Gameday

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Junes Sicht

„Das sind ja wirklich echt krasse Plätze“, Archie breitete grade eine Decke auf seinem Sitz aus. Wir saßen in der obersten Reihe, direkt hinter uns der Gang der zur VIP Lounge führt, der Blick war echt grandios wenn auch im Moment das Eis noch leer vor uns lag. „Waren ja auch teuer genug“, murmelte ich und nahm einen Schluck von meiner Cola, die mich ebenfalls ein halbes vermögen gekostet hatte. „Glaubst du es wird so kalt, dass du die Decke brauchst?“, ich musste schon lachen als Archie mit ihr vor dem Enterprise Center gestanden hatte. „Dir wird das Lachen schon vergehen, wenn ich mit gut gewärmten Beinen hier raus geh und du an deinem Sitz festgefroren bist“, er griff nach seinem Handy. „Schon wieder eine SMS von Kyle“, er verdrehte die Augen. „Er ist also wirklich immer noch Eifersüchtig?“, nuschelte ich mit Strohhalm im Mund. „Aber sowas von“, er wollte noch mehr sagen, aber plötzlich wurde es still in der Halle und die ersten Spieler liefen aufs Feld. Selbst von hier oben konnte ich ihn ausmachen, was mir trotz meiner Cola eine trockene Kehle bescherte.

„Kommt ihr zwei wir sind spät dran“, ich konnte das Klackern der High Heels hinter mir genau hören, als zwischen mir und Archie ein Teddybär in die Reihe stürzte. „Mein Bär“, eine weinerliche Kinderstimme machte genau hinter uns halt. „Hier Süße“, Archie hatte den Bären zu seinen Füßen aufgesammelt. „Du hast aber ein tolles Trikot an. Bist du ein großer Fan?“, mittlerweile hatte ich mich auch umgedreht. Das kleine Mädchen trug ein Trikot von Jonathan und hatte lange Pechschwarze Haar die im kühlen Licht des Stadions glänzten. „Ja, das ist mein Daddy“, sie zeigte stolz auf den Namen. Als sie das aussprach wurde mir ganz kalt und gleichzeitig unerträglich heiß. „Alexis kommst du?“, ich sah auf und eine junge Frau mit einem kleineren Mädchen von etwa 2 Jahren, sah abwartend von der VIP Lounge zu uns rüber. „Geh mal lieber zu deiner Mom, sonst macht sie sich noch sorgen“, Alexis nickte und drückte ihren Teddy ganz dicht an sich, als sie loslief und auf ihre Mutter zu. Ich drehte mich wieder Richtung Spielfeld, wo grade die Nationalhymne gespielt wurde und versuchte zu verarbeiten was grade geschehen war. Das war sein Kind, seine kleine Tochter. Vor meinem innerlichen Augen sah ich sie weinen, weil ihr Daddy nicht mehr da war und ich war der Grund. „Wie krass war das denn bitte“, auch Archie schien wenige Worte übrig zu haben. Ich konnte nur mit dem Kopf schütteln zu sehr hatte sicher der Gedanke der weinenden Alexis festgesetzt.

Die Sirene ertönte und riss mich je aus meiner Grübelei, das Spiel begann. „Das du überhaupt noch Karten bekommen hast, ist der Wahnsinn. Schau dir nur Owen DeBlanc an ich mein da wird mir schon ganz heiß“, Archie hatte offensichtlich den Moment von eben ganz gut verdrängt, allerdings wäre er auch nicht der jene der eine Familie zerstört. Trotz allem hatte Archie Recht, dieses Spiel wurde extrem gehypte und jeder wollte sehen ob die Blues es drauf hatten, die Islanders mit ihrer kompletten Neubesetzung zu schlagen. Owen DeBlanc ist ein sehr guter Spieler und hat sich den A Kader mehr als verdient. Er war ein gefürchteter Verteidiger, der gerade dabei war sich an die Spitze der Abwehr zu kämpfen.
Der neue Kapitän der Islanders Niko Gerraughty, war für sein überaus schnelles Stickhandling und seine Schnelligkeit bekannt und würde unseren Jungs sicher das Leben schwer machen, genau wie Sam Dahl, er ließ keine Gelegenheit aus Blut bei seinen Gegnern zu sehen, was ihn mehr zu einer Gefahr machte als zu einem guten Spieler, der er allerdings trotzdem war. Während wir die schnellen Bewegungen auf dem Eis beobachteten, hing ein Teil meines Gehirn immer noch bei Alexis fest und ich hatte das Gefühl das würde sich auch so schnell nicht geben. Plötzlich brach Jubel aus und kurz darauf ertönte auch schon das Goalhorn. Die Islanders waren durch die Verteidigung gebrochen und hatten ihr erstes Tor hingelegt.

