollte. Viktoria seufzte und die sonst so fröhlich wirkende Frau sah plötzlich um Jahre älter aus. „Erstmal, bitten nenn mich einfach Viktoria und nicht Miss Fox oder so..." Ruckartig klappte sie ihren Mund zu. Es war als hätte sie ihm ungeplant Informationen gegeben. Da verstand auch Daniel, was der Name bedeutete. „Dann bist du mit Resa verwandt."

Es wird besser werden - Die Wahrheit über die Ereignisse im Frühjahr 2000Where stories live. Discover now