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Ben Pov.

"Hey, Ben!", begrüßte mich mein Boss herzlich und schlug mir die Hand ein. Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen und ich erwiderte seine Begrüßung. Ich war hergekommen, da Sam mir einen Vorschuss für diesen Monat geben wollte. Mein Kühlschrank war vorgestern kaputtgegangen und ohne ein vorzeitiges Gehalt hätte ich die letzten Wochen des Monats kaum mehr als bestelltes Essen zu mir nehmen können. Und dieses hätte wohl genauso an meinem Geldbeutel genagt. Natürlich hatte mein Vorgesetzter nur wenig später Wind hiervon bekommen und mir sofort angeboten mir mein Gehalt für diesen Monat frühzeitig zu überreichen. Überweisen konnte er es mir nicht, da ich noch keine 21 Jahre alt war und es doch ziemlich suspekt gewesen wäre, wenn eine Bar mir monatlich Geld überweisen würde. So kam es dazu, dass Sam mir das Geld am Monatsende stehts in einem Umschlag aushändigte.

Mein Boss hatte diesen bereits auf den Tisch gelegt, sodass ich ihn mir eigentlich nur nehmen musste und dann wieder gehen konnte, doch stattdessen setzte ich mich auf einen der Stühle vor seinem Schreibtisch. Verwundert musterte der Mann mich daher.

"Was ist los?", wollte dieser wissen und nahm nun selbst Platz. Ich vergewisserte mich, dass die Tür hinter uns tatsächlich geschlossen und nicht nur angelehnt war, ehe ich anfing zu sprechen.

"Es geht um Ian..", begann ich noch etwas unschlüssig. Wie soll ich meinem Boss erklären, dass es Ian scheiße geht, obwohl er und ich uns eigentlich nicht nahestehen und mir das demnach egal sein sollte? Geschweigedenn, dass ich nichtmal erwähnen darf, dass der Junge noch zur Schule geht! Ich atmete tief ein und schloss für einen Moment meine Augen.

"Er ist sichtlich überarbeitet, verstehst du? Heute ist er ohnmächtig geworden und das nicht nur für einige Sekunden oder ein paar Minuten. Noch etwas länger und man hätte seinen Zustand als Koma bezeichnen können! Ich weiß, ich sollte mich da eigentlich nicht einmischen, aber ich kann da einfach nicht mehr tatenlos zusehen, wie er sich zerstört", erklärte ich mit einem gewissen Nachdruck in der Stimme. Er braucht eine Pause! Sam lehnte sich vor und stützte seine Arme auf dem Tisch ab. Erstaunlicherweise wirkte der Mann weder irritiert noch überrascht.

"Du weißt, dass er alt genug ist, sowas selbst zu entscheiden? Ich weiß, dass du darauf hinaus willst, dass ich ihm freigebe, aber leider liegt die Entscheidung da nicht bei dir", erklärte er kühl. Mein Chef hatte seine Autoritätsmaske aufgesetzt. Ich wusste, ihm war Julians Wohlergehen keineswegs egal, doch hatte er seine Position zu vertreten. Ich schüttelte heftig den Kopf.

"Klar, weiß ich das! Aber – Sam, bitte! Ich mach mir echt Sorgen um ihn und gottverdammt der Typ tötet sich noch, wenn das so weitergeht!", beschwerte ich mich aufgewühlt und sprang nun vom Stuhl auf. Aus einem unerklärlichen Grund ließ mir das Wohlbefinden meines Theaterpartners keine Ruhe. War es, weil ich etwas beweisen wollte? Wollte ich jedem beweisen, dass ich doch gutherzig war? Dass ich niemanden vergewaltigen könnte? Machte ich mir doch vielleicht ziemlich starke Sorgen? Unruhig biss ich auf meiner Unterlippe herum und lief von einer Ecke des Raums zur anderen, bis ich erneut in der Mitte – also dem Schreibtisch – ankam und Halt machte. Ich schlug meine Hände auf diesen und blickte stur in die Augen meines Vorgesetzten. Riskier ich hier gerade meinen Job? Verdammt, ja.

"Du weißt es doch gar nicht. Du denkst bestimmt 'Ach, so schlimm kanns doch gar nicht sein', weil du keinen Plan hast, was in seinem Leben abgeht!", rief ich aus und schaute keinen einzigen Moment weg. Nun schüttelte Sam den Kopf – natürlich wesentlich ruhiger als ich es tat.

"Ich weiß es. Ich weiß, was in seinem Leben abgeht", behauptete er überzeugt, ehe er sich ebenfalls aus seinem Sessel erhob. Er lief zu einem seiner Schränke, in denen er die Akten seiner Angestellten aufgebewahrte. Leises Blättern war zu hören, bis der Mann anscheinend gefunden hatte, was er suchte. Sam kam zurück zum Tisch gelaufen und warf die Akte auf diesen. Verwirrt blickte ich den Älteren an, der mir nur mit einer Gestik bedeutete, hineinzuschauen. Ich tat wie besagt und erkannte sofort das Passfoto meines Theaterpartners. Julian Jake Adams. Alter: 22 Jahre.

Romeo und.. - Julian?!Dove le storie prendono vita. Scoprilo ora