Fraudulent

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Jonathans Sicht

Ich strich mir meine Blues Mütze vom Kopf nachdem die kleine Barkeeperin mir die Tür geöffnet hat. Tommys Bar war bis auf sie komplett leer, die Vorhänge die eigentlich zur Deko galten zugezogen und auf dem Tresen waren sämtliche Papiere verteilt. Ich habe eher gehofft nachdem Training noch ein Bier zu bekommen aber das konnte ich mir wohl schenken. Die Bar hat eigentlich geschlossen und für mich alleine sollte hier kein großes Tam Tam veranstaltet werden.

"Sie sehen angespannt aus" befand sie  und kletterte zurück auf ihren Barhocker. Ich setzte mich ihr gegenüber oder auch hinter sie auf eine Bank und lehnte meinen Kopf an die Wand.
"Bin ich" sagte ich gequält und schloss die Augen. Die Saison lief gut, obwohl sie noch nicht lange war. Das bedeutete hartes Training und hundertzehn Prozent. Wir gaben immer unser Bestes aber jetzt musste es nunmal noch besser sein.
Momentan war es aber schwierig die Trainingeinheiten und Auswärtsspiele zu organisieren und nebenbei mich um meine Familie zu kümmern. Jeden Saisonanfang haderte ich aufs Neue aber das pendelte sich nach den ersten drei Wochen auch ein. Nach einigen Monaten Pause in denen wir im Urlaub waren, ich die Kinder jeden Tag in den Kindergarten bringen und wieder abholen konnte und jede einzelne Minute mit meiner Familie verbracht habe, fiel mir die Rückkehr anfangs immer schwer. Das würde sich aber, wie gesagt, auch wieder legen.

Und genau dasselbe sagte ich auch ihr.
"Wie ist das so, seinen Traum zu leben und alles zu haben was man sich wünscht?" als sie diese Frage stellte, schaute sie vertäumt in meine Richtung.
"Einzigartig. Eishockey ist schon immer mein Leben gewesen aber wenn sie glauben Sportler, Berühmtheiten oder einfach nur Leute mit viel Geld hätten keine Probleme, dann täuschen sie sich",
"Zumindest kleinere" sie zuckte mit den Schultern.
"Da wäre ich mir nicht so sicher"

Ich saß eine ganze Weile so da und unterhielt mich mit dem Feuerkopf obwohl wir uns überhaupt nicht kannten. Wir konnten miteinander reden und das war doch schonmal etwas wert. Schon nach wenigen Minuten habe ich festgestellt, dass sie lieber redet als zuhört womit ich momentan auch kein Problem hatte.
"Aber jetzt mal eine Frage die du mir zu 100% ehrlich beantworten musst: Stimmt das, dass Eishockeyspieler insbesonders und Sportler generell viel fremdgehen wenn sie on the Road sind?" sie drehte sich zu mir um und schaute mich abwartend an. Ich wusste nicht recht was ich darauf sagen sollte. Natürlich gab es diese Menschen. Viele Männer nutzten ihre Position gerne aus um etwas Spaß zu haben. Egal ob mit oder ohne Ehefrau oder fester Freundin. Selbstverständlich machte das nicht jeder und es war auch nicht jeder sofort immer das riesen Arschloch als das man hingestellt wird. Manche tun es um ihr Leben zu geniesen, um zu zeigen, dass sie alles haben können wenn sie es wollen. Andere, vorzugsweiße Singles, taten es um sich auszutoben. Das waren auch oft die jungen Spieler zwischen 21 und 25. Dann gab es zu guterletzt noch die Spieler die es brauchten jemanden bei sich zu haben. Das was das Leben eines Eishockeyspielers mitbrachte, war nicht immer einfach und wenn die liebsten Personen nicht bei einem waren, durfte zumindest ein Groupie mit aufs Hotelzimmer kommen.
Als Antwort gab ich zuerst ein Schulterzucken von mir bevor ich anfing zu sprechen: "Ich denke das ist immer Situationsabhänging. Das macht nicht jeder verheiratete Mann oder Vergebene aber trotzdem kommt es vor. Weißt du wie viele Eishockeygroupies ein einziger Spieler hat? Zu viele und denen soll man dann nicht verfallen.." ich schaute auf meine Hände und ignorierte es, dass sie mich wissend angrinste.
"Du also auch?" ich brachte nur ein nicken zu stande und dachte an meinen ersten Seitensprung. Ich war damals in Washington bei einem Spiel gewesen, das wir haushoch gegen die Capitals verloren haben. Keine Ahnung weshalb ich es letzten endes getan habe. Vermutlich um den Frust beiseite zu schieben. Das war vor vier Jahren, meine älteste Tochter war gerade mal ein Jahr alt gewesen und genauso lang waren Maxim und ich damals verheitatet. Das waren zwei Gründe, weshalb ich es nicht übers Herz gebracht habe, es ihr zu sagen.
"Ja, hab ich" sagte ich mit starker Stimme und rutschte nach vorne auf die Kante der Bank. Ich stützte meine Ellenbogen auf meine Knie und auf meinen Händen, meinen Kopf.

