I want to see you again

470 20 1
                                    

Junes Sicht

Wärmend rieb ich mir meine Hände aneinander. Die ersten wirklich kalten Tage hatten hier in St.Louis Einzug gehalten, selbst der erste Schnee war bereits vor einigen Tagen gefallen, was äußerst ungewöhnlich war. Ich blieb an der Ampel stehen und beobachtete die weißen Wölkchen, die ich ausatmete. In Gedanken war ich wieder bei Jonathan angekommen, wie so oft in den letzten Tagen. Seit unserem „Moment“ vor einer Woche, hatte ich ihn nicht mehr gesehen, denn geschweige was von ihm gehört.

„Stehen Sie woanders dumm im Weg rum“, ich wurde fast zu Boden gerissen, als sich der unfreundliche ältere Herr an mir vorbeischob, da die Ampel auf Grün umgesprungen war. Ich fing mich und lief über die Straße. Ich war mal wieder nicht bei der Sache gewesen, auch wie so oft in den letzten Tagen.  Auf dem Vorplatz des ehemaligen Scottsdale Center’s blieb ich stehen. Ich war schon mindestens hundertmal am Enterprise Center vorbeigelaufen, doch nie hatte ich es erwogen hinein zugehen und plötzlich kam es mir so groß und unüberwindbar vor. Wie ein Monster das strafend auf mich hinab sah und mir sagte Wenn du da rein gehst ist es dein Verderben. Ich schüttelte mich, das ist bloß ein Gebäude nichts weiter.

Ich drückte die große Glastür auf und warme Luft schlug mir entgegen. Stimmengewirr erfüllte den großzügigen Empfangsbereich. Ohne lange zu überlegen, stellte ich mich in die Schlange an, bevor ich noch einen Rückzieher machen würde. Als nur noch einer vor mir war, brach plötzlich ein Tumult aus, über den Köpfen der anderen hinweg, versuchte ich die Ursache dafür auszumachen, bis ich sie schließlich auch sah. Einige Spieler der St. Louis Blues durchquerten grade die Halle, offenbar waren sie auf dem Weg zum Training, denn sie trugen große Sporttaschen bei sich. Ich versuchte mir meine Mütze tiefer ins Gesicht zu ziehen, falls auch er dabei war. Ich wollte ihn zwar sehen, aber gleichzeitig auch nicht. Meine Gefühlswelt war ein einziges Chaos. Ich erkannte den rothaarigen und jemanden Namens Brad, der neulich mit in der Bar gewesen war. Jonathan konnte ich allerdings weit und breit nicht ausmachen. „Ms.? Wollen Sie lieber starren oder hätten Sie dann doch gern eine Karte?“, die ältere Frau am Empfang machte ein unfreundliches Gesicht. „Nein, ähm ich hätte gerne zwei Karten“, beeilte ich mich zu sagen. „Ich habe leider nur noch Karten direkt neben der VIP Lounge, die sind ziemlich teuer“, sie musterte mich abschätzend. „Ich nehm sie trotzdem“, antwortete ich ihr schnippisch und donnerte ihr das Geld auf den Tisch. Stumm schob sie mir die Karten rüber. „Viel Spaß heute Abend“, wünschte sie, aber es Klang so falsch wie Schnee im Juli.

„Du bist irre“, Archie mein bester Freund seit dem Kindergarten, starrte auf die beiden Karten, die ich ihm hinhielt. „Die haben doch sicher ein vermögen gekostet?“, noch immer war er total fassungslos. „So ziemlich alles was ich noch gespart hatte“, ich biss mir auf die Unterlippe. „Du bist wirklich Irre. Was ist mir L.A.? Willst du das grade alles für einen verheirateten Mann hinschmeißen?“, natürlich wusste Archie über alles Bescheid. Ich hatte ihm jedes Detail haarklein erzählt. „Ich will immer noch nach L.A. aber ich muss ihn auch irgendwie wiedersehen. Ach ich weiß auch nicht“, ich lehnte mich an Archie‘s Schulter, dabei rutschte mir die Mütze tief ins Gesicht. „Ich versteh dich Schätzchen, er ist unfassbar heiß und sicher schwer zu vergessen, aber...Ok, wir gehen dahin, aber ich verspreche dir jetzt schon Kyle wird total angepisst sein, das wir da zusammen hingehen“, ich schob mir die Mütze wieder aus den Augen. „Glaubt er immer noch wir haben heimlich was miteinander?“, Archie war schon so lange schwul, das ich mich an keine andere Zeit erinnere. „Das und wir gucken starken durchtrainierten Männer dabei zu wie sie sich bekriegen“, er lachte. „Nette Umschreibung für Eishockey“, nun musste auch ich lachen. „Komm wir gehen jetzt erstmal zu dir. Es ist Schweinekalt hier draußen.“, er erhob sich von der Hölzernen Parkbank im Eternal Flame Park, zog mich mit hoch und gemeinsam machten wir uns auf den Weg durch dass, etwas vorzeitig, winterliche St. Louis.

Wir sind St.LouisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt