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"Lyra, du verstehst das nicht. Was ich dir eigentlich damit sagen wollte, ist, dass es mir doch etwas bedeutet. Du bedeutest mir etwas. Sehr viel sogar."
"Okay", sagte ich mit einem verächtlichen Lachen.
"Okay? Das hast du dazu zu sagen?"
"Hör zu, ich weiß, dass du es nicht ernst meinst, also verschwende ich meinen Atem auch nicht."
"Lyra-"
"Nein, Shawn. Ich habe es langsam wirklich satt. Du spielst Spielchen mit mir und das schon seit Monaten. Wie oft hast du mir jetzt schon deine Gefühle gestanden und es dann zunichte gemacht? Ich mache das einfach nicht mehr mit. Wir beide wissen doch, dass es nie wieder so sein wird, wie es mal war. Vor allem nicht, wenn du mir ständig Gefühle vorgaukelst."
"Ich meine es, aber komplett ernst, Lyra."
"Ja. Klar. Und ich bin die Präsidentin der Vereinigten Staaten", erwiderte ich und rollte mit den Augen, worauf Shawn seufzte.
"Lyra, dieses Mal ist es mir wirklich ernst. Ich weiß wie oft ich dich verletzt habe, okay? Ich weiß, dass ich dir niemals Hoffnungen hätte machen sollen, um dich dann fallen zu lassen. Das war falsch und das weiß ich jetzt."
"Wow, das hat aber lange gedauert. Selbst wenn du es nur ein Stückchen ernst meinst, warum sollte ich dir glauben?", gab ich zurück.
"Ich erwarte nicht, dass du mir glaubst oder verzeihst. Ich will nur, dass du mir zuhörst", sagte er.
"Ich will dir aber nicht zuhören, Shawn. Ich will, dass du mich in Frieden leben lässt und dass wir wieder Freunde werden. Das will ich. Nicht mehr und nicht weniger."
"Wir sind doch Freunde, oder nicht?"
"Ich weiß es nicht, Shawn. So sieht doch keine Freundschaft aus. Du spielst mir vor, dass du mehr willst und dann schlafen wir miteinander. Ich habe meinen Freund betrogen und du warst auch in einer Beziehung, auch wenn es nichts ernstes war. Und gerade als ich denke, dass es vielleicht funktionieren kann, ist da wieder diese Spannung zwischen uns. Und ich will dich einfach nur küssen. Ich versuche alles, um nicht mehr so zu fühlen, aber es geht einfach nicht."
"Aber genau so empfinde ich auch. Ich weiß, dass es falsch war, dir Hoffnungen zu machen. Ich war einfach zu blind, es zu bemerken. Und als du geweint hast und mich angeschrien hast, ist mein Herz in tausend Stücke zerfallen. Und das hat mich nicht mehr losgelassen. Ich konnte nur noch daran denken, dass ich dich so verletzt habe. Du bist doch meine beste Freundin, Lyra. Und ich habe dich wie Dreck behandelt."
"Das merkst du aber schnell", erwiderte ich, während eine Träne meine Wange hinunterlief.
"Lyra O'Brien. Du bist die Einzige, die ich will. Ich hasse mich dafür, dass ich so lange gebraucht habe, um es zu merken. Wir sind einfach füreinander bestimmt, du und ich. Es gibt niemanden, der mich so gut kennt wie du, der mich so versteht wie nur du es kannst. Ich werde dich niemals loslassen", sagte er. "Ich will dich, Lyra. Niemand könnte dich jemals ersetzen. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an dich denke. Und ich hab es satt, nur Freunde zu sein. Ich will das, was wir früher hatten. Ich will jeden Morgen neben dir aufwachen und einschlafen. Ich will, dass wir gemeinsam Weihnachten verbringen, als Paar. Ich will beim Auto fahren deine Hand halten. Und ich will dir Komplimente machen und allen zeigen, dass du zu mir gehörst, obwohl dir das in der Öffentlichkeit immer total peinlich ist und du dann sofort rot anläufst. Ich will mit dir Filme schauen und dich in meinen Armen halten, bis du einschläfst. Ich will gemeinsam auf der Couch sitzen und Songs über dich schreiben, während du total in ein Buch vertieft bist und nicht bemerkst, dass ich dich ständig ansehen muss, weil du einfach so wunderschön bist."
Meine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, während ich den Tränen freien Lauf ließ. "Meinst du das ernst?"
"Mir war noch nie in meinem Leben etwas so ernst", erwiderte er.
