Nice to see you again

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Jonathans Sicht

"Verfluchte Kind!" Nikolaj warf seinen Helm unsanft auf den Boden in der Kabine was ihm sofort einen strafenden Blick einhandelte. Die meisten Eishockeyspieler hielten nach einem verlorenen Spiel die Klappe, setzten sich, gaben die nötigen Interviews, gingen Duschen und danach beim anziehen ging es schon wieder. So war es jedenfalls bei mir. Hopfen und Malz war noch lange nicht verloren und nur weil wir von den Islanders einen Tritt in die Eier kassiert haben, hieß das nicht, dass es gegen Nashville in vier Tagen auch so sein wird. Titow jedoch ließ seinen Emotionen freien lauf und schimpfte was das Zeug hielt.
"Diese kleine Mudak, wer sie alle denken was sie sind?! Kinder sonst gar nichts! Das ich dir sage!" frustriert ließ er sich auf die Bank fallen. Ich unterließ es nachzufragen was das russische Schimpfwort bedeutete. Er packte es immer in solchen Situationen aus und ehrlich gesagt wollte ich ihm auch nicht wiedersprechen. Würde ich jetzt sagen was ich dachte und zwar, dass die Islanders unglaublich gut spielen für das, dass so viele junge Talente dabei waren, würde er mich vermutlich erschlagen. Ich musste auch nicht fragen wegen wem er so schimpfte. Zweifellos wegen Owen DeBlanc. Der Kerl der ihm fünf Minuten Strafzeit und eine Standpauke unseres Trainers Charlie Lindsey eingebracht hat. Der 23-jährige Bursche, hat es nicht schlecht gemacht. Mich sauber gecheckt ohne das er eine Strafe hätte erhalten sollen. Ich jedoch brauchte kurz bevor ich wieder aufstand. Er hat mich ordenlich erwischt. So, dass mir einige Minuten die Luft weggeblieben war. Als das Spiel dann abgepfiffen wurde, stand ich auf. Titow ließ einen Spruch fallen, DeBlanc tat es ihm gleich und hackte immer weiter darauf rum. Er provozierte Nikolaj und als dann noch Dahl eine kleine Bemerkung fallen ließ, ging er auf DeBlanc los. Dieser hatte kein Problem damit ein paar Mal auf Titow einzudreschen und dann auch noch den von ihm angezettelten Kampf zu gewinnen.

Wie vorhergesagt, hat auch Nikolaj sich ein wenig beruhigt nach seiner Dusche. Er saß neben mir wie ein geschlagener Hund und trocknete sich ab. Ich knöpfte bereits mein Hemd zu. Auf dem Fernseher in der Umkleide konnte man die wichtigsten Ereignisse des Spieles nocheinmal in der Zusammenfassung sehen. Unsere Verteidigung ließ the lightning zweimal durchbrechen und ein Tor schießen. Dreckskerl. Unser Goalie konnte nicht mal was dafür. Alle haben ihr Bestes gegeben aber Gerraughty war trotzdem federleicht durchgerutscht und hat den Puck ins Netz befördert.

Ich hatte keine Lust darauf länger trübsal zu blasen als ich die Kabine verließ und mich verabschiedete. Ich machte mich auf den Weg durch den privaten Ausgang vor dem schon meine Frau und meine zwei Kinder warteten. Maxim sprach gerade mit einer Frau aus der PR und sah mich deshalb nicht gleich kommen. Melody hingegen die auf dem Boden stand und ihr Schnuffeltuch in den Händen hielt, lief sofort auf mich zu als sie mich sah. Mit einem lauten "Daddy" warf sie sich in meine Arme. Nachdem sie ihre Arme um meinen Hals geschlungen hatte, nahm sie ihren Schnuller aus dem Mund um mich erfreut anzugrinsen. Sie legte eine ihrer kleinen Hände auf meine Wange und strich über meine Bartstoppeln. Das war mein Mädchen. Und das zweite? Das kam ebenfalls mit jede Menge Schwung auf mich zu.

