33. Kapitel: Montag, 27. März 2000

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Viktoria

Der Montagmorgen begann, wie viele Tage auch sonst begannen. Ohne Kaffee, dafür aber mit Kopfschmerzen und dem wirklich gut gelaunten Praktikanten. Selbst für Viktorias Geschmack war dieser an diesem Morgen etwas zu gut gelaunt, als er sie lautstark begrüßte. Sie hatte den ganzen letzten Abend damit verbracht alte Artikel zu sortieren. Hauptsächlich war es um die Zeit kurz vor und direkt nach dem Sturz von Voldemort gegangen. Es gab wirklich schönere Möglichkeiten seinen Sonntag ausklingen zu lassen. „In einer Viertelstunde ist Redaktionssitzung, es wird deine Anwesenheit erwünscht." Erklärte der Praktikant immer noch mit viel zu fröhlicher Stimme, während Viktoria ihren Mantel aufhängte. „In Ordnung." Antwortete sie nur kurzangebunden. Nach der letzten Woche wunderte es den Praktikanten scheinbar schon gar nicht mehr. Sie ließ ihn einfach stehen und lief auf direktem Weg zu ihrem Büro, das seit neuestem sogar einem semi aufgeräumten Schreibtisch besaß. Aus einer Tasche, die sie mitgebracht hatte, zog sie die Mappe, in der sie die Ausschnitte sortiert hatte. Sie legte sie auf den Schreibtisch und ließ sich selbst auf den Stuhl dahinter fallen. Ganz oben lagen einige Ausschnitte aus der Woche, in der das neue Schuljahr in Hogwarts nach der Schlacht begonnen hatte. Es war auch ein recht großer Artikel darüber in der Mappe gewesen, da war Viktoria sich sicher. Ganz oben lag jedoch ein Artikel über die Beziehungen zu den Muggeln. Den wollte Viktoria gerade nochmal lesen, als eine Eule an die Fensterscheibe klopfte. Verwundert, da sie keine Post erwartete, ging Viktoria zum Fenster und öffnete es. Die Eule kam ins Zimmer geflogen und zog erstmal eine Runde an der Decke, bevor sie sich auf dem Schreibtisch niederließ. Schnell kramte Viktoria ein paar Eulenkekse aus ihrer Tasche. Sie hatte in der letzten Woche dazugelernt. Die Eule stürzte sich auf das Essen und ließ sich nun auch von Viktoria den Brief an ihrem Bein abnehmen. Schnell überflog sie die Zeilen, während die Eule schon wieder aus dem Fenster davonflog. Hallo Vik,
Ich weiß, dass ich dich wahrscheinlich bei der Arbeit störe, aber es ist wichtig. Komm bitte direkt ins Sankt Mungos.
Alles Liebe Resa

Zu ihrer eigenen Verwunderung machte sich Viktoria als erstes darüber Gedanken, wie ihre Schwester an eine Eule gekommen war. Dann wurde ihr richtig klar, was der Brief bedeutete. Sie kannte ihre Schwester gut genug um zu wissen, dass sie ihr nicht einfach mal Briefe während der Arbeitszeit schickte. Es musste also irgendwas passiert sein. Was stand sie dann noch so rum? Der Stuhl schlug mit einem lauten Scheppern auf dem Boden auf. Beim aufspringen musste sie ihn mit Schwung nach hinten gestoßen haben. Viktoria machte sich nicht die Mühe ihn wieder aufzuheben. Stattdessen griff sie nach der Türklinke und drückte sie nach unten. Schon war sie durch die Tür und hatte das Fenster in ihrer Eile offen stehen gelassen.
Im Hauptraum war es ungewöhnlich voll. Das war das nächste, was Viktoria bemerkte. Einige ihrer Kolleginnen und Kollegen standen herum, unterhielten sich und schienen auf etwas zu warten. Natürlich, fast hätte sie sich gegen die Stirn geschlagen. Die Redaktionssitzung würde in Kürze anfangen, allerdings ohne sie. Das würde zwar nicht den besten Eindruck hinterlassen, aber was wollte sie machen? Der Brief war vorerst wichtiger. In ihrer Eile nahm sie den Mantel vom Haken und stieß mit dem Praktikanten zusammen. „Wo willst du hin, die Redaktionssitzung fängt gleich an?" Fragte dieser und verschränkte sie Arme. Für einen Moment sah es so aus, als wäre er der Redakteur und sie die Praktikantin. „Dringender Familienvorfall, sag Mr. Fiar, dass er es zur Not von meinem Gehalt abziehen kann." Murmelte Viktoria nur schnell. Sie schob sich an dem Mann vorbei, bevor er Zeit hatte zu Antworten. Mit ein paar weiteren Schritten hatte sie die Tür erreicht und verschwand ins Treppenhaus. Außer dem Praktikant schien niemand ihren Abgang bemerkt zu haben.