"Und was ist mit deiner Musik? Du wirst immer bekannter und du könntest wahrscheinlich jede haben."
"Du hast Recht. Ich könnte viele haben, aber es gibt da ein Problem mit all den anderen Frauen da draußen."
"Ach ja? Was denn?"
"Sie sind nicht du, Lyra. Und ich will dich. Nur dich. Ich meine das ernst."
"Ich weiß nicht, was ich sagen soll."
"Sag einfach, dass du dasselbe für mich empfindest und uns steht nichts mehr im Weg", sagte er.
"Shawn, lass uns lieber persönlich darüber reden."
"Okay, wann hast du Zeit?", fragte er, worauf ich lachte.
"Soll das ein Scherz sein? Ich habe noch so viel zu tun und ich kann nicht einfach nach New York kommen. Ich habe nicht das Geld dafür."
"Aber ich. Flieg zu mir nächste Woche. Dann reden wir. Okay?"
"Okay."

Nachdem ich mit Shawn telefoniert hatte, bekam ich das Grinsen nicht mehr vom Gesicht. Er wollte mich. Jetzt konnte uns nichts mehr im Weg stehen, außer vielleicht die Distanz. Nächste Woche. Nur noch eine Woche, bis ich wieder mit ihm reden konnte.
Luke war ein paar Tage in der Stadt, weshalb ich beschlossen hatte, mich mit ihm auf einen Kaffee zu treffen. Doch schon als er anfing von seinem Tag zu erzählen, schweiften meine Gedanken ab.
"Hallo? Erde an Lyra!"
"Hm?", erwiderte ich, als ich aus meinen Gedanken schreckte.
"Hörst du mir überhaupt zu?"
"Ja, klar", gab ich zurück, worauf Luke die Augen zusammenkniff. "Okay, das war gelogen."
"Na schön, was beschäftigt dich?"
"Shawn", seufzte ich lächelnd.
"Schon wieder? Was ist mit diesem einen Typ? Du weißt schon, der Typ aus der Bar."
"Ach, das war nur Sex, nichts Ernstes. Aber vielleicht wird das mit Shawn wieder was."
Luke verschluckte sich fast an seinem Kaffee und sah mich mit großen Augen an. "Was meinst du denn damit? Du lässt mich ernsthaft über meinen langweiligen Tagesablauf erzählen, der ehrlich gesagt nichtmal mich interessierst, statt direkt damit rauszurücken?!"
"Er hat mir heute seine Liebe gestanden. Irgendwie."
"Irgendwie?!", erwiderte Luke. "Wie meinst du das?"
"Er hat mich angerufen und gesagt, er will nur mich und er will neben mir einschlafen und mit mir Weihnachten feiern und jedem zeigen, dass ich zu ihm gehöre..."
"Oh. Mein. Gott."
"Ja", erwiderte ich. "Und nächste Woche fliege ich zu ihm nach New York."
"Oh, ihr werdet es sowas von treiben."
"Luke!", gab ich empört zurück und sah mich um, ob irgendwer ihn gehört haben könnte.
"Was denn?"
"Das werden wir nicht tun, okay?"
"So leid es mir tut, Lyra, ich denke nicht, dass du dieser sexuellen Spannung zwischen euch widerstehen kannst", gab Luke zurück.
"Wir müssen erstmal darüber reden, ob das mit uns überhaupt funktioniert und dann sehen wir ja, was daraus wird. Außerdem will ich es langsam angehen lassen", erwiderte ich.
"Na klar", gab Luke mit einem Zwinkern zurück.
"Hör auf zu zwinkern."
"Okay", sagte er, doch zwinkerte wieder.
"Schluss damit!", sagte ich. "Ich kann mit ihm in einem Raum sein, ohne mir die Klamotten vom Leib zu reißen."
"So lieb ich dich habe, Lyra. Das ist eine Lüge. Nichtmal ich könnte vor ihm meine Klamotten anbehalten."
"Zu viel Information", erwiderte ich kopfschüttelnd.
"Ach, komm schon. Wie kann es sein, dass die heißen Typen immer nur auf dich stehen. Du bist wahrlich gesegnet."
"Naja, bis jetzt standen zwei heiße Typen auf mich und beide Beziehungen haben in einem Scherbenhaufen geendet", erwiderte ich.
"Hast du mal wieder mit Nate geredet?"
"Erst neulich. Er wirkt glücklich."
"Dann kann ich mich ja jetzt an ihn reinschmeißen", scherzte Luke.
"Klar, nur zu", gab ich lachend zurück.

Tides [german] Where stories live. Discover now