Nach langem gekuschel und einem Kuss von meiner perfekten Ehefrau machten wir uns auf dem Weg nach draußen. Ich war heute mit einem Teamkollegen hier her gefahren, sodass ich mit meiner Familie Nachhause fahren konnte. Mein privates Auto, ein Audi rs6 blieb heute Zuhause stehen.
Da Maxim nicht den Pass hatte um in der Tiefgarage zu parken mussten wir einmal über den öffentlichen Parkplatz, der erstaunlicherweiße schon ziemlich leer gefegt war. Melody hat ihren Kopf in meine Halsbeuge gebettet und ihre Hand auf meine Schulter gelegt. Sie war ziemlich geschafft und ich wusste genau, dass ihre Augen bald zufallen würden.
"Da steht das Auto" sagte Maxim und deutete auf eine Reihe und zeigte dort auf den hintersten Parkplatz. Wir liefen durch die Reihe als mir fast meine Augen aus dem Kopf fielen. Den Rotschopf der da an eine Laterne gelehnt stand, den würde ich zehn Kilometer gegen den Wind erkennen. Ich blieb mitten im Weg aprupt stehen und brachte sogar Melody, die fast einschlief, dazu aufzuschauen. Sanft drückte ich ihren Kopf zurück auf meine Schulter und legte die Decke, die Maxim vorhin aus der Wickeltsche genommen hat, etwas enger um sie, damit sie nicht fror.
"Baby?" meine Frau drehte sich fragend um.
"Geht schonmal ins Auto. Ich komme gleich nach" rief ich ihr zu und machte mich auf den Weg zu June.

"Du hier?" brachte ich anstatt einer Begrüßung hervor. Ich hatte zwei mikrige Minuten Zeit gehabt mir eine Begrüßung zu überlegen und eingefallen war mir keine.
Sie zuckte zusammen und blickte verwirrt zu mir auf. Ich versuchte mich mit einem Lächeln das nicht einmal gespielt war. Ihr verdatterter Blick erinnerte mich an unsere erste Begegnung.
"Ähm ja. Ich würde dich ja jetzt fragen was du hier machst aber das ist offensichtlich" verlegen strich sie sich das knallrote Haar aus dem Gesicht und beobachtete die Wölkchen die aus ihrem Mund kamen wenn sie sprach, so als wären sie das faszinierenste das sie je gesehen hat. Ich gab ein kleines Lachen von mir.
"Ja das ist es" verdammt. Wieso war ich nochmal hier her gekommen? Bestimmt nicht um mir vorzustellen wie laut sie meinen Namen stöhnen konnte, denn das tat ich gerade während meine Tochter auf meinem Arm schlief. Mein Gott. Themawechsel.
"Geht es dir gut?" für den Typen der vorbei spazierte hörte es sich bestimmt wie ein normales Gespräch an aber sie wusste was ich meinte.
"Natürlich. Ich war nur verwundert. So schnell ist noch nie jemand verschwunden nachdem wir..naja"
"Ich weiß. Tut mir leid" ich schaute auf meine Schuhe und drehte mich dann um, um zu sehen ob das Auto noch da stand. Nicht das Maxim am Ende hier her fahren würde und ich ihr dann erklären konnte, woher June und ich uns kannten.
"Weißt du was? Ich muss zu meiner Frau. Gib mir bitte kurz dein Handy" ich streckte meine Hand aus und wartete darauf, dass sie mir ihr Smartphone dort hinein legte.
"Warum?"
"Gib es mir" forderte ich ein weiteres Mal und erhielt es darauf hin entsperrt. Als Hintergrund hatte sie sich und irgendeinen Typen der ihr einen Kuss auf die Wange drückte. Sogar ein Blinder hätte gesehen, dass der Kerl schwul ist. Und das sage ich nicht wegen dem Kuss, sondern wegen dem grässlichen Hawaii Hemd das er trug.
Ich tippte meine Nummer in ihr Handy ein.
"Sie ist bezaubernd" befand sie und kam einen Schritt näher um Melody mit dem Finger über den Handrücken zu streichen. Ich stoppte die Nummern einzutippen und schaute sie an. Ich war fast etwas erschrocken, dass sie so nah bei mir stand.
"Oh Gott! Entschuldige! Ich wollte... i-ich meine ich hätte sie nicht anfassen dürfen"
"Schon gut" ich lächelte. "Sie ist bezaubernd nicht?"
"Ja ist sie" ihr erschrockener Gesichtsausdruck verwandelte sich in ein Lächeln. Ich speicherte meine Nummer ab und reichte ihr das Handy zurück.
"Melde dich einfach" sagte ich zum Abschied und ließ sie im Licht der Laterne stehen.

Nachdem ich die Kleine in ihrem Kindersitz verstaut habe, setzte ich mich auf den Fahrersitz.
"Wer war das?" fragte Maxim und legte ihr Handy zur Seite.
"Nur eine Bekannte" erklärte ich und fuhr vom Parkplatz.

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