Truth.

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Junes Sicht

Das Wort Affäre, wird im Duden an erster Stelle mit den Worten „peinliche Angelegenheit“ definiert und so fühlte ich mittlerweile auch. Wie die kleine, dumme peinliche Angelegenheit, die Jonathan Curth einfach nicht mehr los wurde.

Wir hatten seit Wochen nicht gesprochen und so langsam hatte ich das Gefühl, dass diese Funkstille gut für mich war. Sie half mir klar zu denken, mit jedem Tag der verging gehörten meine Gedanken wieder mehr mir und es führte mir vor Augen, was ich lange nicht hatte sehen wollen. Das was wir alle um mich herum und selbst mein Inneres immer wieder gesagt hatten. Jonathan wird sie nie verlassen, er liebt sie und eine Zeit lang hat er wahrscheinlich auch mich geliebt, aber das ist vorbei. Jedenfalls von meine Seite aus, ohne es zu merken bin ich in den letzten Wochen immer weiter rückwärts gegangen und hab mich von ihm entfernt.

Vom einkaufen kommend, lief ich grade die Straße hinauf, als ein Plakat an einer Bushaltestelle meine Aufmerksamkeit auf sich zog. *Dare to Dream* stand dort groß geschrieben, darunter war Hollywood zu sehen und plötzlich fiel mir mein Traum wieder ein. Ich wollte nach Los Angeles und Schauspielerin werden, wollte in den großen Blockbustern beeindrucken und den Oscar gewinnen. Jonathan hatte mich für meinen Traum blind gemacht, hat ihn mich vergessen lassen. So schnell mich meine Füße trugen und die schweren Tüten an meinen Armen es zuließen lief ich nach Hause. Ich ließ meinen Einkauf im Flur liegen, ging rüber zum Bett und zog die eingestaubte Schachtel unter dem Bett vor. Darin befanden sich Bündel mit Geld, die ich immer wieder für meinen Traum beiseite gelegt hatte und jetzt war die Zeit gekommen ihn in Angriff zu nehmen und St. Louis den Rücken zuzukehren, aber erst nachdem ich diese Sache geklärt hatte.

Ich hatte lange immer wieder darüber nachgedacht, hatte den Gedanken verworfen und ihn wieder aufgegriffen. Ich lag nächtelang wach und hatte überlegt, was ich tun sollte. Doch nachdem mein Gewissen immer schwerer wog, konnte ich nicht mehr anders.

Ich drückte den Klingelknopf ganz durch und das hohe Klingeln, führte dazu das meine Adern mit noch mehr Adrenalin durchzogen wurden. Es dauerte eine Weile, doch dann öffnete sich die Tür und Maxims wunderschönes Gesicht sah mich verwundert an „June, was machst du denn hier?“, selbst ihre Stimme klang Perfekt. „Hast du eine Minute? Wir müssen reden!“, ich wollte das nur noch so schnell wie möglich hinter mich bringen und St. Louis verlassen. „Ja, klar.“, sie bat mich herein, mit einem immer noch leicht verdutzen Ausdruck im Gesicht.

Kaum hatte ich das Haus betreten, fielen mir auch schon die beiden Kinder um den Hals. „Ich muss dir meine neue Puppe zeigen.“, Alexis zog mich sofort mit sich und Melody hatte es sich auf meinem Arm gemütlich gemacht. Während die beiden Mädchen auf dem Teppich in ihrem Spielzimmer hockten, mir alle möglichen Sachen zeigten, musste ich daran denken wie sehr ich sie ins Herz geschlossen hatte und wie sehr ich sie vermissen würde. „Hört mal ich muss was mit eurer Mami besprechen. Bleibt ihr bitte hier?“, beide nickten und ich gab beiden einen Kuss auf den Kopf. Ich warf noch einen letzten Blick auf beide bevor ich die Tür schloss und somit auch ein Kapitel in meinem Leben.

Ich ließ mich auf dem großen Sofa fallen und versank fast in dem weichen Stoff. „Was gibts denn?“, Maxim ließ sich elegant auf dem Sessel mir gegenüber nieder. Ich holte tief Luft bevor ich zu sprechen begann. „Ich werde nach LA. ziehen. Ich kann nicht länger für euch arbeiten.“, und ich glaub auch nicht dass, du das nach dem Gespräch noch willst, fügte ich in Gedanken hinzu. „Okay, das kommt überraschend, aber ich verstehe es.“, sie lächelte mich milde an und ich hatte das Gefühl vor schlechtem Gewissen zu verbrennen, denn jetzt müsste ich noch ihr Leben zerstören, aber sie hatte die Wahrheit verdient, nicht zuletzt hatte Jonathan ihren Zorn verdient. „Da ist noch etwas...“, setzt ich an, musste aber eine Pause machen um meine Gefühle hinunter zu schlucken. Maxim sah wie ich kurz haderte und versuchte die Situation aufzulockern. „So schlimm kann es nicht sein, sag’s ruhig, du hattest ja schließlich keine Affäre mit meinem Mann.“, sie lachte und wusste noch nicht das sie mitten ins Schwarze getroffen hatte. „Doch das hatte ich.“, dieser Satz verließ meinen Mund laut und ganz trocken, jegliche Emotionen waren aus meiner Stimme gewichen. Maxim war der Schock anzusehen, sie brachte kein Wort heraus. Also entschloss ich mich zu reden. „Sehr lange sogar, schon bevor ich für euch arbeitete, aber mir ist jetzt klar das er dich nie verlassen wird, aber er hat es auch nicht verdient glücklich mit dir weiterzuleben.“ ich spuckte ihr die Worte fast vor die Füße. Noch immer war sie wie erstarrt. Ich wollte ihr nicht die Gelegenheit geben mich rauszuwerfen und stand auf, schnappte meine Tasche und ging Richtung Tür. Im letzten Moment schien Maxim ihre Worte wiedergefunden zu haben. „Verlass sofort mein Haus!“, spuckte sie mir die Worte hinterher, ignorierend das ich bereits dabei war zu gehen. „Mit Vergnügen.“, entgegnete ich nur riss die Haustür auf und lief die Stufen hinunter.

In der Einfahrt lief ich beinahe in Jonathan, auch er sah mich verdutzt an. Ich konnte nichts mehr für ihn empfinden, da war nur leere, keine Liebe, kein Mitleid, kein Hass, einfach nur gar nichts. „Viel Spaß.“, wünschte ich ihm und wollte an ihm vorbei, doch er hielt mich am Arm fest. „Was hast du getan?“, fragte er und ließ mich die Angst in seinen Augen ganz genau sehen. „Die Wahrheit gesagt!“, ich riss mich von ihm los, verließ das Grundstück und schloss damit ein weiteres Kapitel in meinem Leben.

Wir sind St.LouisWhere stories live. Discover now