Readhead

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Jonathans Sicht

"Der Typ kann gar nichts, ich weiß nicht wie der es damals in die NHL geschafft hat" kopfschüttelnd saß Brad am Ende des Tisches und sah fassungslos aus.
"Naja damals waren die Ansprüche noch nicht so hoch" warf ich ein, worauf die mittlerweile dreizehn Jungs, mit denen ich heute Abend hier war, in schallendes Gelächter ausbrachen. Das erste Heimspiel der Saison war ein voller Erfolg geworden und so konnten wir nunmal nicht anders als ihn ordendlich zu zellebrieren. Tommys Sportsbar am Enterprise Center war die beste Bar die es hier für Typen wie uns gab. Es war ein großer Raum der mit dunklen Holzmöbeln ausgestattet war. Einige alte Kissen sollten die Bänke gemütlicher machen, was ihnen aber  nicht ganz so gelang. An den Wänden hingen unterschriebene Trikots von Sportlern aus St.Louis und Bilder der Eishockey Stars der Blues. Die zwei großen Flachbildfernseher zeigten die Ergebnisse aller Hockey Spiele die heute Abend statt gefunden haben und natürlich die neusten News. Wir wurden hier genauso behandelt wie die Menschen die eigentlich in der ganzen Eishockeyausrüstung steckten: Wie Stars.
Egal wann wir kommen wollten, Tommy öffnete für uns. Wenn uns irgendwelche Leute auf den Sack gingen? Tommy entfernte sie für uns. Wenn wir etwas länger sitzen wollten als geöffnet war? Tommy blieb noch hier und wartete bis wir Nachhause gingen.
Ja der kleine, pummelige Kerl war der Hammer. Durch seine Flexibilität konnten wir hier tun und lassen was wir wollten und es war ihm egal, solange wir ihm Geld da ließen.

Heute jedoch war Tommy nirgends zu sehen. Er saß nicht bei uns, im Büro oder stand hinter der Bar. Heute stand eine Frau hinter dem Tresen. Eine Frau, die vermutlich so aufregend war wie sie aussah. Sie hat langes dunkelrotes Haar das nicht so wirklich zu ihren stechend blauen Augen passte. Ich ging davon aus, dass sie diese extrem oft färbte, aber verdammt..es sah trotzdem scharf aus. In ihrer Nase hing ein schlichter schwarzer Ring und unter ihrem ebenfalls schwarzen T-shirt schauten farbige Tattoos heraus. Sie war eigentlich nicht mein Typ. Überhaupt nicht, aber irgendwie hatte die Kleine doch etwas an sich.

"Will noch jemand ein Bier?" fragte ich in die Runde. Drei der Jungs nickten, die anderen hatten alle noch. Ich schob meinen Stuhl zurück und bewegte mich in Richtung Tresen. Der Rotschopf polierte gerade ein Glas als ich mich mit verschränkten Armen an die Bar lehnte. Sie war so fokusiert, dass sie mich gar nicht bemerkte.
"Es blendet mich schon fast" sagte ich trocken und deutete mit dem Finger auf das Glas. Sie zuckte zusammen und ließ es fasst fallen was mir ein heiseres Lachen entlockte.
"Vorsicht" ich grinste sie vielsagend an. Es dauerte einige kurze Momente bis sie verstand was ich meinte. Sie schrubbte das Glas mit Sicherheit schon eine ganze Weile und stellte es jetzt peinlich berührt zur Seite.
"Ich bin noch nicht ganz so erfahren in diesem Job, das nächste Mal passiert das nicht mehr", langsam fand sich ihr Selbstbewusstsein wieder.
"Was darfs denn sein?" fragte sie und warf sich das Geschirrtuch über die Schulter. Ich gab meine Bestellung auf und wandte mich zum gehen, als ihre Stimme erneut ertönte.
"Wie geht es der Kleinen?" sie öffnete eine der Bierflaschen nach der anderen und stellte sie auf ein Tablett.
"Was meinen sie?" man sah mir meine Verwirrung vermutlich deutlich an, denn sie fing an zu kichern.
"Deshalb waren sie doch zu spät oder?" wissend öffnete sie sie letzte Flasche. Erst dann wurde mir klar, dass sie von Alexis sprach.
"Sie meinen meine Tochter? Es geht ihr schon besser, danke"
"Das freut mich. Das machen nicht viele Männer..also ihre Kinder ins Bett bringen wenn sie Krank sind. Sie sind bestimmt ein toller Daddy" verführerisch funkelte sie mich an und nahm das Tablett hoch. Ohne ein weiteres Wort begab ich mich zu unserem Tisch zurück.
"Man Jon, wir dachten schon du kommst gar nicht mehr" Mike klopfte mir auf die Schulter und nahm sein Bier von der Kleinen entgegen.
"Danke, Süße" ohne zu zögern führte er die Flasche an die Lippen und trank einige Schlucke bevor er sie wieder abstellte.

Den ganzen Abend über bemerkte ich wie der Rotschopf um uns herum schlich und immer wieder nachdenklich in meine Richtung schaute. Was auch immer sie wollte, sie sollte es das nächste Mal laut aussprechen.

Wir sind St.LouisWhere stories live. Discover now