Dem Geheimhaltungsabkommen zur Liebe apperierte Viktoria nicht direkt vor die Tür des immer noch geschlossenen Kaufhauses. Das taten sicher schon genug Angehörige von frisch eingelieferten, von jenen ganz zu schweigen. Von der Seitenstraße, in der sie gelandet war, waren es noch gut zwanzig Meter zu Fuß. Kurze Zeit später betrat sie die Empfangshalle und machte sich direkt auf den Weg zum Aufzug. Sie wusste schließlich, in welchem Zimmer Resa hoffentlich immer noch lag. Sie schien glück zu haben, der Aufzug kam nur Sekunden, nachdem sie vor ihm stehen geblieben war. Sie stieg zusammen mit einer Frau ein, die in den zweiten Stock musste. Hinter ihnen kam noch ein augenscheinlicher Heiler, der den Knopf für den dritten Stock drückte. Viktoria selbst musste in den vierten Stock, sie würde also am längsten im Aufzug bleiben müssen. Unruhig klopfte sie mit ihren Fingern gegen ihren Oberschenkel, während die Türen sich wieder schlossen und der Aufzug sich endlich in Bewegung setzte. Durch ihren Kopf geisterten hunderte von Gedanken, von "hoffentlich ist Resa nichts passiert" bis "Wie oft ich deswegen wohl Wochenenddienst bekomme?" war alles dabei. Die Stille im Aufzug machte das auch nicht besser. Die Frau starrte nur auf die Anzeigetafel und der Heiler blätterte in irgendwelchen Akten. Der Weg in den zweiten Stock war ihr, so glaubte sie, noch nie so lange vorgekommen. Endlich öffneten sich die Türen und die Frau stieg aus. Niemand neues stieg zu und der Heiler schaute nicht einmal von seinen Akten auf. Wieder dauerte es ein paar lange Sekunden, bis die Tür sich schloss und der Aufzug sich auf den Weg in den dritten Stock machte. Dort angekommen verschwand auch der Heiler, ohne Verabschiedung oder überhaupt aufzusehen. Seine Stirn war zu einer Sorgenfalte verzogen. Jetzt war Viktoria allein im Aufzug, ob sie das gut oder schlecht finden sollte, wusste sie nicht. Gerade, als die Türen sich wieder schließen wollte huschte noch eine weitere Person herein. Augenblicklich wurde es ein paar gefühlte Grad kälter in dem engen Raum. Die Türen schlossen sich und der Aufzug setzte sich wieder in Bewegung. Gleich würde Viktoria aussteigen können. Sie fragte sich, ob der Mann, der hereingekommen war, ein Besucher oder Patient war. Da begann dieser plötzlich zu sprechen: "Dies ist eine Nachricht für Viktoria Fox. Wirst du unsere Anweisungen befolgen und so weder dich noch deine zwei jüngeren Schwestern in Gefahr bringen?" Seine Stimme war leise, scharf und bitterkalt. Es war die typische Stimme eines Serienkillers, der nun einen Arm nach ihr ausstreckte. Seine Berührung war ebenfalls eiskalt und Viktoria griff nach ihrem Zauberstab. Gleich würden sie im vierten Stock sein, dann war es vorbei. Doch der Mann sah nicht so aus, als würde er das zulassen. Mit dem schwarzen Mantel und langen Zauberstab, sah er etwas wie Gevatter Tod persönlich aus. Seine Gegenwart schüchterte Viktoria mehr ein, als sie zugeben wollte und rief zudem alte Erinnerungen wach. Er sah nicht wie jemand aus, der leere Drohungen ausstieß und Viktoria würde auf gar keinen Fall Resa oder Sophia in Gefahr bringen. Der Aufzug kam endlich im vierten Stock an, doch der Mann ließ sie nicht aussteigen, sondern packte sie am Handgelenk. Der Flur war leer, niemand konnte ihr hier helfen. "Hast du dich entschieden?" Fragte der Mann flüsternd mit fast zärtlicher Stimme. Viktoria war sich bewusst, dass sie wahrscheinlich unter irgendeinem Zauberbann stand, konnte aber nicht dagegen ankämpfen. Sie spürte, wie sie nachgab und nickte, aber es war eher, als würde sie das alles durch einen langen Tunnel wahrnehmen. Das sowas ausgerechnet im magischen Krankenhaus möglich war.

Es wird besser werden - Die Wahrheit über die Ereignisse im Frühjahr 2000Where stories live. Discover now