Einige Minuten vergingen. Sie schwieg. Ich schwieg.
Bis sie von ihrem Barhocker hüpfte und sich knapp vor mich stellte. So knapp, dass ich mit dem Reißverschluss ihrer Hose auf Augenhöhe war. Ich wartete einen Moment bis ich wieder auf meine Füße schaute um ihr zu entkommen.
"Du solltest es nicht bereuen. In seinem Leben sollte man nie irgendwas bereuen. Vorallem nicht wenn man so aussieht wie du und alles tun und lassen kann" ihre Stimme nahm einen gefährlichen und zugleich verführerischen Ton an.
"Und hey", sie beugte sich zu meinem Ohr und flüsterte: "Wenn dich deine Frau für soetwas stehen lässt, dann kannst du dir gleich eine Neue suchen. Solltest du das mal in betracht ziehen, dann solltest du dich melden" sie schob meine Hand aus meinem Gesicht und legte dafür ihre auf meine Wange. Sie war klein und weich und mit der Berührung verlieh sie mir Gänsehaut. Mein ganzer Körper reagierte auf sie und auf die Weise wie sie ihr Knie zwischen meine Beine schob.
"Wir kennen uns gar nicht" presste ich zwischen meinen Lippen hervor und schaute auf ihr Bein das in eine gefährliche Nähe wanderte.
"Wir kennen uns gut genug. Ich weiß, das du ein toller Daddy bist, Eishockeyspieler, das du total verspannt und gestresst bist und deine Frau schoneinmal betrogen hast. Ich denke mehr muss man nicht wissen" sie setzte ihre Lippen an meinen Hals und verteilte kleine Küsse darauf. Ich wusste gar nicht so recht wie mir geschah. Wie waren wir von diesem Gespräch hier hin gekommen?
Als sie mit ihrem Knie etwas weiter nach vorne drückte, entwich mir ein heiserer Laut, was sie an meinem Hals zum lächeln brachte.
"Wobei es besonders wichtig ist, das ich Eishockeyspieler bin was?" warf ich trocken ein und hoffte sie damit zum aufhören zu bewegen. Und tatsächlich funktionierte es für einen Moment. Sie hielt inne.
"Ich würde das auch tun, wenn du keiner wärst. Du würdest als Bänker genauso scharf aussehen. Da wo du es schon einmal getan hast kannst du es auch ein zweites Mal tun" sie ließ von mir ab um den Tisch ein Stück weg zu rücken und auch mich dann wie ein Möbelstück zu verschieben. Sie drehte mich seitlich auf die Bank um sich dann rittlings auf mich zu setzten. Mein Gedanke als ich die Bar betreten habe war der Richtige gewesen: Bier würde ich keines bekommen aber dafür anscheinend etwas anderes.
Sie schob ihre Hände unter mein Shirt und als ich ihr das erste Mal fest in die Augen blickte, konnte ich erkennen wie sie dahin schmolz.
Es dauerte nicht lange, da presste sie ihren Mund auf den meinen, und da war es auch um mich geschehen.

Wir sind St.LouisWhere stories live. Discover now