42. Kapitel: Montag, 27. März 2000

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Resa

Als Resa die Augen aufschlug sah sie einmal mehr in das besorgte Gesicht ihrer Mutter. Trotz des grellen Lichtes konnte sie sehen, dass diese geweint hatte. Ihr erster Gedanke dazu war, dass sie doch bitte nicht schon wieder angegriffen worden war. „Du bist wach", das war die Stimme ihres Papas. Er stand neben seiner Frau und schaute ungefähr genauso besorgt drein. Er streichelte über Resas Hand, was diese mit der Bewegung ihrer Finger. Immerhin war das etwas, was funktionierte. Resa hob die Hand und deutete auf das Wasserglas. Sie wollte nicht schon wieder mit trockenem Mund reden. Sie dachte das und fast unbemerkt schlich sich ein Lächeln auf ihr Gesicht. Ganz deutlich spürte sie nun die verschwitzte Kleidung, die ihr am ganzen Körper klebte. Wage Erinnerungen an ein durcheinander von diesen kamen zu ihr durch. Jetzt schien aber alles wieder sortiert. Der Schlaf oder was auch immer das gewesen war, schien geholfen zu haben. Dankbar nahm sie das Wasserglas entgegen, dass ihr gereicht wurde. Das Wasser rann ihre Kehle hinunter und weckte sie endgültig. Auf einmal viel wacher schaute sie sich im Zimmer um. Es war eindeutig das selbe, in dem sie die letzte Woche verbracht hatte. Das bedeutete, sie drehte den Kopf und sah den Vorhang, der wieder vorgezogen worden war. „Was ist passiert?" Fragte sie und drehte den Kopf wieder zu ihren Eltern. Die Beine traute sie sich gar nicht zu bewegen. Wahrscheinlich war sie deswegen schon ganz verspannt. Die Angst vor dem Ergebnis war aktuell noch größer als die Neugier davor. „Du hast Fieber bekommen und warst vollkommen weggetreten." Die Stimme ihrer Mutter klang eindeutig besorgt. Das beunruhigte Resa noch weiter, als Krankenschwester hatte ihre Mutter ein recht gutes Verständnis von Krankheiten. War sie beunruhigt, konnte das nichts gutes bedeuten. „Der Heiler meinte, das müsste eine Rückwirkung des Zaubers sein und das sie da nicht viel machen können." Die Stimme ihres Papas klang eindeutig fassungslos. „Was ist mit Viktoria und Daniel und..." Resa brach ab. Erstens war der Gesichtsausdruck ihrer Eltern nicht gerade besser geworden und zweitens hatte sie in ihrer Hektik versucht sich aufzusetzen. Ihre Beine hatten da leider nicht mitgemacht. Weiterhin hatte sie kein Gespür dafür und auch wenn sie es nicht zugeben würde, es machte sie psychisch schon ziemlich fertig. Nun tätschelte ihre Mutter ihre Hand. Die Geste war sicher gut gemeint, aber Resa wollte gerade kein Mitleid. Sie wollte nur noch wissen was eigentlich los war. Sonst würde sie in ihrem Kummer vergehen und das war etwas, was ein kleiner Teil ihres Kopfes nicht zulassen wollte. „Was ist mit ihnen?" Fragte sie also erneut und starrte vor allem ihren Papa an. Alexander Fox sah fast noch älter aus als in den letzten Tagen. Seine Stirn war gerunzelt und seine Augen drückten vor allem Besorgnis aus. „Viktoria wird aktuell mit den Attentaten in Verbindung gebracht. Sie haben sie nicht nach Askaban gesteckt, aber es ist trotzdem schrecklich." Nach diesen Worten schlug seine Frau ihm gegen die Schulter. „Du sollst sie doch nicht gleich wieder beunruhigen." Erklärte sie. Trotz allem musste Resa leicht Lächeln. Sie mochte die Weise, wie ihre Eltern miteinander umgingen. Dann wurde ihr allerdings klar, was das bedeutete. „Vick hat doch nicht...?" Die Frage war kindisch. Sie war einfach nur kindisch. Wenn ihre Eltern das sagten, war es so. Nur, konnte Resa nicht glauben, dass ihre Schwester sowas tun würde. Sie wusste, wie sehr Viktoria noch immer unter ihren Erfahrungen aus der Todesser Zeit litt. Sie wollte das nicht glauben und mit ihren neuen sortierten Gedanken konnte sie auch nicht glauben, dass Viktoria irgendwas mit den Todessern zu tun hatte. Eine kleine fiese Stimme sagte, dass das naiv und unklug war. Aber das war ihr ebenso egal, wie der klang der Farbe. „Natürlich hat sie das nicht, allerdings muss man sicher sein." Ihr Papa klang bei seinen Worten so überzeugt, dass Resa sich unwillkürlich fragte, ob seine Wahrnehmung nicht doch ein wenig kurzsichtig war. Wahrscheinlich war es das auch, aber das war in diesem Moment egal. „Wie geht es Sophia?" Das war die einzige Frage, die Resa nun noch interessierte. Das alles war kindisch, verwirrend und vollkommen falsch. So falsch, dass sie die Strategie anwendete, die sie schon so oft benutzt hatte. Sie klammerte sich an einem Gedanken fest und das war der an ihre Schwester. „Ihr geht es gut, auch wenn sie sich natürlich sorgen macht." Sagte ihre Mutter. Für Resa war ihre kleine Schwester immer das kleine Mädchen gewesen. Sie hatte die Zauberei nicht geerbt und war fast komplett außerhalb der magischen Welt aufgewachsen. Erst langsam wurde Resa bewusst, dass das kleine Mädchen inzwischen ebenfalls erwachsen geworden war. Bald würde auch sie die Schule beenden. Sie würde sie Schule beenden, wie Resa es vor gut zwei Jahren getan hatte. Mit ihr war der Jahrgang gegangen, der am Meisten von den Todessern in der Schule mitbekommen hatten. Einigen von ihren Mitschülern war das nicht ganz so gut bekommen. „Ist irgendwas?" Alexander Fox hatte sich etwas stärker aufgerichtet. Erst jetzt fiel Resa auf, dass ihr Papa bisher neben dem Stuhl gestanden war, auf dem seine Frau saß. „Alles gut", erwiderte sie. Dabei hatte sie die Frage in irgendwas wichtigem unterbrochen. Alles in ihr schrie danach, dass sie irgendwas übersah. Sie war noch immer im St. Mungos, ebenso wie zwei weitere Personen, die eindeutig ähnliche Symptome aufwiesen. Ihre Schwester stand im Verdacht irgendwas mit der Sache zu tun zu haben und Resa schien nichts weiter tun zu können, als dazuliegen und sich den Kopf zu zerbrechen. Es war zum verrückt werden und alles in ihr schrie danach, dass da irgendwas war. Direkt dort, wo sie es nicht greifen konnte.

Sie wollte gerade tatsächlich anfangen zu schreien, als es im Flur erneut laut wurde. Es schien als würden wieder einmal tausend Füße über den Boden stampfen und die Ahnung von Stimmen drangen durch die Wände an Resas Ohr. Wieder einmal passierte etwas eigenartiges. Mitten in der Hektik, die auch das Zimmer befiel, wurde Resa ganz ruhig. Sie begann den Weg, den sie gehen musste deutlich vor sich zu sehen. „Ich muss hier raus!" Sagte sie zu ihren Eltern.

Es wird besser werden - Die Wahrheit über die Ereignisse im Frühjahr 2000Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt