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Egal wie sehr ich es versuchte, Shawn wollte mir nicht mehr aus dem Kopf gehen. Obwohl ich mir immer einredete, dass es nichts bedeutet hatte, konnte ich es trotzdem nicht verdrängen.
Neben Nate zu schlafen, besser gesagt, in seinen Armen zu schlafen, fühlte sich nicht mehr so an wie zuvor. Ihn zu küssen fühlte sich falsch an, weil ich wusste, dass ich ihm ins Gesicht lügen musste. Ich liebte ihn doch und er hatte die Wahrheit verdient. Doch immer wenn ich ihm alles sagen wollte, brachte ich einfach keine Worte heraus. Ich fühlte mich schuldig, an die Nacht mit Shawn zu denken. Daran, wie seine Hände meinen Körper berührten. Wie seine Lippen sich auf meinen angefühlt hatten. Das Schlimmste daran war, dass ich in besagter Nacht nicht an Nate gedacht hatte. Die ganze Nacht hatte ich mit einem anderen Mann verbracht, ohne einen Gedanken an ihn zu verschwenden. Mir wurde schlecht, wenn ich nur daran dachte, dass ich ihm die ganze Zeit eine heile Welt vorspielte.
"Wir sehen uns dann am Montag", sagte Nate. "Viel Spaß bei Kaitlyn!"
"Danke", erwiderte ich und küsste ihn, bevor ich die Tür öffnete.
"Ich liebe dich."
"Ich dich auch", gab ich zurück, während es sich anfühlte, als würde sich ein Messer in mein Herz bohren.
"Schreib mir dann, wenn du gut angekommen bist", sagte er lächelnd.
"Ist gut."
Als die Tür hinter mir ins Schloss fiel, atmete ich erleichtert aus. Ich war froh, dass ich das Wochenende nicht hier sein musste.

"Ich bin voll", sagte ich und ließ mich auf Kaitlyns Bett rückwärts fallen. Nachdem ich mehrere Boxen von asiatischem Essen verdrückt hatte, war mein Bauch kurz vor dem Platzen.
Kaitlyn ließ sich lachend neben mich fallen. "Gott, die Uni ist so anstrengend."
"Wem sagst du das?"
"Wie läuft es eigentlich mit Nate?", fragte Kaitlyn mich, worauf ich schwach lächelte.
"Sehr gut. Ich meine wirklich gut. Gut."
"Sag nochmal 'gut', dann glaube ich es ja vielleicht", erwiderte Kaitlyn. "Was ist los?"
"Ich hab Mist gebaut", gab ich zu. "Und mit Mist meine ich einen großen Haufen Scheiße."
"Was ist passiert?", fragte sie nach und sah mich besorgt an.
"Versprich mir, dass du nicht ausrastest!"
"Jetzt sag schon, Lyra!", drängelte meine Freundin, worauf ich seufzte.
"Ich- Ich habe ihn betrogen", platzte es aus mir heraus. Kaitlyns Gesicht blieb stehen und sie setzte sich auf, was ich auch tat.
"Lyra", murmelte sie. "Wieso hast du das getan?"
"Keine Ahnung", erwiderte ich gestresst. "Als es passiert ist, habe ich nicht an Nate gedacht. Ich bin ein schlechter Mensch! Was habe ich mir dabei gedacht?!"
"Mit wem hast du geschlafen?", hakte meine beste Freundin nach.
"Ach, ist das denn so wichtig?", murmelte ich.
"Ja!", erwiderte sie nun etwas lauter.
"Es war eine einmalige Sache!", sagte ich schulterzuckend.
"Lyra. Mit wem?"
"Shawn", murmelte ich kaum verständlich.
"Lyra, bitte."
"Es war Shawn", gab ich jetzt etwas lauter zu, worauf Kaitlyn mich wütend ansah.
"Shawn. Shawn Mendes?"
Ich nickte.
"Lyra, das kann doch nicht dein Ernst sein. Wir reden hier doch immernoch von dem Shawn, der dir ein Ultimatum gestellt hat und dich dann für seine Karriere sitzenlassen hat, richtig?"
"Wir sind wieder Freunde und es ist eben einfach passiert!"
"Warum kommst du nicht über ihn hinweg, Lyra?", fragte Kaitlyn mit verschränkten Armen. "Weißt du noch, was er dir angetan hat?"
"Kait, ich habe einen Fehler gemacht, aber-"
"Oh nein, Lyra. Du kriechst wieder zu ihm zurück. So war es doch auch mit der Uni. Er hat dir so den Kopf verdreht, dass du keine rationalen Entscheidungen mehr treffen kannst. Hast du denn den Verstand verloren? Nate liebt dich und du weißt nichts besseres als zu deinem Ex zurückzurennen. Und sag nicht, dass es ein Fehler war. Denn du hättest es verhindern können!"
"Kaitlyn! Es ist mein Leben, okay? Du hast mir nichts zu sagen. Ich habe dir das erzählt, weil du meine beste Freundin bist. Und es ist meine Entscheidung, was ich mit meinem Körper mache. Es ist meine Entscheidung, wann ich es Nate sage."
"Nur weil ich deine beste Freundin bin, heißt das nicht, dass ich all deine Entscheidungen für gut heißen muss!"
"Das habe ich nie gesagt! Ich musste nur ehrlich zu irgendjemandem sein! Aber du glaubst immer sofort, dass du Entscheidungen für mich treffen kannst. So war es doch auch mit der Uni! Es ist mein Leben, Kaitlyn. Kümmer dich um deine eigenen Probleme!"
"Okay, das reicht", unterbrach sie mich. "Verschwinde, Lyra."
"Weswegen?", fragte ich empört.
"Wenn du glaubst, dass es richtig ist zu Shawn zurückzugehen, dann mach ruhig, aber ich will nicht diejenige sein, die das Chaos beseitigen muss, das er hinterlässt."
"Wow, Kaitlyn. Danke", gab ich schnippisch zurück. "Von meiner besten Freundin hatte ich mir mehr erwartet, aber wie es aussieht, habe ich mich in dir getäuscht!"
Und mit diesen Worten stürmte ich aus ihrem Zimmer.

Tides [german] Where stories live. Discover now