Kaum waren die ersten Minuten des letzten Drittels gespielt, begann die Rangelei auf dem Eis, jeder wollte gewinnen und momentan hatten wir gleichstand. Es stand zwei zu zwei, die nächsten 20 Minuten würden nun entscheidend sein. „Au das war heftig“, Archie neben mir biss die Zähne zusammen als der Rest in der Arena aufsprang und den Spieler ausbuhte. Grade hatte Owen Jonathan einen heftigen Bandencheck verpasst, der daraufhin einige Minuten brauchte um wieder Luft in seine Lungen zu bekommen. Dieser Bandencheck löste aus das Nikolaj Titow in seiner Impulsivität auf Owen los ging, als sich auch noch Dahl einschaltete, war es für den Offiziellen Zeit zwischen die Männer zu gehen. Die anderen Spieler hielten einander fest, dass sich nicht noch jemand anderes mit hinein stürzte. Dahl ließ als erstes los und fuhr zur Bank während ich nur beobachtete wie DeBlanc Titow noch immer am Kragen hielt und irgendetwas sagte, was ich nicht erkannte. Lippenlesen war nicht so meins.
Nach der Auflösung des sich schlagenden Haufens, was fünf Minuten Strafbank für Titow mit sich brachte, ging das Spiel weiter.

Die Sirene ertönte wieder und das Spiel war zu Ende. Drei zu zwei verloren wir. Es war ganz knapp gewesen, was die ganze Sache umso ärgerlicher machte. Der größte Teil der anwesenden machte ein grimmiges Gesicht, nur die Fans die extra aus New York gekommen waren und die wenigen aus St.Louis, waren in Feierlaune. Archie faltete seine Decke zusammen und langsam machten wir uns auf den Weg nach draußen. Vorne im Empfangsbereich trafen wir auf einen Haufen kichernder Mädchen, sie alle umringten Owen DeBlanc der verschwitzt und mit einem Bluterguss am Kinn, fleißig Autogramme schrieb. Ich blieb stehen und musterte den großen Blonden, er hatte unbestreitbar eine krasse Wirkung auf die Damenwelt, doch das er Jonathan der Mann der mich noch vor gut einer Woche in Himmlische Ektase versetzt hatte, diesen heftigen Check verpasst hatte, machte ihn für mich etwas weniger attraktiv. „Komm lass uns gehen“, ich schubste Archie an, der Owen beinahe sabbernd begutachtete. Er riss sich los und folgte mir nach draußen in die kalte Nachtluft. Es hatte wieder zu schneien begonnen und instinktiv zog ich mir meine Jacke bis oben hin zu. „Ich sag dann mal Tschüss und wir hören“, Archie deutete auf das Auto am Straßenrand in dem Kyle schon auf ihn wartete. „Ja mach’s gut. Danke, dass du dabei warst“, ich zog ihn in eine Umarmung.

Kaum war Archie mit Kyle davon gefahren, fühlte ich wie mich die Gedanken an die weinende Alexis wieder überkamen. Ich schüttelte mich um den Gedanken wieder los zu werden. Lief über die Straße auf den Parkplatz, der den kürzesten Weg zu meiner Wohnung darstellte.

Wir sind St.LouisWo Geschichten leben. Entdecke jetzt